Der Fliegenfaenger
dann sagte Twinky: »Na los, Raymond, du kannst doch nicht in alle Ewigkeit der Falsche Junge bleiben!«
Als ich dankend ablehnte, sah mich meine Mam wie eine schecht gelaunte Kassiererin an.
»Aber das isst du doch sonst immer so gern«, sagte sie. »Milchkaffee und Käsetoast, der richtig schöne Blasen wirft, das magst du doch am liebsten!«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich will aber nicht«, sagte ich. »Solche Sachen ess ich jetzt nicht mehr. Ich bin auf Diät. Twinky und Norman helfen mir beim …«
Aber sie drehte sich abrupt um und lief in die Küche. Ich hörte, wie sie den Toast in den Treteimer warf und vor sich hinschimpfte: »Twinky und Norman! Twinky und Norman! Ich kann’s nicht mehr hören! Die zwei Burschen gehen mir wirklich auf die Nerven!«
»Aber du kennst sie doch gar nicht«, protestierte ich, »jedenfalls nicht richtig, wie können sie dir dann auf die Nerven gehen?«
Jetzt stand sie an der Tür und sah mich mit blitzenden Augen an. »Ich werd dir sagen warum! Weil bei dir zurzeit jedes zweite Wort Twinky und Norman heißt! Twinky sagt dies, Norman tut das, Twinky und Norman denken so und so! Das geht mir auf die Nerven! Die Welt, wie Twinky und Norman sie sehen – mir reicht’s!«
»Aber das sind doch meine Freunde«, erwiderte ich. »Ich dachte, du freust dich, dass ich Freunde gefunden hab.«
»Normale Freunde, Raymond!«, sagte sie. »Normale Freunde, Jungen in deinem Alter, darüber würde ich mich freuen. Aber den Gefallen tust du mir natürlich nicht, du konntest dir nicht einfach ein paar nette Freunde aussuchen! Nein, du doch nicht, du musst dich natürlich mit zwei verhaltensgestörten Außenseitern zusammentun!«
»Das sind keine Außenseiter!«, erklärte ich. »Und sie sind auch nicht verhaltensgestört.«
»Keine Außenseiter! Keine …!«, sagte meine Mam. »Hältst du mich für blöd? Ich erinnere mich doch noch genau an sie aus unserer Zeit in Failsworth! Dieser Norman, das ist doch ein Schläger!«
»Ist er nicht!«, sagte ich.
»Ach, red keinen Quatsch«, beharrte meine Mam. »Vor Sunny Pines war er in einer Schule für schwer erziehbare Jungen!«
»Aber so ist Norman schon längst nicht mehr«, erwiderte ich. »Norman hat nämlich jetzt seine Strategien und arbeitet an seiner Wut. Er ist mein Freund, und er ist sehr nett, und wenn ich ihn und Twinky mal einladen dürfte, würdest du es selber sehen!«
»Ich hab’s dir schon mal gesagt«, antwortete meine Mam. »Die zwei kommen mir nicht ins Haus! Ich brauch sie gar nicht erst zu sehen; Ted hat mir schon gesagt, was das für welche sind.«
Das brachte mich nun wirklich auf die Palme. Schlimm genug, dass sie ihn neuerdings Ted nannte, Wilson, den Mutanten. Aber jetzt erzählte er ihr auch noch irgendwelchen Mist über meine Freunde, obwohl er sie doch gar nicht kannte!
»Was weiß er schon über sie?«, fragte ich meine Mam. »Er ist ja nicht mal Lehrer in Sunny Pines, woher zum Teufel will er dann wissen, wie Twinky und Norman wirklich sind?«
»Er weiß es eben!«, sagte sie. »Ted hat es sich zur Aufgabe gemacht, das herauszufinden! Er hat mir versprochen, sich um dein Wohl zu kümmern, deshalb.«
Ich sah sie nur an. »An mir hat der doch gar kein Interesse!«
Sie betrachtete mich voller Abscheu. »Wie kannst du es wagen, so etwas zu sagen?«, fragte sie. »Wie kannst du so über Ted reden, wo er doch immer vorbeikommt, um nach dir zu schauen, wo er doch dauernd anruft, um zu fragen, wie’s dir geht? Willst du das vielleicht auch abstreiten?«
Ich schüttelte den Kopf. Und meine Mam sagte: »Warum behauptest du dann, er hätte kein Interesse an dir?«
Ich zuckte die Achseln. Ich hatte es satt. Ich hatte es satt, dass sie dauernd auf meine Freunde losging. Und auf mich. Deshalb sagte ich: »Weil er nicht an mir interessiert ist, sondern an dir !«
Ihre Augen wurden ganz schmal. Sie legte den Kopf schief und machte einen Schritt auf mich zu. »Was willst du damit sagen?«, fragte sie. »Was willst du damit sagen?«
Ich zuckte wieder die Achseln. »Nichts«, erwiderte ich. »Nur die Wahrheit, das ist alles. Er macht dir den Hof!«
Sie sah mich an. Sie stand nur da und sah mich an. Und dann sagte sie: »Sei nicht albern! Er und mir den Hof machen! Mir? Schau mich doch an! Ich bin völlig kaputt, mit den Nerven am Ende, hab nichts als Probleme, mit meiner Mutter und mit dir. Mir den Hof machen? Dass ich nicht lache! Er ist ein gebildeter Mann. Und er versucht einfach nur, dir zu helfen. Red doch
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