Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fluch der Halblinge

Der Fluch der Halblinge

Titel: Der Fluch der Halblinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Prisca Burrows
Vom Netzwerk:
sollte sie das hier überleben, nichts mehr so sein würde wie zuvor. Die erste Frage, die sie ihrem Herrn stellen würde, wenn alles wieder gut war, wäre: Warum bin ich ein Sklave? Und die zweite würde lauten: Lasst Ihr mich frei?
    Die Antworten würden wahrscheinlich lauten: Weil es das Oberste Gesetz vorschreibt , und: Nein, das kann ich nicht .
    Aber damit würde sie sich nicht mehr zufriedengeben. Dem Volk der Bogins wurde großes Unrecht angetan, dadurch, dass sie gänzlich rechtlos waren. Was auch immer die Ursache für all dies war, sobald sie gefunden und beseitigt war, endete auch das unfreie Leben der Bogins. Entweder kamen sie im Verlies um, oder sie waren frei, alles andere wäre nicht mehr zu ertragen.
    Meine Welt steht Kopf, und ich bin sprichwörtlich in die Finsternis gestürzt , dachte Cady. Ja, ich verstehe jetzt, warum ich diesen Weg gehen musste. Die Erinnerung an das, was sie in dem alten Verlies gesehen hatte, quoll hoch, doch sie drängte sie zurück. Nicht jetzt! Darüber nachdenken musste sie später; es genügte, dass sie im selben Moment begriffen hatte, worum es ging – um die Verteidigung ihres Volkes und eine weitere erschütternde Ungerechtigkeit.
    Alle zwanzig Schritte eine Markierung, jetzt wieder in die Wand geritzt. Sie tastete sich voran, immer darauf wartend, dass endlich Ridireans Horn erneut erklang. Eine Stunde konnte sehr lang währen, wenn man darauf wartete. Immerhin wusste sie damit: Es war dort draußen Tag oder zumindest vor Mitternacht. Sie hatte eine gewisse Orientierungsmöglichkeit.
    Cady gähnte. Erneut beschlich sie Müdigkeit, und die allgemeine Erschöpfung breitete sich immer mehr aus. Sie war die ganze Zeit hochkonzentriert und konnte nur ein wenig Feuchtigkeit von den Felsen zu sich nehmen. Ihr Magen ballte sich immer wieder wütend zusammen, weil er nichts bekam. Lange konnte sie nicht mehr durchhalten. Sie hoffte, es käme bald Licht.
    Cady fuhr zu Tode erschrocken zusammen, als ganz in ihrer Nähe plötzlich etwas polterte , oder was auch immer es für ein Geräusch war. Ihr Herz raste los, und sie erstarrte. Sie bekam keine Zeit, darüber nachzudenken, was das gewesen sein mochte. Nicht einmal Angst vermochte aufzukommen, denn im nächsten Moment erhielt sie einen so heftigen Stoß, dass sie rücklings zu Boden stürzte. Instinktiv streckte sie die Hände abwehrend vor, schlug um sich und bekam etwas zu fassen, das sich eindeutig warm und lebendig und ziemlich behaart anfühlte.
    Sie stieß einen Schrei aus und packte zu. Sie hielt fest, was sie zum Sturz gebracht hatte, aber keinesfalls größer war als sie selbst, wie sie schnell feststellte.
    Das Wesen schrie ebenfalls auf, und es klang keinesfalls wütend oder angriffslustig, sondern panisch. Genau wie Cady auch schlug es um sich, wehrte sich gegen ihren Klammergriff, trommelte auf sie ein, und schließlich rollten sie keuchend und schnaubend über den Boden. Cady schrie ein weiteres Mal, als sie kleine spitze Zähne spürte, die sich in ihren Handrücken bohrten, und ohne nachzudenken hieb sie zu, so fest sie konnte.
    Ein gedämpftes »Au!« erklang, und in diesem Moment kam Cady obenauf, klemmte das Wesen mit den Knien unter sich fest und presste ihre Hände auf seine – überraschend magere – Brust.
    »Ichkrichkeineluffmehr«, stieß das Wesen krächzend in einem Atemstoß hervor und gab jeglichen Widerstand auf.
    Cady verringerte den Druck ein wenig und beugte sich vor. Das Wesen öffnete seine Lider, und auf einmal, o Freude in dieser Finsternis, erkannte sie zwei riesige runde, fahlbleiche Augen. Dieses hauchzarte Licht allein brachte sie zum Blinzeln und ihre Augen zum Tränen, doch sie war beglückt, wieder etwas zu sehen. Fast hatte sie schon daran geglaubt, tatsächlich erblindet zu sein …
    »Wer bist du?«, fragte sie.
    »Wer bist du?«, fragte der Bleichäugige zurück.
    »Ich bin die, deren Gewicht auf dir liegt. Ich kann mich auch schwerer machen.«
    »Zicke«, murmelte der Bleichäugige. »Immer das gleiche mit euch Weibern.« Er jammerte auf, als Cady ihn an den Schultern packte und schüttelte.
    »Godas! Ich bin Godas. Ein Covkobe, wenn’s beliebt.«
    Cady ließ ihn los, blieb aber auf ihm sitzen. »Ich bin Cady, eine Bogin.«
    »Wasdunichsagst.« Der Kobold riss die Augen noch weiter auf, insofern das überhaupt möglich war. »Ich dachte, die haben euch alle …«
    »Ich bin aus dem Verlies ausgebüxt.«
    »Du bist was? «
    »Von woher sollte ich hier unten wohl

Weitere Kostenlose Bücher