Der Fluch Der Bösen Tat
nicht wahr?« Er warf ihr einen bittenden Seitenblick zu.
»Ich denke, Ihr Anwalt wäre besser dafür geeignet, Amyas. Ich werde ihn anrufen und ihm von der Sache erzählen.«
»Meinetwegen. Solange es nicht erforderlich ist, dass ich irgendwo hingehe.« Seine ohnehin hohe Stimme wurde richtig schrill.
»Das wird sicher nicht nötig sein«, versicherte Markby ihm hastig, als Dr. Fitchett die ersten offenen Anzeichen von Stress zeigte, nicht wegen der Neuigkeiten, sondern angesichts der Vorstellung, sich aus seinem Haus begeben zu müssen. Markby fragte sich, wann der alte Mann zum letzten Mal draußen gewesen war.
»Ich hatte eigentlich gehofft, dass Sie mir etwas über Ihre Nichte erzählen könnten.«
»Überhaupt nichts, mein Lieber.« Der alte Mann entspannte sich sichtlich, nachdem ihm versichert worden war, dass er nicht hinaus in die moderne Welt musste, die er verabscheute und die er nach Kräften ignorierte.
»Ich habe sie zum letzten Mal gesehen, als sie, oh, ungefähr dreißig war, wenn überhaupt. Sie war immer ein sehr schlichtes Mädchen. Jane, bringen Sie mir doch bitte das Album, ja, meine Liebe?« Jane, die sich gut im Haushalt des alten Mannes auszukennen schien, stand gehorsam auf und ging zum Regal, um ein ledergebundenes Fotoalbum zu holen. Fitchett blätterte langsam in den Seiten, bis er gefunden hatte, wonach er suchte.
»Da ist es.« Er tippte mit verschrumpeltem Finger auf eine Fotografie.
»Das Bild muss in Hesters erstem Jahr an der Oxford University gemacht worden sein. Das andere Mädchen ist eine Freundin von ihr, die als Feriengast im Haus meiner Schwester war.« Er reichte Markby das Album. Es war so schwer, dass Alan es beinahe hätte fallen lassen. Die Aufnahme war im Hochsommer entstanden. Sie zeigte zwei junge Frauen in leichten Kleidern. Die eine war unverkennbar Hester Millar in jungen Jahren. Sie war tatsächlich schlicht, doch auf gesunde Weise attraktiv. Beide Frauen zeigten jenes unschuldige Leuchten, das typisch ist für jene, die gerade die Schule abgeschlossen hatten und in eine neue Welt hinauszogen, in ihrem Fall die aufregende Welt der Universität. Sie lehnten an einer Trockenmauer, doch es war nicht zu erkennen, wo das Bild entstanden war.
»Es wurde wahrscheinlich«, sagte Dr. Fitchett, als hätte er Markbys Gedanken gelesen,
»in den Yorkshire Dales aufgenommen. Dort hat meine Schwester gelebt. Fragen Sie mich nicht warum.« Doch Markbys Blick haftete längst auf dem Mädchen neben Hester. Er betrachtete das Foto genauer. Das andere Mädchen war hübsch, sehr hübsch sogar, doch es sah zart und zerbrechlich aus. Die Attraktivität war mit den Jahren verblasst, doch es war genügend übrig geblieben, dass Markby sicher war, sie erst vor kurzem gesehen zu haben. Er hielt Dr. Fitchett das offene Album hin.
»Wissen Sie, wer die andere junge Frau auf dem Bild ist?« Der alte Mann warf einen Blick auf das Foto und sah dann Markby an. Seine Augen funkelten wieder einmal schalkhaft.
»O ja, selbstverständlich. Das ist die kleine Ruth Pattinson, die Tochter des Vikars! Sie kennen die Weise, Superintendent? Es war ein kleines Mädchen, das hatte eine Locke mitten in der Stirn. Wenn es artig war, dann war es sehr sehr schön, und wenn es böse war – dann kam es in Schwierigkeiten!«
»Ein Baby?« Pearce blickte überrascht auf, und dann zuckte er die Schultern.
»Ich nehme an, so etwas geschieht andauernd«, sagte er.
»Wir reden hier von 1966, Dave, und das Mädchen kam aus der ultrarespektablen Familie eines Geistlichen. Der Vater des Kindes hatte sich geweigert, sie zu heiraten. Es war das Jahr, bevor das Abtreibungsgesetz verabschiedet wurde, und selbst wenn sie durch Gewalt schwanger geworden war, bezweifle ich, dass Ruth Pattinson mit ihrer religiösen Kindheit in eine Klinik gegangen wäre, um die Schwangerschaft zu beenden. Eine illegale Abtreibung wäre gefährlich gewesen, und sie hätte wahrscheinlich auch gar nicht gewusst, wohin sie gehen musste. Wie dem auch sei. Sie konnte sich nicht an die eigenen Eltern wenden. Sie wären zutiefst schockiert und enttäuscht gewesen, insbesondere Ruths Vater, der überzeugt war, dass ein Vikar und seine Familie ein gutes Beispiel für den Rest der Gemeinde abgeben sollten. Sie wollte unter allen Umständen vermeiden, dass ihre Eltern davon erfuhren. Man fragt sich, was sie gemacht hätte, wenn Hester und ihre Mutter ihr nicht in dieser schweren Zeit ein Dach über dem Kopf angeboten hätten. Wäre sie am
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