Der Fluch der Maorifrau
Schomberger, wussten sie nicht, gegen wen sie überhaupt in den Krieg ziehen sollten. Dann endlich war es bis zu den Bewohnern von Apia durchgesickert. Russland, Frankreich und England hatten sich gegen Deutschland und Österreich verbündet. Aber was bedeutete dieser Krieg für die Kolonien? Kate war genau wie alle anderen auf bloße Spekulationen und die brodelnde Gerüchteküche angewiesen. Es wurden neuerdings zwar täglich Extrablätter verteilt, in denen die Deutschen jedoch weniger informiert als vielmehr gegen den Feind aufgehetzt wurden. Von einigen kriegsbegeisterten Deutschen ging zunehmend eine gewisse feindselige Stimmung gegen die unter ihnen lebenden Engländer aus.
Kate stand irgendwo dazwischen. Welche der beiden Kriegsparteien würde wohl als erste mit einem Schiff in den Hafen von Apia einlaufen? Die kämpferische Stimmung wurde noch dadurch geschürt, dass einige der eifrigsten Männer nachts Patrouille gingen. Sie trugen alte Gewehre, und man munkelte, sie wären nur zur Hälfte gebrauchsfähig. Um die Insel wirklich gegen Feinde zu verteidigen, bedarf es ganz anderer Mittel, dachte Kate. Hoffentlich kehrt wieder Frieden ein, bevor der Krieg auf Samoa übergreift.
Am nächsten Morgen warf Kate von der Veranda einen Blick auf den Hafen, als sie etwas am Horizont zu erkennen glaubte. Und tatsächlich, im Osten hinter Matauto, wo die Flagge des amerikanischen Konsulats wehte, qualmte eine dicke Rauchwolke. Was im ersten Augenblick noch nicht als Dampfer zu erkennen war, entpuppte sich beim näheren Hinsehen schließlich als mächtiges Kriegsschiff, denn durch die Palmenwipfel noch halb verdeckt, hob sich langsam ein bedrohlicher Gefechtmast vom klaren Himmel ab. Kate glaubte, ihren Augen nicht zu trauen. Das Meer lag ruhig in der Morgensonne, doch dort hinten tauchten immer mehr Masten auf. Rauchwolken stiegen empor und verdunkelten den Himmel gen Osten. Kate begann zu zählen: Acht Schlachtschiffe liefen in den Hafen ein! Durch das Görzglas konnte sie nun sogar erkennen, welche Nationalitäten sie besaßen. Es waren fünf englische Kreuzer, zwei große Truppentransporter sowie ein französisches Schiff. Die Würfel sind gefallen, dachte Kate. Ihr Herz klopfte ängstlich, denn eines war klar: Das Paradies würde sich mit Sicherheit verändern!
Paula, der sie diese Neuigkeit umgehend überbrachte, klatschte vor Freude in die gekrümmten Hände. »Das wurde aber auch mal Zeit, dass die Engländer sich rühren!«, rief sie erfreut.
»Lass das bloß nicht die deutschen Damen hören!«, drohte Kate scherzhaft.
Paula aber bestand darauf, aufzustehen und sich anzuziehen für den Fall, dass neuseeländische Soldaten zu Besuch kämen.
Kate blieb zu Hause bei Paula, die sich tatsächlich aus dem Bett gequält hatte. Zur Feier des Tages, wie sie sagte. Abwechselnd beobachteten sie durch das Glas ein geschäftiges Treiben am Hafen. Kleine Boote fuhren geschäftig zwischen den Schlachtschiffen und dem Kai hin und her.
Wenige Stunden später marschierte ein Trupp Soldaten, alle in braunen Loden gekleidet und mit braunen Filzhüten auf dem Kopf, am Haus vorbei.
»Die müssen sich in der Hitze ja tot schwitzen mit ihren Krawatten«, bemerkte Kate, als sie Paula bereits putzmunter rufen hörte: »Seid ihr Neuseeländer?«
Der Soldat, der die Truppe anführte, blieb stehen und antwortete. »Ja, ich bin aus Auckland.«
»Wir sind aus Dunedin«, rief Paula und winkte ihnen zu.
Zehn Männer blickten verwundert zu den beiden Frauen empor.
»Wollt ihr was trinken?«, fragte Kate, und die Antwort war ein großes Gejohle. Schon stürmten die Soldaten die Treppe zur Veranda hinauf. Kate holte ihnen ein paar Karaffen voller Saft, auf die sich die Männer wie Verdurstende stürzten. Dann erzählten sie, dass sie die Aufgabe hätten, einen geeigneten Platz für ihr Zeltlager zu finden.
Kate verwies sie auf den Strand hinter dem Haus.
Schließlich wollte der Befehlshaber wissen, was denn zwei Landsleute wie sie hier in der Kolonie des Feindes zu suchen hätten.
Kate schilderte wahrheitsgemäß, wie es sich verhielt.
»Dann sind Sie ja eine Deutsche!«, bemerkte der Anführer, der sich ihnen als Sergeant Green vorgestellt hatte, und seine joviale Freundlichkeit war wie weggeblasen.
»Bin ich nicht!«, erwiderte Kate in spitzem Ton. »Ich bin in Dunedin geboren, meine Eltern auch, und meine Großmutter ist bereits als junge Frau nach Neuseeland ausgewandert.«
»Und warum hat das Handelshaus einen
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