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Der Fluch der Maorifrau

Der Fluch der Maorifrau

Titel: Der Fluch der Maorifrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
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deutsche Arzt in holprigem Englisch. »Das war nur ein Streifschuss, doch der Zustand von Frau Peters ist kritisch. Das muss eine schlimme Attacke gewesen sein.«
    »Wird sie es überleben?«, fragte Paula ängstlich.
    »Das kann ich nicht mit Gewissheit sagen. Morgen früh wissen wir mehr. Jetzt schläft sie, aber sie darf sich nicht aufregen. Der Transport hierher war anstrengend genug für ihren geschwächten Körper.«
    Kate rührte sich nicht. Was war geschehen? Erst als der Arzt gegangen war und Paula ihr sanft die Wange streichelte, wagte sie es, die Augen zu öffnen.
    »Mein Kind, mein Kind!«, schluchzte Paula.
    »Was ist mit Manono?«, fragte Kate mit bebender Stimme.
    »Sie haben ihn erschossen!«, flüsterte Paula.
    Tränen schossen Kate in die Augen. »Und Granny, was ist mit Granny?«, schluchzte sie.
    »Ihr Herz. Es war ihr Herz. Es war alles zu viel für sie. Die Angst um dich. Sie hat sich vor euch geworfen, um euer Leben zu retten, aber sie haben sie weggeschubst und dich am Arm erwischt!«
    Kate sah Paula mit schreckgeweiteten Augen an. »Ich muss zu ihr!«, murmelte sie, bevor sie aus dem Bett sprang. Jetzt erst sah sie den weißen Verband um ihren Oberarm.
    Granny schlief, als Kate auf Zehenspitzen in das Zimmer schlich. Wie durchscheinend lag sie da. Kate zog einen Stuhl neben das Bett, setzte sich und betrachtete ihre Großmutter. Wellen der Liebe durchfluteten sie. Dann fiel ihr Blick auf ein Foto. Klara, ihre Mutter! Ein Foto. Das war alles, was Kate mit ihr verband. Eine dunkelhaarige Schönheit mit ernstem Blick. Daneben ihr Vater, ein blonder stattlicher Mann. Ihre Eltern? Granny war doch stets Vater und Mutter für sie gewesen. Zum ersten Mal in ihrem Leben verstand Kate die Strenge und Unnachgiebigkeit ihrer Großmutter. Es war bestimmt die Sorge um sie und ihre Zukunft gewesen, die sie so hatte werden lassen.
    »Ach, Granny«, stöhnte Kate leise. »Wenn ich das doch alles ungeschehen machen könnte!«
    So saß sie eine halbe Ewigkeit da und hing ihren Gedanken nach. Auch an Manono dachte sie. Ich hätte mich niemals in deine Arme werfen und Großmutter solchen Kummer bereiten dürfen. Manono! Tränen flossen ihr in Sturzbächen über das Gesicht. Sie wischte sie nicht einmal fort.
    »Meine Kate!«, wisperte Granny plötzlich und griff mit knochiger Hand nach der Hand ihrer Enkeltochter. Kate nahm sie und drückte sie vorsichtig.
    »Verzeih mir!«, flüsterte Kate tränenblind. »Ich verspreche dir, ich werde niemals heiraten!«
    »Ach, Kind, es war töricht von mir, das von dir zu verlangen«, sagte Granny angestrengt. »Ich habe gedacht, ich könnte dich auf die Weise vor dem Fluch beschützen, aber er lauert überall. Diesmal hat er sich eines Gewehrlaufs bedient ...« Sie hustete.
    Kate erschrak. Die Worte der Großmutter waren ihr unheimlich.
    »Kind, du musst kämpfen. Du bist stark. Vielleicht kannst du unsere Familie retten. Heirate, bekomme Kinder. Vielleicht wird doch noch alles gut! Und wenn es sein soll, können wir ihm ohnehin nicht entgehen.«
    Kate fuhr zusammen. Was redete Granny denn da? Ein Fluch? Was meinte sie? Sie würde nicht heiraten. Der Mann, dem ihr Herz gehörte, war tot. Sie würde nie wieder lieben.
    Granny atmete schwer. »Du musst es mir versprechen, Kate. Lebe und kämpfe! Wir können nichts weiter tun«, wisperte sie.
    »Ich verspreche es dir!«, brachte Kate heiser heraus. »Aber nun musst du erst einmal gesund werden.
    Die alte Frau nickte und flüsterte kaum hörbar: »Ich liebe dich so unendlich, mein Kind!«
 
    Mitten in der Nacht vernahm Kate ein Poltern. Sie schreckte im Bett hoch, doch dann war alles wieder still. Sie lauschte angestrengt, aber es war nichts mehr zu hören als das entfernte Rauschen des Meeres.
    Kate war beinahe wieder eingeschlafen, als eine unbestimmte Ahnung sie befiel. Plötzlich war sie schweißgebadet. Mit einem Satz sprang sie auf und lief in das Zimmer ihrer Großmutter. Das Bett war leer. Vielleicht ist sie nur ins Badehaus gegangen, dachte Kate, bemüht, die aufgewühlten Nerven zu beruhigen. Leise, um Paula nicht zu wecken, schlich sie durch den Garten, um erst im Küchen-, dann im Badehaus nach Granny zu suchen. Ohne Erfolg. Panisch rannte sie zurück zum Haus und durchsuchte alle Zimmer. Paula wachte auf und murmelte verschlafen: »Was ist?«
    »Alles in Ordnung. Schlaf weiter!«, rief Kate. Sie rannte noch einmal in den Garten hinaus und rief laut nach ihrer Großmutter. Keine Antwort. Sie lief vor das Haus auf die

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