Der Fluch der Halblinge
Pferd mit dem Kopf zu stoßen.
Das Pferd wieherte und sprang jetzt nach vorn, in die Leute hinein. Nicht alle konnten rechtzeitig ausweichen; einige stürzten und rollten sich gerade noch instinktiv zur Seite, während viele andere aufschrien und versuchten, sich in Sicherheit zu bringen.
Der Reiter riss grob an den Zügeln und versuchte, sein scheuendes Tier zu bändigen, doch damit brachte er es nur noch mehr auf. Ein weiterer Galoppsprung nach vorn, und dann stieg es, schlug mit wild rollenden Augen mit den Vorderhufen um sich. Der Bote verlor den Halt und stürzte aus dem Sattel, und damit war das Pferd vollständig unkontrolliert.
Direkt vor seinen wirbelnden Hufen befand sich die junge Frau mit dem Säugling; sie konnte nicht ausweichen, weil sie zwischen zwei Wagen eingeklemmt war. Der erste Schlag verfehlte sie nur um Haaresbreite, und sie schrie auf, versuchte sich zu ducken, aber die Hufe waren einfach überall.
»Verdammt!« Tuagh stürmte nach vorn, sprang in einem gewaltigen Satz über den rechten Wagen hinweg, landete vor der Frau, drehte sich dem steigenden Pferd zu und hob die Arme.
»Holla«, sagte er laut, aber betont ruhig. »Hierher, hör mir zu!«
Er schaffte es tatsächlich, die Aufmerksamkeit des panischen Pferdes auf sich zu lenken, bewegte beschwichtigend die Arme und redete beruhigend auf es ein. Die wild ausschlagenden Vorderbeine schienen ihn nicht zu beeindrucken, obwohl sie seinem Gesicht sehr nahe waren. »Alles in Ordnung, mein Braver, ho-ho, ist ja gut. Komm nur wieder runter.«
Das Pferd hörte zu, wurde tatsächlich ruhiger und ließ sich nach vorn fallen. Es war ihm anzusehen, dass es erleichtert war; froh, dass jemand die Kontrolle übernahm und ihm sagte, was es tun sollte. Froh, dass ihm gesagt wurde, dass es keine wirkliche Gefahr gab. Prustend ließ es den Kopf sinken und schnaubte leise, als Tuagh es an der Nase berührte und sanft streichelte, während er weitere beruhigende Worte sprach. Seine Ohren gingen vor und zurück, und es stand still. Seine Flanken zitterten und es war schweißnass, doch es beruhigte sich immer mehr.
Tuagh ergriff den Zügel und hielt ihn der Frau hin, die wie erstarrt hinter ihm stand. »Hier, halte ihn. Keine Angst, er ist jetzt ganz brav.«
»Ich … ich …«, stammelte sie entsetzt, doch er ließ nicht locker.
»Nimm ihn, hab einfach Vertrauen, es ist sonst niemand in der Nähe, und ich muss jetzt jemanden verprügeln.«
Ihr Blick wandelte sich augenblicklich, sie begriff. Stumm nickte sie und ergriff die Zügel, während sie mit dem anderen Arm den Säugling leicht wiegte. Der war übrigens völlig unbeeindruckt von alldem, sondern schien die Aufregung im Gegenteil sogar spannend zu finden, denn er streckte ein Ärmchen in Richtung des Pferdes aus und gab glucksende Geräusche von sich. Damit hatte er die volle Aufmerksamkeit des Tieres gewonnen, das alles, was vorher gewesen war, schon vergessen zu haben schien.
Tuagh schwang sich über den Wagen zurück zu dem Boten, der gerade dabei war, sich hochzurappeln. Grob packte er ihn vorn am Umhang und riss ihn kraftvoll hoch. »Und du wirst jetzt dein Pferd nehmen, und mit ihm in der Straßenrinne nach vorn gehen, egal wie staubig, schlammig oder schmutzig es da sein mag. Hast du verstanden?«
Die Antwort erschien ihm zu leise, denn er schüttelte den jungen Burschen tüchtig durch. »Ich fragte:Hast du verstanden?«, schrie der Wanderkrieger.
»Ja! Ist ja schon gut, ich hab’s kapiert!«, stieß der Bote hervor.
»Dein Pferd ist sowieso am Ende, noch ein Galopp, und es bricht tot unter dir zusammen, also sei dankbar für meinen Rat.« Tuagh ließ ihn los und schubste ihn auf sein Pferd zu. Unter höhnischen, aber auch wütenden Zurufen der anderen Reisenden schlich er mit seinem erschöpften Tier davon.
Die Umstehenden bedankten sich bei Tuagh, der abwinkte. »Es geht weiter, wir sollten uns nicht aufhalten.«
Das ließen sie sich nicht zweimal sagen, und bald waren die beiden Reisenden wieder für sich unterwegs.
»Solche Aufmerksamkeit können wir uns nicht oft leisten«, brummte der Wanderkrieger. »Aber ich hatte keine Wahl.«
»Mir schlottern jetzt noch die Knie«, bekannte Fionn. Und nicht nur wegen des Pferdes, sondern auch wegen des Auftritts seines Beschützers. Nein, von den grauen Haaren durfte man sich wirklich nicht täuschen lassen!
Je näher sie dem Tor kamen, desto nervöser wurde Fionn. Er sah schon von Weitem, dass Wachen die Papiere kontrollierten. Wer
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