Der Flirt
Ihnen sagen, dass das äußerst selten ist.«
Im festen Klammergriff zwischen seiner Mutter und Clara war Hughie sein ganzes Leben lang von Frauen umgeben gewesen. Er hatte sehr viel Zeit darauf verwendet, herauszufinden, wie man Frauen tröstete, beruhigte und ihnen schmeichelte
− wie man die Stürme beruhigte, die in ihnen tobten und die auf sein vergleichsweise unkompliziertes Leben überschwappten. Sie hatten ihn gepiesackt, verwöhnt, ihn an die Hand genommen und dann fallenlassen; doch ein Gefühl für Frauen und dafür, wie es war, neben ihnen zu sitzen und ihnen zuzuhören oder ihr Vertrauter zu sein, war ihm tatsächlich in Fleisch und Blut übergegangen. Er war erleichtert, dass er nicht so tun musste, als wäre er ein Playboy oder ein Casanova.
»Ich glaube, das kann ich«, sagte er langsam. »Ich glaube, das ist etwas, was ich tatsächlich kann.«
Valentine lächelte. »Ich glaube das auch. Also, sind Sie bereit, mit der Ausbildung zu beginnen?«
Wie aufs Stichwort erschien Henry an der Tür, gut aussehend, makellos gekleidet, ruhige Eleganz ausstrahlend.
Ich will auch so sein, dachte er. Leticia würde das gefallen. Und irgendwo in seiner Brust hallte ein Echo seines Vaters wider.
»Oh, eines vergaß ich noch zu erwähnen«, sagte Valentine und stand auf. »Sie müssen Single sein.«
»Ach, wirklich?« Zu seiner Überraschung spürte Hughie, wie ihm der Magen in die Knie rutschte.
»Dieser Beruf lässt sich nicht gut mit einer langfristigen Beziehung vereinbaren. Freundinnen, Partnerinnen, Ehefrauen sind streng verboten. Eine kleine Eifersüchtelei kann die ganze Konstellation in Gefahr bringen. Wir haben es früher versucht, aber es führt unvermeidlich zur Katastrophe. Selbst die Frau mit der größten Selbstbeherrschung findet die Vorstellung, dass ihr Mann jeden Monat mit Hunderten von Frauen flirtet, auf Dauer unerträglich. Wir erwarten natürlich nicht, dass Sie leben wie ein Mönch. Genießen Sie nach Herzenslust Sex. Alles, worum wir Sie bitten, ist, dass Sie sich auf Sex beschränken und nur auf Sex. Vorzugsweise
One-Night-Stands. Alles, was bedeutungsvoller ist, ist verboten.«
»Oh.«
Valentine kniff die Augen zusammen. »Sie sind doch Single, oder?«
»Sicher.« Hughie nickte.
»Gut. Dann sorgen Sie dafür, dass es so bleibt.«
Hughie stand auf und begegnete Henrys Blick. Einen Augenblick glaubte er, seine Miene würde ihn verraten. Doch das war natürlich Unsinn, was gab es da zu verraten?
Henry legte ihm den Arm um die Schultern.
»Kommen Sie«, sagte er. »Gehen wir ein bisschen spazieren.«
»Wo wohnst du?« Henry hatte ihm das Du angeboten, schließlich waren sie jetzt Kollegen. Er ging vor Hughie her durch die Seitenstraßen von Mayfair. Die Luft um sie herum kühlte allmählich ab, und der Himmel trübte sich zu einem hellen Grau ein. Straßenlampen flackerten auf, als sie in die Mount Street Gardens schlenderten.
»In Kilburn.« Hughie holte seine Zigaretten heraus. »Willst du auch eine?«
»Danke.« Henry blieb stehen, und sie zündeten sich beide eine an. Der trockene, erdige Geruch nach Herbstlaub und frischer Abendluft verschmolz angenehm mit dem beißenden Rauch. Henry inhalierte tief, und ihre Schritte wurden langsamer. Glocken fingen an zu läuten und riefen zur Abendandacht in der Kirche gegenüber.
»Ich bringe dich zum Zug oder zum Bus oder womit du auch immer nach Hause fährst.«
Aus seinem Mund klang die Vorstellung, nach Hause zu fahren, fremd, ja regelrecht passé.
»Wo wohnst du?«, fragte Hughie.
»Ich habe ein Zimmer. In einem Hotel.«
So etwas hatte Hughie noch nie gehört. »In einem Hotel?«
Henry lächelte. »Da brauche ich keine Köchin. Und die haben einen ausgezeichneten Wäscheservice.«
»In welchem?«
»Im Savoy.« Henry trat träge in einen Laubhaufen. »Der Blick über den Fluss gefällt mir besonders, vor allem bei Nacht.«
»Wow!« Hughie nahm noch einen Zug.
Er stellte sich vor, wie er im Bett lag und jeden Morgen den Zimmerservice kommen ließ, ein reichhaltiges englisches Frühstück, eine große Kanne Tee und eine Morgenzeitung. Wahrscheinlich hatten sie sogar ein Telefon an der Badewanne und kleine Flaschen mit Shampoo und kostenloser Seife. Man stelle sich vor, man müsste nie mehr selbst das Bett machen (nicht dass er das je tat) oder Teewasser aufsetzen!
»Tragen die Zimmermädchen immer noch Uniform? Du weißt schon, solche mit kleinen Schürzen und weißen Häubchen?«
»Allerdings.« Henry
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