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Der Fluch der Schriftrollen

Der Fluch der Schriftrollen

Titel: Der Fluch der Schriftrollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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kleine Zwietracht zwischen
ihnen. Simon und Jakobus wetteiferten miteinander um die absolute Vorherrschaft
bei den Armen. Wenn sie in einer Sache unterschiedlicher Meinung waren,
entstand sofort eine hitzige Debatte, und jeder von beiden erhob Anspruch auf
das letzte Wort. Dies war zunächst kein größeres Problem, doch später, als
Simon und Jakobus sich in ihren Auffassungen immer weiter auseinanderlebten,
wurde der Kampf um die oberste Führungsposition bei den Armen immer heftiger
geführt.
    So waren Simon und Jakobus zu
dieser Zeit sehr beschäftigte Leute. Der Tag der Rückkunft schwebte fast schon
über uns. Es konnte schon morgen sein, und sie befürchteten, nicht genug Juden
für ihre Sache gewonnen zu haben, bevor unser Meister als König in Jerusalem
Einzug hielt. Simon und Jakobus bekämpften die Idee, auch Heiden in die Gruppe
aufzunehmen, und sie wetteiferten miteinander um die absolute Kontrolle über
die Gemeinschaft.
    Es war auch eine Zeit, in der
leider viele von uns begannen, zum Schwert zu greifen. Zeloten in ganz Galiläa
und Judäa sorgten für wachsende politische Spannungen mit unseren römischen
Oberherren, und wir befürchteten, daß ein offener Konflikt ausbrechen könnte, bevor
unser Meister zurückkehrte.
    Im Vergleich zu dem, was
später passierte und was du miterlebtest, mein Sohn, waren diese noch keine
gefährlichen Zeiten. Damals wurde erst die Saat der Unruhe ausgebracht, und ein
paar widrige Winde verbreiteten sie übers ganze Land. Als das Wasser plötzlich
aus dem siedenden Kessel hervorbrach, warst du Augenzeuge davon.
    Meine Liebe zu Sara wurde
immer stärker. Ich vermochte ihr keinen Einhalt mehr zu gebieten. Als man Saul,
meinen Freund, endlich für fähig erachtete, das Gesetz seinerseits zu lehren,
und Eleasar ihm den Titel Rabbi verlieh, legte Saul den Tag der Hochzeit fest.
Diese Nachricht zerriß mir die Seele, als ob hungrige Löwen darin wüteten.
Rebekka war so aufgeregt, als wäre sie selbst die Braut, und verbrachte viele
Tage bei Sara, um ihr bei den Vorbereitungen zu helfen. Saul und Sara besuchten
uns häufig, denn wir waren ihre besten Freunde, und ich fühlte mich jedesmal
wie ein kranker Hund. Ich schmachtete nach Sara. Ich sehnte mich nach ihr, wie
ich mich nie zuvor nach einer Frau gesehnt hatte. Meine Liebe wurde zur
flammenden Leidenschaft und dann zur nackten Begierde, und ganz egal, wie sehr
ich in meinem Olivenhain unter der Sonne schwitzte oder betete, bis ich
Schwielen an den Knien bekam, das heftige Verlangen, Sara zu besitzen, wurde
nur noch stärker. Daß sie ebenso litt wie ich, konnte man deutlich in ihren
Augen erkennen. Und einmal, als sich unsere Hände zufällig berührten, sah ich
eine tiefe Röte ihre Wangen bedecken. Nachts träumte ich lange von ihr. Ich
warf mich hin und her, wie vom Fieber befallen. Und ich betete, daß ich am Tage
ihrer Hochzeit imstande sein möge, meinen Leib und meine Seele von dieser
Besessenheit zu befreien. Eines schönen Tages begab es sich, daß Rebekka nach
Jerusalem ging, um ihre Mutter und ihre Schwestern zu besuchen, während ich
allein bei der Ölpresse zurückblieb. Ich wußte, daß Saul schon im Tempel weilte
und nach Schülern Ausschau hielt, damit er seine eigene Schule begründen
könnte. Mein Verwalter war in Jerusalem mit dem Öl, das wir zuletzt gepreßt
hatten, und meine wenigen Sklaven hielten im Schatten ihren Mittagsschlaf. Und
so schien es ganz so, als ob das Schicksal Sara an diesem Tag den Pfad
heraufführte. Als ob unsere Sterne schon vor langer Zeit, in der Stunde unserer
Geburt, zwangsläufig miteinander verbunden worden wären. Ich trat aus dem
Schatten heraus ins Sonnenlicht und glaubte meinen Augen nicht zu trauen. Es
war, als ob ein Traumbild sich mir näherte.
    Mit heruntergelassenem
Schleier und niedergeschlagenen Augen wünschte mir Sara einen guten Tag und
erklärte, sie habe Rebekka und mir einen Korb voll Honigkuchen mitgebracht.
Süße Honigkuchen, die sie gerade gebacken hatte und die noch warm waren. Als
ich ihr sagte, daß Rebekka das Haus verlassen habe und ich allein sei, schlug
Sara ihre Augen zu mir auf, und mein Herz begann zu singen.
    »Nimm einen Kuchen«, forderte
sie mich auf und hielt mir den Korb hin. »Sie sind mit Honig, geriebenem
Johannisbrot und den feinsten Nüssen bereitet.«
    Aber ich konnte nicht essen.
Mein Mund war trocken und mein Hals wie zugeschnürt. Mein Herz raste wie das
eines kleinen Jungen. »Komm, setze dich in den Schatten«, lud ich sie ein

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