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Der Fluch der Maorifrau

Der Fluch der Maorifrau

Titel: Der Fluch der Maorifrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
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hatte. Seinetwegen und weil die Liebe überhaupt so wehtun konnte.
    Aber sie verbot sich das Selbstmitleid, denn sie musste plötzlich an Kates kämpferischen Geist denken. Was hatte Kate für Schicksalsschläge einstecken müssen! Der böse Fluch! Sophies Verstand wehrte sich immer noch dagegen, dass er wirklich solche Macht über ihre Familie besaß. Doch konnte es Zufall sein, dass Männer und Kinder starben? Ein ungeheuerlicher Gedanke durchzuckte sie. Ob ich dazu verdammt bin, die Letzte der Familie zu sein? Wie soll ich Kinder bekommen, wenn ich nicht einmal in der Lage bin, den richtigen Mann zu finden?
    Sophie wandte sich hastig von ihrem Spiegelbild ab, das sie jetzt mit düsterer Miene anstarrte. Werde bloß nicht sonderbar!, redete sie sich ins Gewissen.
    In der Küche schlang sie ein Brot mit Marmelade herunter und trank einen Kaffee. Es zog sie magisch zu den Aufzeichnungen, doch als sie bereits auf der Treppe nach oben war, kehrte sie um und ging zielstrebig auf den Schrank mit den teuren Farben zu. Ohne zu zögern, nahm sie alles, was sie zum Malen brauchte, mit auf die Terrasse. Planlos begann sie, mit den Formen und Farben zu experimentieren, bis sie selbst überrascht war, was sie dort auf das Papier gebracht hatte. Ein Aquarell, das in leuchtenden Farben Pakeha zeigte!
    Plötzlich meinte sie, John kommen zu hören. Es war das unverkennbare Geräusch seines Range Rover. Und da sah sie ihn auch schon. Sie hatte Angst, ihr Herz würde aussetzen, aber dann bemerkte sie die Baseballkappe. Das war nicht John Franklin! Grenzenlose Angst überfiel Sophie. Das war derselbe Wagen, der sie gestern bis zum Supermarkt verfolgt hatte! Aber ehe sie sich von ihrem ersten Schrecken erholt hatte, wendete das Auto bereits und fuhr mit aufheulendem Motor in Richtung Ocean Grove davon.
    Wie betäubt blieb Sophie in ihrem Korbsessel sitzen, bis das Klingeln des Handys sie aus den Gedanken riss. Ein Blick auf das Display zeigte ihr, dass es nicht John war, sondern Judith. Mit belegter Stimme meldete Sophie sich.
    Sie erschrak, als Judith mit tränenerstickter Stimme fragte: »Können wir uns heute Abend sehen?«
    »Kannst du zu mir nach Ocean Grove kommen? Ich bin in Pakeha .«
    Schluchzend erklärte ihr Judith, sie komme überallhin, wenn sie nur nicht allein sein müsse, und fügte entschuldigend hinzu: »Ich möchte dich aber nicht schon wieder mit meinen Privatangelegenheiten nerven. Nur dieses Mal, fürchte ich, könnte es dich sogar persönlich interessieren.«
    »Du nervst nie, und du triffst genau den richtigen Zeitpunkt! Mir geht's auch nicht besonders.«
    »Dein Verlobter?«
    »Nein, dein Kollege!«
    Judith sagte nur »Oh!« und versprach, gleich nach der Arbeit bei ihr zu sein.
    Sophie merkte, dass ihre Hände zitterten. Sie musste sich ablenken, aber womit? Und was, wenn der unheimliche Kerl zurückkehrte, bevor Judith eingetroffen war? Sie atmete ein paarmal tief ein und aus, um sich zu beruhigen. Es half! Sophie wusste jetzt, womit sie sich ablenken würde. Eilig holte sie die Aufzeichnungen hervor und begann begierig weiterzulesen. Sofort vergaß sie alles ringsumher.

 
Apia, Oktober bis November 1914
 
    Die Nachricht von Kate McDowells bevorstehender Hochzeit mit »dem Neuseeländer« hatte sich unter den deutschen Frauen wie ein Lauffeuer verbreitet. Selbst die Tatsache, dass einige deutsche Männer bereits in Gefangenenlagern auf die Fidschi-Inseln und nach Solmes Island in Neuseeland gebracht worden waren, war nicht mehr so interessant wie die Tatsache, dass Kate McDowell sich mit »dem Feind« verlobt hatte.
    Kate konnte es kaum mehr erwarten. Sie studierte gerade den Menüplan für ihren großen Tag, als sie Maria auf das Haus zusteuern sah.
    Sie will mir bestimmt endlich gratulieren, mutmaßte Kate erfreut, denn Maria hatte noch nichts von sich hören lassen, obwohl sie wie alle anderen eine Einladung zur Hochzeit erhalten hatte, die morgen stattfinden würde. Kate legte den Plan zur Seite und breitete ihre Arme weit aus, um ihre Freundin zu begrüßen, doch Maria ignorierte diese Geste und fragte vorwurfsvoll: »Wie kannst du so etwas bloß tun? Hast du denn gar keine Ehre im Leib?«
    Kate sah sie entgeistert an. Wenn Gertrude Wohlrabe solche Worte im Mund führte, nun gut, das war sie gewohnt, aber Maria?
    »Hat dir dein Schwiegervater ein Verslein mitgegeben, das du hier aufsagen sollst?«
    »Nein, mein Schwiegervater ist bereits auf Solmes Island. Die deutschen Beamten werden alle interniert.

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