Der Fliegenfaenger
British Empire dritter Klasse honoriert werden sollten. Der Neue Schulleiter war sehr zufrieden.
Und an einem schönen warmen Sommertag – Twinky McDevitt war längst auf die Gesamtschule übergewechselt und bei seinem x-ten Psychotherapeuten gelandet – stand der Neue Schulleiter in seinem Büro und sah aus dem Fenster. Er empfand tiefe Befriedigung beim Anblick des Schulhofs, der jetzt nach dem Mittagessen leer und verwaist, sauber und ordentlich vor ihm lag; nicht das kleinste Fitzelchen Abfall war zu sehen, kein Ball, keine Tasche, keine einzige verbotenerweise hingesprayte Graffitisilbe, nicht ein einziger weggeworfener alter Kaugummi verunzierte den makellosen grauen Schulhof.
Der Neue Schulleiter war außerordentlich zufrieden.
Und dann das! Aus heiterem Himmel: Albert Goldberg und sein geschwollener Auswuchs! Nachdem ihn der Schularzt gerufen hatte, stand der Neue Schulleiter im Umkleideraum, starrte kopfschüttelnd auf die Bescherung und überlegte laut, was wohl der Grund für Alberts Verunstaltung war. Und als Albert erklärte, ihm sei eine Wespe ins Hosenbein geflogen und habe ihn in sein Geschlechtsteil gestochen, war der Neue Schulleiter einen Augenblick lang versucht, es einfach dabei zu belassen. Der Schulleiter war zufrieden, es war ein schöner warmer Sommertag, der Schulhof war makellos sauber und in zwei Wochen ging das Schuljahr zu Ende. Aber so sehr er sich auch sträubte, der Neue Schulleiter konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass ihn Albert mit der Erklärung für seinen gegenwärtigen Zustand einfach verarschte.
Und der Neue Schulleiter konnte es gar nicht leiden, wenn man seine Intelligenz beleidigte, wenn kleine Kinder ihre kleinen Hirne dazu benutzten, einen so klugen, erfahrenen Mann wie ihn zu belügen. Und darum sagte der Schulleiter zu Albert Goldberg, er glaube ihm kein Wort! Und er könne sich als international anerkannter Insekten- und Wespenexperte einfach nicht vorstellen, wie eines dieser armen, verkannten Tierchen es geschafft haben sollte, Alberts Hosenbein hinaufzukriechen und sich dann durch das Gummiband der Unterhose zu quetschen!
Doch obwohl er so in die Enge getrieben wurde, beharrte Albert heroisch darauf, dass die Wespe sein Hosenbein hinaufgeklettert sei und sich dann höchstwahrscheinlich durch die Unterhose hindurchgebissen habe!
Der Neue Schulleiter nickte und schien über diese Erklärung nachzudenken. Er bückte sich und fischte unter der Bank ein Paar herrenlose Turnschuhe hervor. »Oder vielleicht«, kam er Albert zu Hilfe, »war es ja auch eine Scherenwespe! Eine dieser seltenen Wespenarten, die schon bei der Geburt kleine Scheren an den Vorderbeinen haben.«
Albert nickte und sagte: »Ja, Sir, Sie haben Recht, Sir. Genauso war es, Sir, ich habe nämlich auch ein paar Wespen bei David Attenborough gesehen, und wenn ich mir’s überlege, war es so eine.«
Der laute Knall, mit dem der Schulleiter einen der Turnschuhe auf die Bank klatschte, ließ sogar den Arzt ängstlich zusammenzucken.
Und jetzt riss der Schulleiter die Augen weit auf, starrte Albert wütend an und drohte, wenn der Arzt ihm nicht binnen drei Minuten das richtige Medikament verabreichen werde, müsse Albert Goldberg ins Krankenhaus! Und dann werde sein geschwollenes Männlichkeitssymbol höchstwahrscheinlich amputiert! Und Albert Goldberg werde nie seine Bar Mizwa feiern, nie heiraten können und später nie eine Familie haben!
Der Neue Schulleiter sah auf die Uhr und zählte laut die Sekunden mit, woraus Albert schloss, dass die alles entscheidende Behandlung erst dann stattfinden werde, wenn er den Quatsch sein ließe und endlich die Wahrheit sagte. Die ganze Wahrheit!
Da wurde Albert mürbe und rückte mit der Sprache heraus.
Voller Angst, dass jede Auslassung, jedes unterschlagene Detail, jede Beschönigung der Fakten zu permanenter Verstümmelung führen würde, packte Albert gründlich aus.
Und der Neue Schulleiter, der gerade noch so glücklich und zufrieden gewesen war, lauschte mit wachsendem Entsetzen, als Albert Goldberg weinend von den regelmäßig stattfindenden Treffen am Kanal berichtete, von Pimmeln und Fliegen, von fünfzehn Jungs und schier unfassbar schmutzigen Handlungen! Immer wieder versuchte Albert dem entsetzten Schulleiter zu erklären, dass das Fliegenfangen nur ein Spiel gewesen sei, so wie Lego oder Briefmarken sammeln oder bei jemandem »Brennnessel« machen. Doch der Schulleiter hörte Albert Goldberg kaum noch zu. Der Neue Schulleiter
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