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Der Flirt

Titel: Der Flirt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Tessaro
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der Stoff von Henry James und Edith Wharton … von Fielding …«
    Ihre Augen leuchteten auf. »Edith Wharton habe ich einmal gelesen! Winter : Aber ich glaube, da ist niemand nach Paris gefahren. Es ging um diese Kranken auf einem Schlitten.«

    »Ja, nun …«
    »Aber die Vorstellung einer Grand Tour gefällt mir«, sagte sie rasch. »Auf diese Weise habe ich es noch gar nicht betrachtet.«
    »Es ist eine altehrwürdige Tradition«, versicherte Henry ihr. »Reisen Sie allein?«
    »Nun« - ein Schatten huschte über ihr Gesicht -, »mein Mann wollte eigentlich zu uns stoßen, aber er wurde in Chicago aufgehalten. Und in New York. Geschäfte, verstehen Sie. Aber wir treffen Daddy vielleicht in Rom, nicht wahr?«, sagte sie strahlend. Die Kinder nickten gehorsam. »Auf unserer Grand Tour«, fügte sie hinzu und lächelte Henry an.
    Henry lehnte sich zurück. »Wissen Sie, ich bewundere Sie.«
    »Mich?« Sie lachte ungläubig auf. Das Mädchen drängte sich beschützend neben den Stuhl seiner Mutter.
    »Es ist sehr ungewöhnlich, dass kleine Kinder die Chance bekommen, so ein Abenteuer zu erleben. Stellen Sie sich vor« - er senkte vertraulich die Stimme -, »an der Hand einer liebenswerten, resoluten jungen Mutter durch die großen Hauptstädte Europas zu spazieren … besonders Mütter haben es doch raus, aus allem etwas Witziges zu machen.«
    Sie starrte Henry an.
    Das war eindeutig nicht das Szenario, in dem sie sich bewegt hatte.
    Hughie nahm den Zuckerwürfel aus seiner Nase. »Nicht viele Eltern würden das tun, was Sie tun. Besonders nicht a llein.«
    »Das stimmt«, pflichtete Henry ihm bei. »Sie haben Mut.«
    »Witzig« - sie unterbrach sich und ließ das Wort wirken -, »so habe ich es noch nie betrachtet. Natürlich hatte ich nicht die Absicht, allein zu reisen …«
    »Es ist eine Chance!«, beharrte Henry. »Eine wunderbare,
seltene Chance, mit Ihnen allein zu sein, an die Ihre Kinder sich für den Rest ihres Lebens erinnern werden.«
    Der kleine Junge hatte sich Zuckerwürfel in beide Nasenlöcher geschoben und schnitt Grimassen. Hughie schnappte ihn und kitzelte ihn so lange, bis sie nicht mehr konnten.
    »Finden Sie wirklich?«, murmelte sie.
    »Unbedingt!« Henry schob seinen Stuhl zurück und stand auf. »Also, wir haben nichts als Bewunderung für dieses reizende Familienporträt. Ich wünsche Ihnen viel Glück auf Ihren Reisen. Darf ich Ihnen noch einen letzten Vorschlag machen?«
    »Bitte.«
    Er schlug Hughie auf den Rücken. »Als ich das erste Mal mit meinem Sohn hier nach Paris gefahren bin, das ist inzwischen fünfzehn Jahre her …« Er schaute bewundernd auf Hughie hinab. »Kann das sein? Ist das wirklich schon so lange her?«
    Hughie blinzelte zu ihm auf.
    »Kommt mir vor wie gestern.« Henry seufzte und fuhr sich durch die Haare. »Egal, wir haben uns nicht mit Sachen wie dem Louvre oder Notre Dame abgegeben. Wir sind auf Entdeckungstour gegangen. Im Jardin des Tuileries gibt es ein wunderbares Karussell, und das Les Deux Magots macht köstliche heiße Schokolade. Und jetzt spricht er natürlich untadeliges Französisch.«
    »Ehrlich?«
    Sie wandten sich beide Hughie zu.
    » La voiture est rogue «, bemerkte Hughie klug. »Charles ressemble á un sange. Où est la bibliothèque?«
    Die Frau kicherte nervös. »Hat er gesagt, Charles sieht aus wie ein Affe?«
    »Er ist geistig nicht ganz auf der Höhe«, erklärte Henry. »Aber seine Aussprache ist tadellos.«

     
    Draußen auf dem Gehweg schlug Henry Hughie auf den Rücken. »Siehst du, so schlecht war das gar nicht, oder? Und alles, was wir gemacht haben, war, zu beobachten, Kontakt herzustellen und ihre Erfahrung neu zu definieren. Ein Kinderspiel.«
    »Ein Kinderspiel«, wiederholte Hughie. »Nur …«
    »Nur was?«
    »Nur, mir kommt es ein wenig dürftig vor.«
    »Ehrlich?« Henry runzelte die Stirn. »Was denn noch?«
    »Ich weiß nicht … eine eindrucksvolle Geste … etwas, was sie nicht vergisst.«
    Henry überlegte einen Augenblick. »Du hast recht! Hat keinen Sinn, sich mit Halbheiten zufriedenzugeben. Lass uns die Gute so richtig aus dem Takt bringen, wollen wir?«
    »Ja, los!«
    »Warte hier.« Henry schlich zurück ins Hotel.
    Hughie schob die Hände tief in die Taschen, um lässig zu wirken. Doch sein Herz pochte wild gegen seinen Brustkorb, und Adrenalin schoss durch seine Venen. Taxis fuhren vor und spien elegant gekleidete Passagiere aus. Hughie merkte, dass er versuchte, so zu tun, als gehörte er dazu, während er

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