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Der Fluch der Maorifrau

Der Fluch der Maorifrau

Titel: Der Fluch der Maorifrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
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Christian ihr über Haar und Wangen strich oder gar den Arm um sie legte. Allerdings erkundigte er sich nun bei jeder Gelegenheit nach ihrem Wohlergehen und versuchte, ihr jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Seit er von ihrem Zustand wusste, war er auch nicht mehr ganz so wortkarg. Dabei wirkte er fast rührend unbeholfen. Neulich war er noch einmal in die Stadt geritten, nur um ihr Lammfleisch zu besorgen, auf das sie einen unbändigen Appetit entwickelt hatte und das sie, kaum dass Paula es zubereitet hatte, nicht hatte anrühren können. Christian verlor kein böses Wort darüber, sondern ertrug ihre Launen mit Gleichmut.
    Auch als sie sich bei ihm beklagte, dass ihr Kind in einer Hütte zur Welt kommen werde, hatte Christian sofort gehandelt. Noch im Juni, bevor der Winter einbrach, waren sie in eine wetterfeste Unterkunft gezogen. Ihr Anwesen oben am Berg war noch immer nicht fertig, und deshalb hatte ein Freund von John McDowell ihnen sein Haus zur Verfügung gestellt, da er wegen des Todes seines Bruders überstürzt nach Europa reisen musste. »Solange ich in Glasgow bin, könnt ihr hier wohnen!«, hatte er Anna und Christian angeboten. Anna war überglücklich gewesen. Das Haus war zwar nicht annähernd so prächtig wie das von Mary, aber es lag im Stadtzentrum, in der Princes Street. Es war im schottischen Stil aus Stein gebaut, hatte einen riesengroßen Salon, den man als Tanzsaal benutzen konnte, besaß mehrere Kamine und einen Garten.
    Anna war einige Male mit Christian auf der Baustelle ihres Hauses gewesen, aber große Fortschritte hatte der Bau nicht gemacht. Christian hatte ihr jedoch hoch und heilig versichert, dass das Haus im nächsten Sommer fertig sein und den schönsten Ausblick der ganzen Stadt haben würde.
 
    In der Princes Street wurde am 26. Oktober 1863 Annas Tochter Klara geboren. Mary McDowell hatte Anna eine zuverlässige Hebamme organisiert, der Mary an jenem Frühlingstag - selbst hochschwanger mit ihrem zweiten Kind - assistierte. Nach dem Einsetzen der Wehen ging alles ganz schnell. Das Baby folgte vier Stunden später ohne Komplikationen. Anna weinte vor Glück, als sie das kräftige Brüllen ihres Kindes hörte.
    Christian saß währenddessen nervös vor einem Glas Portwein im Salon - bis Mary ihm die erlösende Nachricht brachte, dass Anna ihm eine gesunde Tochter geschenkt hatte. Sosehr er sich auch bemühte, Freude zu zeigen, konnte er die Enttäuschung, dass es kein Sohn geworden war, kaum verhehlen. Wie enttäuscht wird er erst sein, wenn er sieht, was für ein schwaches zartes Geschöpf seine Tochter ist!, dachte Mary. Sie hoffte inständig, dass er es wenigstens schaffte, seine Enttäuschung vor seiner geschwächten Frau zu verbergen.
    Anna war viel zu erschöpft und glücklich, um zu bemerken, dass ihr Mann das Baby mit abschätzigen Blicken maß. Nein, sie schwebte geradezu im siebenten Himmel, seit Mary ihr das frisch gewaschene kleine Wesen mit den langen Wimpern und dem auffallend schwarzen Flaum auf dem Kopf in den Arm gelegt hatte. Sie wollte das kleine Mädchen gar nicht mehr loslassen.
    »Willkommen auf der Erde, meine kleine Klara!«, raunte Anna dem Säugling zu, nachdem Christian das Zimmer wieder verlassen hatte, und drückte ihn zärtlich an sich. Dann fügte sie kaum hörbar hinzu: »Auf dass die Engel dich beschützen, was auch immer geschehen mag!« Das Kind begann in diesem Augenblick lauthals zu schreien. Die durchdringende Stimme wollte ganz und gar nicht zu diesem zarten Wesen passen.
    »Du musst ihr was zu trinken geben«, sagte Mary zärtlich und half ihrer Freundin, das Baby an die Brust zu legen. Mit lautem Schmatzen sog es die Milch der Mutter ein.
    Seit Anna wusste, dass sie schwanger war, hatte sie sich ein Mädchen erhofft. Sie verschwendete nicht den geringsten Gedanken daran, dass ihre Tochter sehr zerbrechlich wirkte, nein, sie liebte dieses Geschöpf vom ersten Moment an bedingungslos mit jeder Faser ihrer Seele. Und das, obwohl Klara das ganze Gegenteil von Marys vor Gesundheit nur so strotzendem Timothy war.
    Allein für den Bruchteil von Sekunden war Anna beim Anblick des pechschwarzen Flaums auf dem Kopf ihres Töchterchens ein wenig zusammengezuckt, weil sowohl sie als auch Christian blondes Haar besaßen. Unwillkürlich dachte sie an Hine und den Fluch, aber dann fiel ihr das pechschwarze Haar von Onkel Rasmus ein. Er hatte einmal erzählt, dass auch ihr Vater, sein Bruder Klemens Wortemann, tiefschwarzes Haar besessen habe.
    Mein

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