Der Fluch der Halblinge
ihn düster unter dichten Augenbrauen. »Es ist so«, brummte er.
»Denken wir darüber nach, wenn wir dort sind!«, schlug Màni vor, und Màr pflichtete bei. Sie stimmten ein fröhliches Lied über einen vor Liebe trunkenen Amselkönig an und ritten voraus.
Valnir, wortkarg wie immer, folgte dichtauf, als wolle er die Reise so schnell wie möglich hinter sich bringen. Fionn konnte es dem Zwerg nicht verdenken. Vorsichtig drehte er sich um, wo weit entfernt, schon lange, sehr lange nicht mehr sichtbar, Uskafeld lag.
Drei Dinge hatte Fionn dort nicht besichtigen können, obwohl Tuagh sie gerühmt hatte: die Zwergenfrau Ziba, die Brandydestille und die Brauerei. Er hoffte, das alles einmal nachholen zu können, wenn das Abenteuer überstanden und alle Bogins frei waren. Vielleicht durfte er dann sogar mit Cady zusammen nach Uskafeld reisen.
Er schmunzelte in sich hinein. Da malte er sich eine Zukunft aus, die weit jenseits aller noch bevorstehenden Schwierigkeiten und Gefahren lag, ohne dass er auch nur eine geringe Vorstellung davon hatte, wie er das alles überstehen sollte. Und es fing schon damit an, dass er den ganzen Tag und manchmal die halbe Nacht im Sattel verbringen musste.
Fionn freundete sich auch in den folgenden Tagen kein bisschen mit dem Reiten an. Gewiss, es ging schneller vorwärts, und er kam inzwischen auch einigermaßen zurecht, sodass er mittlerweile auch frei reiten konnte. Aber die Schmerzen, die er dadurch erleiden musste, waren umso größer: Die Blutzufuhr zu seinen Füßen wurde abgeschnitten, die Schwielen auf seinem Hintern nahmen immer skurrilere Formen an, und er konnte abends vor Muskelzittern kaum laufen. Es war ihm kein Trost, dass auch Valnir nach und nach Anzeichen der Anstrengung zeigte und sich zusehends vorsichtiger bewegte. Bogins waren für Pferde nicht geschaffen, schlussaus. Sie hatten große Füße, die hervorragend zum Gehen geeignet waren, sie bewegten sich in gemächlicher Geschwindigkeit, weil es keinerlei Grund gab, sich zu beeilen, und außerdem ohnehin nur dann, wenn es nutzbringend war. Die großen Leute hatten schlichtweg keine Ahnung vom wahren Leben, davon war er mehr und mehr überzeugt, und vermutlich kam es deswegen überhaupt zum Krieg: weil sie es immer eilig hatten, sich rücksichtslos durchschubsten und dabei versehentlich anderen auf die Füße traten, die nicht schnell genug zur Seite sprangen. Das nahmen sie einander übel, ein Wort gab das andere, und so fing es an. Stimmte doch, oder?
Fionn wusste sehr wohl um die jahrhundertelangen Fehden zwischen den Völkern, und auch, dass der lange Frieden den Elben und allen voran der Àrdbéana zu verdanken war. Doch das bedeutete noch lange nicht, dass alles eitel Wonne war, wie er während der Reise nach Uskafeld erfahren hatte. Die Elben selbst waren sich untereinander ebenfalls nicht uneingeschränkt wohlgesonnen. Lediglich wie es bei den Zwergen zuging, wusste Fionn nicht, denn dieses Volk lebte sehr abgeschieden und pflegte außer Handelsbeziehungen nicht viel Kontakt zu den anderen Völkern. Die Kleinen Völker waren sich untereinander zwar auch nicht allzu herzlich zugetan, doch sie würden nie auf die Idee kommen, über einen Streit hinaus einen Krieg vom Zaun zu brechen.
Es könnte alles so viel einfacher sein!
Und nun , dachte Fionn sich, bin ich also mittendrin in einem Kampf gegen einen unheimlichen Feind. Ich muss mein Volk befreien. Doch mir geht es dabei auch um die Wahrheit und um unsere Vergangenheit. Und darin stimmen meine Begleiter mit mir überein … wir alle haben große Lücken. Hoffentlich kann das Buch sie schließen . Wie und warum nur sind diese Lücken überhaupt entstanden? Hat Dubh Sùil damit zu tun? Oder nutzt Schwarzauge diese Lage für seine Zwecke aus? Viele Fragen, auf die schon viele seit Jahrzehnten nach einer Antwort suchten, schwirrten ruhelos in seinem Kopf herum.
Am Abend lagerten sie in einer Senke. Es war kühl und feucht, und Fionn sehnte den Frühling herbei, der hoffentlich nicht mehr lange auf sich warten ließ. Seine Kleidung war zwar dick und wasserabweisend, dennoch lag er fest in seine Decke gewickelt dicht am Feuer. Das harte Lager störte ihn kaum, seine Muskeln taten ihm ohnehin so weh vom Reiten, dass es darauf auch nicht mehr ankam.
Auf Blaufrost würden sie heute vergeblich warten; er hatte gestern Nacht schon angekündigt, ein gutes Stück weitergehen zu wollen und erst kurz vor Clahadus auf die Gefährten zu warten. Fionn war darüber
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