Der Fliegenfaenger
Prinzessin Leia tot ist!«
Die Dumme Dolly starrte mich an und sogar Blödmann Berney sah auf. Die beiden wirkten plötzlich ziemlich betroffen. Und mir selber ging es genauso. Ich wusste wirklich nicht, warum mir das rausgerutscht war. Ich wusste, dass ich etwas ganz Gemeines gesagt hatte. Aber irgendwie konnte ich nicht mehr aufhören, gemein zu sein. Und als die Doofe Dolly mit zitternder Unterlippe stammelte: »Du lügst! Prinzessin Leia ist nicht tot – ich hab sie doch lieb!«, hätte ich aufhören sollen und vielleicht hätte ich sogar nach oben gehen, Prinzessin Leia aus ihrer Schachtel holen und die Doofe Dolly mit ihr spielen lassen sollen.
Aber irgendwas zwang mich, weiterzumachen und ich sagte: »Nein, Dolly, ich lüg ganz bestimmt nicht! Im nächsten Star Wars -Film kommt Prinzessin Leia nicht mehr vor, man wird sie gar nicht mehr erwähnen. Das hat George Lucas gesagt!«
Und Blödmann Berney, den der Kummer seiner Schwester sichtlich freute, setzte noch eins drauf und sagte: »Dann muss es wohl stimmen, Dolly! Raymond weiß nämlich alles über George Lucas und die Star Wars -Trilogie. Keiner kennt sich mit Star Wars so gut aus wie Raymond, stimmt’s, Raymond?«
Und selbst jetzt hätte ich noch einfach aufhören können. Ich merkte ja, dass ich mir schon wieder Ärger einhandelte. Aber mit Ärger ist das wie mit Treibsand, wenn man erst mal drinsteckt, gerät man ganz von selber immer noch tiefer hinein.
Und deshalb sagte ich zu Blödmann Berney: »Ich weiß zwar nicht alles über George Lucas und die Star Wars- Trilogie, aber ich weiß, dass Prinzessin Leia sterben musste.«
Dolly starrte mich an. Sie runzelte angestrengt die Stirn, weil sie sich immer noch krampfhaft weigerte, mir zu glauben. Und dann fragte mich Blödmann Berney, warum Prinzessin Leia denn sterben musste. Ich hatte selbst keine Ahnung, was ich antworten würde, bis ich mich plötzlich sagen hörte: »Weil Han Solo die Wahrheit über Prinzessin Leia rausgefunden hat. Er hat entdeckt, dass sie in Wirklichkeit eine Prostituierte war! Und jedes Mal, wenn Prinzessin Leia gegen die dunklen Mächte des Imperiums kämpfen sollte, hat sie in Wirklichkeit mit den Soldaten gebumst!«
Blödmann Berney traten fast die Augen aus dem Kopf.
»Doch«, sagte ich. »Sie hat sich von den Soldaten der Imperialen Sturmtruppen bumsen lassen, für fünfzig Pence pro Nummer! Und George Lucas hat gesagt, er will in seinen Filmen keine Prostituierten haben, deshalb musste sie sterben.«
Blödmann Berney schüttelte langsam den Kopf und starrte mich sprachlos an. Dann quengelte die Doofe Dolly mit ihrer weinerlichen Stimme: »Was erzählst du denn da? Ich versteh nicht, was du da redest!«
Berney nickte verächtlich zu seiner kleinen Schwester hin und sagte: »Sie weiß nicht, was eine Prostituierte ist, Raymond.«
»Klar weiß ich das!«, erklärte die Doofe Dolly.
»Und was?«, forderte Berney sie heraus.
Dolly schaute ihn böse an und meinte: »Sag ich nicht.«
Und Blödmann Berney sagte überlegen: »Siehst du, Raymond, die weiß nicht, wovon wir reden.«
Die Dumme Dolly drohte, Berney gegen das Schienbein zu treten, wenn er ihr nicht jetzt sofort alles erklärte. Aber Berney meinte bloß: »Das sagen wir dir nicht, weil du noch zu klein bist, stimmt’s Raymond? Du bist noch zu klein um zu wissen, was ›Prostituierte‹ und ›bumsen‹ heißt. Es reicht, wenn du weißt, dass du nicht mehr mit Prinzessin Leia spielen kannst, weil Prinzessin Leia mausetot ist!«
Dolly stand mit vorgeschobener Unterlippe da und schaute zu, wie Berney und ich mit den andern Star Wars- Figuren spielten. Allmählich tat sie mir Leid, und ich bereute, was ich da alles über Prinzessin Leia gesagt hatte. Also hielt ich ihr Luke Skywalker hin, meine zweitbeste Star Wars -Figur, und sagte: »Na komm. Du kannst mit Luke Skywalker spielen, wenn du magst.«
Aber Dolly schüttelte nur den Kopf und schob die Unterlippe noch weiter vor. Sie stand eine Weile da und schaute zu, wie Blödmann Berney und ich mit den Star Wars -Figuren spielten, dann sagte sie plötzlich: »Ätsch, ich weiß etwas, das ihr nicht wisst!«
Wir sahen nicht mal auf. »Was denn?«, fragte Berney im gelangweilten Ton des älteren Bruders.
»Da ist ein schlimmer Junge«, hörte ich Dolly sagen. »Da ist ein schlimmer Junge unten am Kanal. Ein schlimmer Sittenstrolch. Der fängt die kleinen Kinder und zwingt sie zu ganz schlimmen bösen Sachen!«
Jetzt sah ich Dolly an. Doch Berney spielte
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