Der Fluch der Maorifrau
Chance. Vor allem, wenn es so köstlich aussieht wie dieses.«
Nachdem er den ersten Bissen genossen hatte, blickte Kate ihn erwartungsvoll an.
»Hervorragend. Ich werde wieder Lamm essen, aber nur, wenn Sie es zubereiten«, erklärte er charmant.
Wenn er wüsste, dass es eines der wenigen Gerichte ist, die ich überhaupt zubereiten kann, dachte sie. »Erzählen sie mir mehr von Ihrem Bruder!«, forderte sie ihn auf, um ihre Verlegenheit zu überspielen.
»Also, mein Vater kann ganz schön grausam sein. Er hat vor unserer Abreise nach Samoa ein Testament gemacht und Steven enterbt, obwohl er doch der Farmer unter uns ist. Darunter hat Steven sehr gelitten, vor allem nach dem Tod seiner Frau.«
»Er war verheiratet?«
»Ja, mit Nelly aus Invercargill. Ein nettes Mädchen, aber nun ist er mit dem Kind allein, und all das hat ihn noch verbitterter gemacht, aber jetzt ...« Bill stockte und wirkte plötzlich sehr nervös. »... jetzt hat er eine Idee, wie ihm und Ihrem Herrn Brenner zugleich geholfen werden kann.«
»Das müssen Sie mir erklären.«
Er seufzte, bevor er sagte: »Er möchte Sie heiraten, seinen kleinen Sohn herholen und hierbleiben, sodass keiner ihm je verwehren würde, Ihren deutschen Pflanzer zu behalten.«
»Er will was?« Kate starrte Bill ungläubig an.
»Schauen Sie mich nicht so an. Ich bin nur der Überbringer dieser Botschaft.«
»Bill, was halten Sie von der Idee?«
»Ich weiß nicht, ich ...«, stammelte er.
»Bitte, Ihre Meinung ist mir wichtig.« Sie sah ihn flehend an.
Bill jedoch wich ihrem Blick aus, überlegte einen Augenblick und suchte den Augenkontakt schließlich bewusst, bevor er mit fester Stimme erklärte: »Ich habe eine andere Idee. Sie überlassen meinem Bruder die Plantage, er behält Ihren Herrn Brenner, und ich wandere mit Ihnen in St Clair am Meer entlang, gehe mit Ihnen über die satten grünen Wiesen und schlendere mit Ihnen durch die Princes Street.«
Als er Kates entgeistertes Gesicht sah, beeilte er sich hinzuzufügen: »Ich möchte Ihnen auf keinen Fall zu nahe treten. Und wenn Sie mir heute Morgen gesagt hätten, dass ich heute Abend einer Frau einen Heiratsantrag machen würde, dann hätte ich Sie für verrückt erklärt, aber ich wusste es schon, als Sie zur Tür hereinkamen, dass Sie etwas Besonderes sind.«
»Ja!«, hauchte Kate.
Bill sah sie fragend an: »Bedeutet das, Sie werden meine Frau?«
»Ja!«, rief sie nun laut aus. »Ja!«
Zugleich sprangen sie von ihren Sesseln auf und fielen sich in die Arme. Sie küssten sich. Wieder und immer wieder.
»Bill, wir sind verrückt«, juchzte Kate zwischen zwei Küssen.
»Endlich weiß ich, warum ich mit dem Heiraten stets gezögert habe. Weil ich auf dich gewartet habe. Ich wusste doch die ganze Zeit, dass meine zukünftige Frau irgendwo da draußen herumläuft und nur noch nicht den Weg zu mir gefunden hat.« Bill strahlte über das ganze Gesicht.
»Das müssen wir sofort Paula erzählen«, rief Kate voller Übermut und nahm ihn bei der Hand.
»Wer ist Paula?«, fragte Bill, aber da hatte sie ihn schon mit sich zu Paulas Zimmer gezogen. Ohne anzuklopfen, stürmten sie hinein.
Paula lag noch wach.
»Darf ich dir meinen zukünftigen Mann vorstellen: Bill!«, erklärte Kate lachend.
Bill streckte der verdutzten Paula die Hand entgegen und sagte: »Dann sollte ich wohl bei der Großmutter auch noch einmal um die Hand der Enkelin anhalten. Darf ich?«
Ein Lächeln huschte über Paulas Gesicht. Weder sie noch Kate korrigierten Bills Irrtum.
Prüfend musterte Paula den Fremden: »Auf den ersten Blick würde ich sagen. Es passt. Ein hübsches Paar. Ich finde es wunderbar. Und ganz unter uns, ihr seid ja beide nicht mehr in dem Alter, in dem ihr allzu lange warten solltet, wenn ihr noch eine Familie gründen wollt. Das Kind ist bereits fünfundzwanzig. Und Sie, Bill?«
»Paula, das fragt man doch nicht!«, ermahnte Kate sie lachend.
»Ich muss doch wissen, wie alt der Mann meiner Enkelin ist!«
»Natürlich sollen Sie das wissen. Neunundzwanzig«, erklärte Bill bereitwillig.
»Na, dann wird es ja höchste Zeit für die Ehe!«, sagte Paula sichtlich erfreut und streckte die spindeldürren Arme fordernd nach Bill aus. »Lass dich umarmen, mein Junge!«
Bill ließ sich von der alten Paula herzlich drücken.
Nachdem sie ihn wieder losgelassen hatte, fragte sie: »Hast du auch einen Nachnamen, Bill?«
»Selbstverständlich. Bill McLean aus Dunedin, beziehungsweise von einer Farm hinter
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