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Der Flirt

Titel: Der Flirt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Tessaro
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russische Bauernlook und dicke Zöpfe plötzlich groß in Mode waren.)
    Nicholas machte sich die Begeisterung für alles Fremde rasch zunutze und ging dazu über, sich Nicolai zu nennen und dann Baron Carvolski, was im Herbst 1912 zu Baron abgekürzt wurde. Sein Akzent war eine betörende, wenn nicht gar herausfordernde Mischung aus Cockney, Preußisch und einem hier und da um der Farbe willen eingestreuten Hauch Franglais. Sein charakteristischer Stil war La Vie en Rose : lange Zöpfe, oben auf dem Kopf zu einer Art Korb verwoben und gefüllt mit einer Mischung aus echten Rosen und Seidenrosen. Die Kundin musste den Kopf sehr ruhig halten. Trotz - oder gerade wegen - der Tatsache, dass sich nur sehr wenige Damen mit einem solchen Kunstwerk schmücken konnten, wurde der Stil legendär.
    Doch was den winzigen Salon wirklich vor dem Ruin rettete und ihn in die beneidenswerte Position des exklusivsten Friseursalons der ganzen Stadt erhob, war die bemerkenswerte, ja sogar heroische Fähigkeit des Barons, mit absolut jeder Frau zu flirten. Celia Vincent sah ihm Tag für Tag fasziniert (und zugleich eifersüchtig) dabei zu, wie er einen Zauber um die Kundinnen webte, sie praktisch mit Komplimenten und subtilen sexuellen Anspielungen hypnotisierte und seine Worte dabei jeweils sehr präzise wählte. Er ließ seine perfekten Zähne aufblitzen und beherrschte den kühnen, direkten Blick, der das Markenzeichen des Leinwandhelden Valentino werden sollte (viele behaupten gar, dieser habe ihn dem Baron abgeschaut).

    Doch erst als der Baron von einem besorgten Herzog darauf angesprochen wurde, schlug die Geburtsstunde des professionellen Flirts, wie wir ihn heute kennen. Der unglückliche Peer war bei einem Fest im Landhaus mit seiner Geliebten in flagranti hinter dem Sofa in der Bibliothek erwischt worden. Seine Frau, ein traurig reizloses, introvertiertes Geschöpf, nahm das, wie er fand, viel zu arg mit. Der Ruf des Barons, die Stimmung der Frauen zu heben, hatte sich inzwischen weit herumgesprochen, und der Herzog überlegte, ob er für ein zusätzliches Salär nicht ein bisschen dicker auftragen könnte.
    Nicolai erfüllte seinen Teil des Handels, er flirtete nicht nur mit der deprimierten Herzogin, bis ihre Stimmung sich deutlich gehoben hatte, er machte ihr währenddessen auch eine wirklich schmeichelhafte Frisur. Das Paar versöhnte sich wieder, und so sprachen sich die erstaunlichen Fähigkeiten des Barons bald noch mehr herum. Kurz danach konnte er sich vor »Sonderwünschen« wohlhabender Ehemänner eines gewissen Ranges kaum noch retten.
    Das unternehmungslustige Paar machte sich also daran, das Geschäft zu erweitern. Sie erkannten bald, dass sie über ein bis dato unerschlossenes Dienstleistungsgewerbe gestolpert waren. Auf der Rückseite der Times erschien eine Anzeige, nicht unähnlich der in der Stage , auf die Hughie sich beworben hatte, und zwei weitere Gentlemen wurden eingestellt und in den Methoden des Barons ausgebildet.
    Das Geschäft blühte.
    Während des Zweiten Weltkrieges wurde der Salon ausgebombt, und Valentines Großeltern waren überrascht, dass auch ohne Schaufensterfront Kunden herbeiströmten − viele von ihnen besorgte Soldaten, die in Übersee stationiert waren und die unbedingt die Gewissheit haben wollten, dass ihre Freundinnen ihnen treu waren. (Zu dieser Zeit wurde der Cyrano geboren, doch darüber später mehr.)

    So gedieh das Geschäft und wurde von einer Generation an die nächste weitergereicht und veränderte sich dabei, wie das mit solchen Dingen ist, um mit der Zeit zu gehen.
    Doch immer hat ein Charles die älteste und, meines Wissens, einzige etablierte Flirtagentur Englands geführt.
    Nun ist unser Exkurs zu Ende. Diejenigen von Ihnen, die die Existenz des professionellen Flirtens noch bezweifeln und mich beschuldigen, Fiktion zu schreiben, werden freundlich ermahnt, vorurteilslos zu bleiben. Können Sie sich schließlich wirklich ganz sicher sein, dass Sie noch nie in diesen Genuss gekommen sind?

Der exklusivste Friseur der Welt
    »Old Compton Street«, rief Olivia und stieg in ein schwarzes Taxi. »Ich hab’s eilig!«
    In forschem Tempo die Spur wechselnd, nahm das Taxi die Kurve am Hyde Park Corner, und Olivia ließ sich in das Polster sinken.
    Sie hatte sich verspätet. Es sah ihr gar nicht ähnlich, zu spät zu kommen. Doch plötzlich war das Leben interessant geworden, und es gab jetzt, da Red Moriarty an der neuen Ausstellung teilnahm, so viel zu organisieren, so viel

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