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Der Fluch der Hebamme

Titel: Der Fluch der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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bestimmt die Seiten gewechselt, ohne mit der Wimper zu zucken. Wahrscheinlich waren sie sogar von Anfang an Mitverschworene.
    Hartmut? Ob der alte Waffenmeister wohl noch so viel Ehrgefühl im Leib besaß, dass er zu seinem Herrn stand und dem Thronräuber Widerstand leistete?
    Otto hatte keine Ahnung, wie viele Bewaffnete Albrecht mitgebracht hatte, aber es waren sicher mehr als genug, um seine Wache zu überwältigen.
    Und wenn dieser Rutger sich so dreist an Albrechts Seite hier hereinwagte, um ihm, dem Markgrafen, die Stirn zu bieten, dann würden vermutlich Christians Sohn und Raimunds Sohn unter den Toten sein.
    Seine Augen waren nicht mehr so tüchtig wie früher, aber falls ihn nicht alles täuschte, war da ein dunkler Fleck vor der Tür – eine kaum getrocknete Blutlache.
    Hastig schlug er ein Kreuz.
    Sein Bedauern war ehrlich. Er hatte schon so viele hoffnungsvolle junge Männer sterben sehen. Jetzt erst, am Ende seines langen Lebens, überkam ihn der Kummer darüber.
    Doch noch dringender galt es herauszufinden, wer ihm helfen konnte … und Zeit zu gewinnen. Gott würde nicht dulden, dass ein Sohn sich gegen den Vater erhob.
    »Was antwortest du, Vater? Unterschreibst du gleich?«, unterbrach Albrecht seine Gedanken. »Oder möchtest du dich zuerst stärken? Heißt es nicht, dass Essen und Trinken die einzigen Vergnügungen sind, die alten Männern noch bleiben? Nun, ich will nicht undankbar sein; diese letzten Freuden seien dir vergönnt.«
    Albrecht drehte sich um und flüsterte Rutger etwas zu. Der verneigte sich, ging kurz hinaus und kehrte dann in Begleitung eines kostbar gekleideten und ebenfalls gerüsteten Mannes wieder, dessen Anblick Otto erneut erstarren ließ.
    »Dein geliebter Neffe Konrad wird mir helfen, über dein Wohlergehen zu wachen, Vater«, sagte Albrecht hämisch, während der Neuankömmling an seine Seite trat.
    Der Sohn des Grafen von Groitzsch war stämmiger als der schlanke Albrecht, aber die Ähnlichkeit zwischen ihnen war nicht zu übersehen.
    »Um bei dir, lieber Vater, keinen Zweifel am Ausmaß der Familienzwistigkeit zu wecken: Sein Vater,
dein Bruder
Dedo, der Markgraf der Ostmark, unterstützt mein Vorhaben aus vollem Herzen. Ebenso dein Schwager Bernhard von Anhalt, der Herzog von Sachsen. Beide finden es untragbar, dass du mir mein Erbe vorenthalten wolltest. Sie rieten mir sogar zu diesem Schritt.«
    Albrecht verzog herablassend die Mundwinkel. »Auf Dietrich, Mutters Liebling, hoffst du vergeblich. Unser junger Held hat ja das Kreuz genommen und ist schon auf dem Weg zu den Ungläubigen. Den siehst du nie wieder. Vielleicht modern seine Knochen schon irgendwo am Wegesrand.«
    Albrecht lachte ein hässliches Lachen und deutete auf das Pult am Fenster, auf dem Otto jetzt erst Pergament, Federkiel, ein Tintenfass und Siegelwachs wahrnahm.
    »Also, alter Mann: Mach es dir und mir leichter und unterschreib gleich. Vielleicht lass ich dann auch einen Pfaffen zu dir, damit du Gott um Vergebung dafür bitten kannst, dass du dich von einem Weib beschwatzen ließest und deinen Erstgeborenen um sein Erbe betrügen wolltest.«
    Es kostete Otto alle Beherrschung, sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr ihn das Ausmaß dieser Verschwörung erschütterte.
    Albrecht hatte recht; die Lage schien ausweglos.
    Doch er hatte Ottos Sturheit unterschätzt. Dem alten, in Kämpfen und Ränken erprobten Markgrafen fiel es im Leben nicht ein, mit seinem Sohn zu streiten oder gar zu verhandeln – solange dieser in Waffen vor ihm stand, während er beinahe nackt im Bett lag. Das war würdelos.
    Also musste er die Kerle hier erst einmal aus der Kammer hinausbekommen. Und dann würde er weitersehen. Zeit zu gewinnen war alles. Vielleicht konnte er doch jemanden mit Silber oder einem Aufruf an sein Ehrgefühl wieder auf seine Seite ziehen. Vermutlich war mancher auch nur zum Schein zu Albrecht übergewechselt.
    Er würde sein Erbe nie freiwillig an den Undankbaren abtreten. Und einen Vatermord würde Albrecht wohl doch nicht begehen. Oder?
    »Ich wünsche zu speisen!«, fauchte Otto seinen abtrünnigen Sohn an. »Und dabei erspare mir gefälligst deine fragwürdige Gesellschaft und die deiner Kumpane!«
    Überaus zufrieden mit sich, machte Albrecht kehrt und wollte gehen.
    Doch bevor er zur Tür hinaus war, rief Otto ihm etwas nach.
    »Es ist wirklich jammerschade, dass dein Weib dir nach fast vier Jahren Ehe immer noch keinen Sohn geboren hat. Die Vorstellung wäre zu schön für mich, wie

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