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Der Fluch der Halblinge

Der Fluch der Halblinge

Titel: Der Fluch der Halblinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Prisca Burrows
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den Kopf. »Da kommt dein Freund ja.«
    »Er ist nicht mein …«, setzte Fionn an und verstummte.
    »Du wirst doch nicht behaupten, dass er dein Herr ist?«, erwiderte sie spöttisch.
    »Es ist mehr ein Zufall«, murmelte er. Er schaute zur Straße, und tatsächlich, da kam Tuagh. Seine Größe und die breiten Schultern waren in der Menge mühelos auszumachen.
    Die Frau stand auf und winkte, er sah sie und steuerte auf sie zu. »Dann gute Reise«, sagte sie zu Fionn, während sie ihre Sachen zusammenpackte.
    »Willst du denn nicht …«
    »Es wird Zeit für mich.« Sie schulterte schwungvoll den Beutel, nahm ihr schlafendes Kind auf den Arm und nickte Tuagh im Vorbeigehen zu.
    Er grüßte sie kurz und blieb vor Fionn stehen. »Wir müssen weiter.«
    »Hast du denn gar keinen Durst? Hunger?«, fragte der junge Bogin, während er sich die schmerzenden Beine rieb. Am liebsten hätte er die Stiefel ausgezogen, aber das wagte er nicht. Er sollte das Glück besser nicht zu sehr herausfordern.
    »Also gut, eine halbe Stunde haben wir wohl.« Tuagh ging zu dem Bierstand, hielt ein kurzes Schwätzchen mit den Wachen, während er sich zwei gefüllte Bierkrüge geben ließ, und dazu Brot und Hartwurst.
    Derart beladen kehrte er zu Fionn zurück, und sie ließen es sich schmecken, auch wenn das Brot steinhart und das Bier schal war; aber es tat gut und die Wurst schmeckte würzig. Der junge Bogin merkte sehr wohl, dass der Wanderkrieger über die Pause gar nicht so unerfreut war.
    »Wie es aussieht, kehrt morgen alles zur Routine zurück«, hatte er zu berichten. »Die Haftbefehle werden nun auch zu den anderen Städten getragen, aber es besteht wohl keine sonderliche Eile mehr. Die Kontrollen in der Stadt sind so gut wie vorüber, und jetzt geht es an die Bestandsaufnahme.«
    »Was ist mit Tiw?«
    »Nach ihm wird natürlich gesondert gesucht, eine berittene Spezialtruppe ist bereits auf dem Weg. Du musst also davon ausgehen, dass du ihn nicht mehr rechtzeitig einholst – falls es dir überhaupt gelingt, eine Spur zu finden, so unerfahren wie du bist.«
    »Danke, dass du mich daran erinnerst. Wann erreichen wir Uskafeld?«
    »Zu Fuß und bei deiner Kondition? Zwei Tage werden es schon sein, und zwei Nächte. Vielleicht auch länger.«
    Fionn ging nicht auf diese neuerliche Spitze ein; schließlich war es nur die Wahrheit – nur hören wollte er sie nicht so gern. »Und wo … werden wir nächtigen?«
    Tuagh wies um sich. »Das ganze Land steht dir zur Verfügung als Bett, und der Himmel als Zudecke. Wasser finden wir unterwegs, und Essen auch. Ein wenig Wegzehrung kann ich noch von hier mitnehmen.«
    Unter freiem Himmel schlafen. Irgendwann einmal essen, und trinken nur dann, wenn ein Bach in der Nähe war.
    Fionn war so entsetzt, dass er kein Wort mehr herausbrachte.

KAPITEL 5
    DIE WEITE DORT DRAUSSEN
    Gern gedenke ich der vergangenen Tage.
Sie bilden den Grundstein für das,
was kommen wird.
*
    Der Oberste Haushofmeister rauschte durch die Gänge. Er war äußerst aufgebracht und kurz davor, seine vornehme Haltung zu verlieren. Stakkatoartig schlug sein Stock auf den Marmor, während er dahineilte. Hofschranzen, Gesinde; alle, die ihm begegneten, wichen ihm aus, und niemand wagte, das Wort an ihn zu richten. Er war der mächtigste Mann bei Hofe und entschied nicht zuletzt darüber, wer zum Hofstaat gehörte und wer nicht, wer hier Arbeit fand, und wohin die Steuern verteilt wurden. In diesen Tagen, da die Àrdbéana erkrankt war, lastete mehr denn je auf seinen Schultern, und er war entschlossen, seine Pflicht voll und ganz zu erfüllen.
    Umso unerhörter war es, dass er nicht in alles einbezogen wurde, erst recht bei einer so bedeutenden Angelegenheit.
    Die Elbenwachen nahmen sofort Haltung an, als sie ihn näherkommen sahen. Sie bewachten den einzigen Zugang zum Verlies – zumindest offiziell. Pirmin vermutete, dass es noch geheime Zugänge gab, doch er hatte sie bisher nicht gefunden. Es existierten keine Pläne des Palastes, was er verwunderlich fand, schon allein aus historischer Sicht. Aber das konnte an der Elbenart liegen. Menschen archivierten alles, in Büchern, auf Pergament, in Stein geritzt. Elben bewahrten die Erinnerung in Gesängen – oder im Gedächtnis. Sie waren nicht kurzlebig wie die Menschen, und sie vergaßen selten etwas. Vor allem aber machten sie ihr Wissen nur sehr explizit zugänglich. Wer also nicht Bescheid wusste über den Palast, benötigte dieses Wissen auch nicht – so ihre

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