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Der Fluch der bösen Tat

Der Fluch der bösen Tat

Titel: Der Fluch der bösen Tat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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einander anzurufen, und wenn es sich nur irgend machen ließ, jeden Tag. In letzter Zeit hatte sie diese Sitte zwar aufgegeben, aber zumindest Ole hatte immer gesagt, wo er war. Oder etwa nicht? Per war selbst so ein Typ, der von dem, was er so trieb, nie mehr als unbedingt nötig verriet. Aber daß Ole nichts von sich hören ließ, war ungewöhnlich. Sie sehnte sich nach dem normalen Alltag. Einfach danach, mal wieder Zeit für ein gutes Buch zu haben.
    »Bist du es nicht, die ihn verlassen hat, Lise?« sagte Per beinahe frostig, was sie sehr verstimmte. Sie sagte, sie habe zu tun, war aber trotzdem froh, daß er ein paar Stunden später anrief und fragte, ob er sie um acht abholen solle. Sie hatte keine Ruhe. Sie konnte nichts anderes tun, als zu warten und darauf zu hoffen, daß Pers und Johns Nachforschungen Erfolg hatten, aber das war nicht ihre Sache.
    Per holte sie ab, und sie fuhren zu ihm. Sie brauchte ihn jetzt, sie nahmen gemeinsam ein Bad und endeten zusammen im Bett, und sie vergaß Ole und Sara und alle Meuchelmörder und gab sich einfach einer Leidenschaft hin, die sie nicht zu besitzen geglaubt hatte. Sie blieb im Bett liegen und liebte ihn sehr dafür, als er mit einem Glas Rotwein, ihren Zigaretten und einem Aschenbecher zu ihr zurückkam.
    »Wenn das keine Liebe ist«, sagte sie.
    »Gib mir noch ein bißchen Zeit, ich gewöhne dir das schon ab«, sagte er. »Pasta und Salat?«
    »Klingt himmlisch«, sagte sie und räkelte sich und fühlte sich so warm und war so glücklich darüber, in diesem Augenblick zu existieren.
    Er hatte im Wohnzimmer gedeckt und berichtete von seinen Nachforschungen, und sie hatte seinen großen Bademantel an und aß. Um die Sache einzugrenzen, hatten sie sich auf die Söhne jugoslawischer Gastarbeiter konzentriert, die die 9. und 10. Volksschulklasse mit Abschlußprüfung absolviert hatten. Mit der Aufgabe waren fünf Leute den ganzen Tag beschäftigt gewesen, ein langwieriger und mühevoller Prozeß. Damals gab es noch keine EDV, so daß alle, die sie angerufen hatten, in Büchern und Listen nachsehen mußten, aber schließlich hatten sie den Kreis auf 109 Jungen eingegrenzt, die den Volksschulabschluß hatten. Sie hatten angefangen, über Einwohnermeldeamt, Strafregister und Kfz-Zulassungsstelle zu überprüfen, wer sich noch im Lande aufhielt oder verstorben war. Es war simple, langweilige, aber notwendige Polizeiarbeit. Morgen würde er mit der Liste mit etwa zwei Dutzend Namen die Schulen abklappern und versuchen, die Namen mit den Klassenfotos abzugleichen, die die Schulen aufbewahrten. Mit etwas Glück würden sie einen Namen und ein Gesicht erhalten, mit dem die Polizei mit Hilfe ihrer Computer arbeiten könnte. Die Phantomzeichnung würde an das Sicherheitspersonal verteilt werden, das mit dem Besuch zu tun hatte. Und bei Interpol könnten sie nachfragen, ob die etwas über den Mann hatten. Fingerabdrücke, Vorstrafen und ob womöglich nach ihm gefahndet wurde.
    »Wir gehen hier rein nach dem Ausschlußverfahren vor«, sagte er.
    »Und wenn das auch kein Ergebnis bringt?«
    »Dann müssen wir von vorn anfangen. Unsere beste Versicherung ist immer noch, daß es uns gelungen ist, das Programm geheimzuhalten. Es ist nur durchgesickert, daß Simba kommt, aber keine Einzelheiten.«
    »Das schmeckt gut, das hier«, sagte sie.
    Er nahm einen Schluck von seinem Wein. »Was hast du morgen vor?« fragte er.
    »Nichts Besonderes. Warten. Die Bewunderung meiner Kollegen genießen, wenn sie meine Artikel lesen«, sagte sie ironisch, obwohl sie es eigentlich ernst meinte.
    »Willst du mich morgen begleiten?«
    »Gern«, sagte sie.
    »John teilt sie auf. Wir rufen vormittags an und gehen dann nachmittags auf Besuchstour.«
    »Gut«, sagte sie, und er merkte, daß sich ihre Laune änderte.
    »Du denkst an Ole, nicht wahr?«
    Sie nickte. »Ich verstehe nicht, wo er steckt.«
    »Du wirst sehen, morgen taucht er wieder auf.«
    »Ja, wahrscheinlich«, sagte sie, obwohl sie nicht so recht daran glaubte. Sie wußte nicht warum, aber sie hatte das Gefühl, daß da etwas nicht stimmte.
    Am nächsten Tag zur Mittagszeit hatten sie die Liste auf 21 Namen von Söhnen jugoslawischer Gastarbeiter reduziert, die die beiden Bedingungen erfüllten: Sie hatten Mitte der achtziger Jahre ihren Volksschulabschluß gemacht, und sie wohnten nicht mehr in Dänemark. Acht Leute hatten die ganze Nacht gearbeitet, und Per mochte gar nicht an all die Überstundenbescheinigungen denken, die er später

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