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Der Fliegenfaenger

Der Fliegenfaenger

Titel: Der Fliegenfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willy Russell
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Ordnung?«
    »Wie bitte?«, fragte meine Mam. »Ich verstehe nicht …«
    »Der Streit«, erklärte er, »oder habe ich das vorhin falsch verstanden? Ich dachte, es hätte einen Streit gegeben zwischen Ihnen und Ihrem Sohn; Sie sagten doch was von Funkstille oder so ähnlich.«
    »Ach so«, sagte meine Mam und lachte. »Ja, ja, das ist mehr als in Ordnung!«
    »Freut mich für Sie«, meinte der Detective Sergeant. »Die Kinder heutzutage! Wegen jeder Kleinigkeit gibt es gleich Zoff, nicht wahr? Was machen sie einem oft für Ärger!«
    »Nein, nein«, erwiderte meine Mam, »das war es nicht. Ich könnte wirklich nicht sagen, dass er mir ›Ärger gemacht‹ hat. Im Grunde lag es an mir. Ich hab mich nur aufgeregt, weil er eine, wie soll ich sagen, eine schmutzige Bemerkung gemacht hat. Na ja, und dann macht man sich eben Sorgen, nicht wahr? Und irgendwann bin ich dann eben mit ihm zum Arzt gegangen.«
    »Zum Psychotherapeuten?«, fragte er.
    »Ja. Aber das war lächerlich«, erwiderte meine Mam. »Ich habe einfach überreagiert.«
    »Hm, ich weiß nicht«, sagte der Detective Sergeant und klang immer noch total kumpelhaft und verständnisvoll. »Ich glaube, es war Ihr gutes Recht, sich so aufzuregen, Mrs. Marks. Ein kleiner Junge wie Raymond, der seiner Mutter mit Schweinereien kommt!«
    »O nein, nicht mir«, entgegnete meine Mam. »Er hat etwas zu seiner kleinen Cousine gesagt, zu Dolly.«
    Meine Mam bemerkte nichts. Aber mir entging nicht, wie der Detective Sergeant die beiden Polizisten ansah. Aber als er jetzt hinwarf: »War wohl ein bisschen gewagt, was er da zu der Kleinen gesagt hat?«, tat er immer noch ganz freundlich und verständnisvoll.
    »Ach nein, eigentlich nicht«, erwiderte meine Mam. »Ich habe mich damals nur aufgeregt, weil mein Bruder bei uns war, und der macht immer gleich aus jeder Mücke einen Elefanten. Es war halt ein bisschen schweinigelig. Aber das ist bei Kindern völlig normal, hat Janice gesagt. Sie fand das gar nicht schlimm, Dr. Janice im Krankenhaus.«
    Er nickte. »Manche Leute« sagte er, »regen sich einfach viel zu schnell über jede Kleinigkeit auf, hab ich Recht?«
    »Also, ich glaube ja«, fuhr meine Mam fort, »dass Jason, mein Bruder, schon immer ein bisschen neidisch war. Die kleine Dolly ist halt keine große Leuchte. Und Raymond hat so eine blühende Phantasie. Das hat Dr. Janice auch gesagt. Und ich denke mal, dass Dolly und Raymond einfach nicht so gut zusammenpassen. So viel ich weiß, hat Raymond ihr bloß einen Witz erzählt.«
    »O bitte, Mrs. Marks«, gluckste der Detective Sergeant, »spannen Sie uns nicht auf die Folter! In unserem Job braucht man ab und zu mal was zum Lachen. Sie werden uns doch nicht wegschicken, ohne uns verraten zu haben, was er gesagt hat?« Er gluckste wieder. »Nur Mut, wir werden auch ganz bestimmt nicht rot!«
    Jetzt lachte meine Mam. Und dann sagte sie: »Na ja, eigentlich war es ja lustig, wenn ich jetzt dran zurückdenke. Sie hätten Dollys Gesicht sehen sollen, als sie hereinkam und verkündete, Prinzessin Leia sei tot! Raymond hatte ihr nämlich vorgeflunkert, man hätte Prinzessin Leia aus Star Wars töten müssen, weil sie in Wirklichkeit eine Prostituierte gewesen sei und es mit sämtlichen Soldaten getrieben hätte!«
    Ich sah die Gesichter der Polizisten, vor allem das des Detective Sergeant. Jetzt lachte keiner mehr. Und deshalb blieb auch meiner Mam das Lachen im Hals stecken. Sie zuckte die Achseln und sagte: »Tja!«
    »Wie alt ist es denn«, sagte der Detective Sergeant, »das kleine Mädchen, zu dem er solche Dinge gesagt hat? Wie alt ist es?«
    »Sieben«, sagte meine Mam ein wenig ratlos.
    »Und Raymond ist … elf«, meinte er. Und er ließ das einfach so im Raum stehen, als sei es irgendwie bedeutsam. Und währenddessen wartete meine Mam, dass sie endlich gingen. Die Haustür stand immer noch offen. Aber die Polizisten dachten gar nicht mehr daran, zu gehen.
    Stirnrunzelnd fragte der Detective Sergeant: »Kommt das öfter vor, dass er solchen Schweinkram erzählt?«
    »Natürlich nicht«, erwiderte meine Mam, »glauben Sie vielleicht, dass er so etwas dauernd tut? Na, da täuschen Sie sich. So viel ich weiß, war es das allererste Mal!«
    »Ach ja?«, fragte der Detective Sergeant. Er sah meine Mam stirnrunzend an und fuhr fort: »Sie wollen mir also erzählen, dass Sie Ihren Sohn wegen eines einzigen derartigen Vorfalls zum Psychotherapeuten schleppen? Kommen Sie, Mrs. Marks«, sagte er. »Das war bestimmt nicht das

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