Der Fluch der bösen Tat
ausgeklügeltsten Waffen der Welt, aber sie waren stabil und verläßlich und leicht zu beschaffen. Eine gute Wahl.
»Okay. Was noch«, sagte er ruhig, ohne sich eigentlich ruhig zu fühlen. Vuk war nervös unter der ruhigen Oberfläche. Plötzlich überkam Krawtschow der Gedanke, daß der Bursche irgendwo unter der ganzen Selbstsicherheit zusammenzubrechen drohte. Aber seine Augen und Hände waren ruhig.
Vuk blieb stehen und reichte ihm ein Stück Papier mit einer Reihe von Zahlen. Krawtschow studierte einen Moment die Zahlen und steckte sie dann in die Tasche. Keiner von beiden bemerkte den Ornithologen. Er hatte sein Rad am Rand des Rasens abgestellt und lag hinter einem Baum im Park. Er hatte Krawtschow Gesicht im Tele. Der Nacken des jungen Mannes war im Weg, aber es war das bislang beste Bild. Er ließ den Motor der Kamera laufen und nahm schnell eine Serie auf. Dann zog er Kamera und Kopf ein. Sie hatten ihn gewarnt, Krawtschow sei ein ehemaliger Profi und mit mehr Antennen ausgestattet als ein mobiler Rundfunksender, und er hatte Befehl erhalten, vorsichtig zu sein. Also mußte das jetzt reichen.
Vuk schaute Krawtschow in die Augen und sagte: »Veranlasse deinen iranischen Freund, eine Million Dollar auf dies Konto auf Cayman Island zu überweisen. Die Anzahlung. Ich überweise sie sofort weiter, irgendwelche Tricks sind also zwecklos!«
»Wofür hältst du mich eigentlich, Vuk? Wir sind Partner. Du kannst mir vertrauen.«
»Niemals. Und ich will 50000 in dänischen Kronen. In bar.«
»Das wird ein paar Tage dauern. Wohin soll es geliefert werden?«
»Steck die beiden Pässe, Kreditkarte, Führerschein und Geld in eine abschließbare Tasche und gib die Tasche bei der Gepäckaufbewahrung im Bahnhof Zoo ab. Schick die Quittung und den Schlüssel per Post an Per Larsen, Poste restante, Hauptpostamt Berlin. Okay?«
Krawtschow reichte ihm einen Zettel mit einer achtstelligen Nummer.
»Falls was sein sollte … ruf diese Handynummer an. Entweder ich oder ein anderer ist immer zu erreichen … unter dieser Nummer. Du brauchst nur ›Vuk‹ zu sagen und uns eine Nummer zu geben, dann rufen wir zurück. Betrachte das als eine Art Versicherung. Und laß sie nicht in falsche Hände gelangen.«
Vuk zögerte einen Augenblick, bevor er die Nummer in die Tasche steckte. Er würde sie später auswendig lernen.
»Und der Rest des Geldes?« fragte Krawtschow.
»Du kriegst später eine andere Kontonummer auf den Cayman Islands.«
»Wann?«
»Ich bin mir sicher, daß du das in der Zeitung lesen wirst«, sagte Vuk ohne Ironie.
»In Ordnung«, sagte Krawtschow. Vuk wußte, daß das Geld fließen würde. Für die russische Mafia waren es Pimperlinge, und Krawtschow hatte garantiert keine Lust, sich bis zum Ende seines Lebens vor Vuk in acht nehmen zu müssen. Es war schlecht fürs Geschäft und fürs Klima, jemanden in derartigen Angelegenheiten über den Tisch zu ziehen. Außerdem könnten sie ihn noch einmal nötig haben. Sie wußten ja nicht, daß er Europa nach dieser Sache für immer verlassen würde.
»Okay«, sagte Vuk. »Das war’s.«
Vuk schaute sich um. Der Park lag friedlich in der Sonne. Etwas entfernt spielten einige Kinder, während ihre Mütter auf der Bank saßen und plauschten. Ein Mann führte seinen Hund aus. Er warf einen Stock, den der Hund apportierte. Es war eine friedvolle Szenerie, die Vuk plötzlich mit einer Sehnsucht nach anderen Zeiten erfüllte, aber er zwang sich, den Gedanken nicht weiterzuspinnen. Der Kommandant hatte ihm beigebracht, sich auf den Auftrag zu konzentrieren und alles, was ablenken könnte, fernzuhalten und sich nie von der Sehnsucht nach dem Unerreichbaren auffressen zu lassen.
Krawtschow reichte ihm die Hand, und Vuk drückte sie kurz.
»Hals- und Beinbruch«, sagte Krawtschow.
»Ja«, sagte Vuk.
»Es ist wie in alten Tagen. Als ich die Agenten in die Schlacht schickte. Euphorisch und erschreckend zugleich. Es war eine gute Zeit.«
Vuk nickte und wandte sich um, um zu gehen. Krawtschow sagte ihm noch: »Hast du was dagegen, nach Dänemark zurückzukehren?«
Vuk wandte sich wieder um und sagte beinahe träumerisch, wie es Krawtschow schien: »Überhaupt nicht. Es ist kinderleicht, in Dänemark einen Menschen zu töten.«
9
Vuk WAR GEZWUNGEN, noch weitere fünf Nächte in Berlin zu bleiben. Er verbrachte die Zeit mit Schlafen oder Fernsehen, entweder CNN oder deutsche Privatsender mit amerikanischen Filmen, in denen Cary Grant und John Wayne, Tom Cruise und
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