Der Fliegenfaenger
meckerte Tante Fay, das sei ja widerlich, wer tue denn so was, auf der letzten Heimstatt einer Toten eine Keksschachtel liegen zu lassen! Aber ich hörte nicht auf das Geschwätz meiner entsetzten entsetzlichen Tante.
Die Kekse waren echt! Und wenn die Garibaldis echt waren, dann -
Ich schaute wieder auf! Und da waren sie! Sie waren es wirklich, sie waren echt, es waren wirklich Twinky und Norman.
Und falls ich noch irgendwelche Zweifel hatte, wurden sie vollends beseitigt, als meine grässliche Tante Fay fauchte: »Was machen die denn hier?«
Sie stieß meinen Onkel Jason an und zeigte auf Twinky und Norman, die sich ernst und traurig dem Grab näherten. Normans Gesicht war ganz verheult, und beide sahen aus, als würden sie jeden Moment wieder in Tränen ausbrechen. Sie kamen auf mich zu und dann umschlang mich Norman mit seinen bärenstarken Armen und sagte mit halb erstickter Stimme: »Scheiße, Fliege, ich hab immer gedacht, wir sehen sie noch mal!«
Dann nahm Twinky meine Hand, drückte sie ganz, ganz fest und sagte: »Alles okay, Fliege? Alles okay mit dir?«
Und ich nickte und weinte, während gleichzeitig ein strahlendes Lächeln in mir hochstieg und sich auf meinem Gesicht ausbreitete, als ich Twinky sagte: »Mir geht’s super, Twinky. Echt super!«
Und dann umarmten wir uns alle drei, Twinky, Norman und ich, und wandten uns so, Arm in Arm, wieder dem Sarg meiner Oma zu – das Trio aus Failsworth. Schweigend standen wir da, starrten den Sarg an und erwiesen meiner Oma so was wie die letzte Ehre. Bis Norman plötzlich mit feuchten Augen und rauer Stimme fragte: »Ach du Scheiße, wo sind denn Omas Kekse hingekommen?«
Und genau da war Wilson wieder am Grab angelangt und fuhr Norman und Twinky an: »Wart ihr das? Habt ihr die Kekse da hingelegt?«
Norman nickte. Und Wilson betrachtete ihn voller Ekel. »Das soll wohl ein Witz sein?«, fragte er. »Ist das eure Art von Humor?«
Norman runzelte die Stirn. »Nein!«, sagte er. »Das ist kein Witz! Das waren Garibaldis. Wir wollten, dass sie ein paar Kekse hat, wenn sie drüben ankommt.«
»Ihre Lieblingskekse«, fügte Twinky hinzu.
Wilson starrte die beiden an. Und dann meldete er sich zu Wort, mein Onkel Jason: »Los, verschwindet!«, rief er von der andern Seite des Grabs her. »Na los, macht, dass ihr wegkommt! Das hier ist ein Familienbegräbnis!«
Und da begann es in mir zu sprudeln, es sprudelte und sprudelte. Twinky und Norman sahen sich ratlos an.
Jetzt mischte sich auch noch meine Tante Fay ein: »Na los, wird’s bald!«, keifte sie. »Ihr zwei habt hier nichts zu suchen!«
Norman sah ganz bestürzt aus. »Aber wir sind doch mit dem Bus gekommen«, sagte er, »wir sind doch extra mit dem Bus aus London gekommen!«
»Na, dann fahrt eben einfach wieder zurück!«, sagte Onkel Jason.
Und Wilson fügte hinzu: »Na los, ihr seht doch, dass das für die Familie ein schwerer Augenblick ist!«
Ich spürte das Sprudeln, das Sprudeln in mir; es war die sprudelnde Freude darüber, dass meine Freunde wieder da waren, aber auch vermischt mit dieser prickelnden, sprudelnden Hysterie. Aber das war jetzt egal! Jetzt würde alles wieder gut werden. Jetzt würde wieder eine glückliche, herrliche Zeit beginnen, weil meine Freunde zu mir zurückgekommen waren!
Norman zuckte die Achseln und sagte zu Wilson: »Wir wollten doch nur tschüss sagen. Wir wollten Oma doch nur tschüss sagen.«
»Oma!«, kreischte Tante Fay empört. »Oma! Wer hat dir denn erlaubt, sie Oma zu nennen? Du hast sie doch nicht mal gekannt! Jetzt aber los, Abmarsch! Macht, dass ihr fortkommt!«
»Nein!«, schrie ich plötzlich meine fiese Tante an. »Sie gehen nirgendwo hin! Diebin! Hausräuberin! Verlogene Kuh!«
Ich hielt meine Freunde weiter im Arm und sagte zu ihnen: »Geht nicht weg, geht nicht weg! Hört nicht auf sie, ihr müsst nirgends nirgends nirgends hin … geht nicht nicht nicht!«
Jetzt brüllte mich Onkel Jason an. Er zeigte auf meine Mam und brüllte sie ebenfalls an: Man hätte mir nie erlauben sollen, zur Beerdigung zu kommen, wo doch jeder auf den ersten Blick sehe, was für ein bescheuerter Volltrottel ich sei!
Ich achtete gar nicht auf ihn, sondern hielt weiter meine Freunde im Arm und sagte zu ihnen: »Es ist alles okay, alles okay, kümmert euch nicht um … keine Angst, das ist nur dieser diebische, räuberische Schuft; kümmert euch gar nicht um ihn.«
Jetzt starrte mich Wilson wütend an. Er trat einen Schritt vor und sagte: »Hör mal, Raymond,
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