Der Fluch der Halblinge
keine hatte – und das galt unter anderem für alle Elben –, musste genaue Auskunft geben.
»D-denkst du, die wissen doch von mir?«, wisperte er Tuagh zu.
»Es ist ein merkwürdiges Verhalten«, stimmte der Wanderkrieger zu. »Mit den Kleinen Völkern beschäftigen sie sich besonders, aber sie befragen auch die Elben, und die finden das nicht gut.«
Das stimmte. Die Unsterblichen erhoben zwar nicht die Stimme oder verloren gar die Fassung, aber sie zeigten sich allein durch ihre Körperhaltung äußerst indigniert.
»Ich hab’ Angst.«
»Solltest du auch haben.«
»W-was?«
»Dann bist du aufmerksam und passt auf, anstatt eine Dummheit zu begehen.«
Fionn hätte sich eine Beruhigung gewünscht, wie etwa bei dem Pferd, aber diese Antworten ließen ihn nur noch mehr innerlich zittern. »Wir … wir drehen um, und …«
»Und? Gehen zum Palast und erbitten um Erlaubnis für dich, die Stadt zu verlassen?«
»Wir kommen an denen niemals vorbei.«
»Warte es doch einfach ab, kleiner Halbling.«
»S-so einfach i-ist das nicht …«
Fionns Magen war nur noch ein einziger harter Klumpen, der sich auch noch ab und zu zusammenballte, wie eine Faust. Gab es eine Steigerung von Angst? Seit gestern erlebte er immer weitere Höhepunkte, und er wusste nicht, wohin das noch führen sollte.
Sie waren nurmehr zwanzig Schritte entfernt, vor ihnen waren drei Wagen und zwei Fußgänger an der Reihe. Der Bote, der es trotz seiner großen Eile nicht viel weiter nach vorn geschafft hatte, passierte soeben mit seinem Pferd.
Wohin, was tun? Die Wagen wurden alle durchsucht, außerdem waren die meisten ohnehin leer nach erfolgreichem Marktverkauf.
»Leere deinen Geist«, befahl Tuagh. »Mach dich überflüssig.«
»Was denkst du, was ich die ganze Zeit mache?«, zischelte Fionn verzweifelt. Er machte einen Satz zur Seite, als plötzlich jemand zu ihnen trat.
Es war die Frau mit ihrem Säugling, sie sah sich eilig um. Derzeit war niemand in unmittelbarer Nähe; hinter ihnen befand sich ein Ochsenkarren, vor ihnen ebenfalls ein Fuhrwerk. »Ich nehme ihn mit«, flüsterte sie und deutete auf Fionn. »Ich gebe ihn als meinen Sohn aus.«
Tuagh nickte nur und ging einfach weiter.
Die Frau packte den Bogin an der Schulter und zog ihn mit sich. »Bleib bloß still«, wies sie ihn leise an. »Lass mich machen. Es kann sein, dass ich dir eine Ohrfeige geben muss, also sei gefasst, den Kopf dann noch weiter sinken zu lassen.«
Sie wechselten auf die Gegenspur, die sich allmählich leerte; in wenigen Stunden würde kaum jemand mehr Richtung Stadt ziehen, weil es dann dunkel wurde. Am äußersten Rand ging die Frau mit Fionn schnell vorwärts, überholte zwei Fuhrwerke auf ihrer Seite und reihte sich mit ihm davor wieder ein.
»Warte nur, wenn ich das deinem Vater erzähle!«, schimpfte sie ihn aus und verpasste ihm eine Kopfnuss. »Und jetzt vorwärts, wir haben schon genug Zeit verpasst!«
Fionn hielt den Kopf gesenkt und stolperte neben ihr her, während sie zielstrebig auf die Wachen am Tor zuging. Noch zwei Fußgänger und ein Karren.
»Erlaube mal!«, beschwerte sich ein Wanderer, als sie an ihm vorbeidrängelte, doch sie winkte ab.
»Sei bloß still, deinetwegen werde ich bestimmt nicht zu spät nach Hause kommen, nachdem der Bengel mich schon drei Stunden aufgehalten hat!« Sie riss grob an Fionns Arm. »Dein Vater wird dich lehren, was es heißt zu trödeln!«
»Ach, geh schon vorwärts!« Der Wanderer wedelte wütend mit der Hand. »Nicht mal die eigenen Kinder in den Griff bekommen, das haben wir gern. Aber schuld sind natürlich die Männer.«
Die Frau winkte und zerrte Fionn mit sich, schnurstracks an dem Pilger vorbei, der ihnen gutmütig eine gute Reise wünschte, und dann überholten sie auch noch den letzten Wagen.
»Schluchze ein bisschen«, zischte sie ihm zu.
Der Bauer wollte sich beschweren, da verpasste sie Fionn die nächste Kopfnuss, und er fing an zu heulen; nicht zu laut, nicht zu übertrieben, sondern eben wie ein Junge, der versucht, sich die Tränen zu verkneifen, aber nicht mehr anders kann.
»Gibst du jetzt Ruhe?«, schrie sie ihn an. »Habe ich nicht genug Scherereien mit dir? Wirst du wohl endlich brav sein?«
Der Bauer winkte ab. »Ach, hat keinen Wert.« Er stieß einen Pfiff aus, der eine Wache dazu brachte, zu ihm herzusehen. »Macht bloß schnell mit der, am Ende fängt das Gör auf dem Arm auch noch zu schreien an! Und ich will endlich nach Hause.«
»Ist schon recht, hab dich nicht
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