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Der Fluch der Schriftrollen

Der Fluch der Schriftrollen

Titel: Der Fluch der Schriftrollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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murmelte er, als versuchte er, zu verstehen.
    »Ben, komm jetzt. Iß einen
Krapfen und trink einen Schluck Kaffee. Du mußt jetzt wieder zu dir kommen,
weil ich möchte, daß du mir etwas erklärst.«
    Er richtete seinen stumpfen
Blick auf sie. »Und meine Brille…« Während sie gegen den inneren Drang
ankämpfte, zu schreien und ihn durch einen Klaps in die Wirklichkeit
zurückzubeordern, zwang sie sich dazu, ihm ruhig eine Tasse Kaffee
einzuschenken. Er trank sie gehorsam und ohne weitere Regung.
    »Es gibt
etwas, das ich an dieser Rolle nicht verstehe«, sagte sie laut und versuchte,
ihn damit aus der Reserve zu locken. »Wann wurde sie geschrieben?«
    Er gab keine Antwort, sondern
fuhr fort, zu trinken und vor sich hin zu starren.
    »Ben, wann wurde die Rolle
geschrieben?« Sie legte eine Hand auf seinen Arm. »In welchem Jahr ist David
nach Rom gefahren?«
    Endlich trafen Bens Augen die
ihren, und er begann langsam, sie klar und deutlich vor sich zu sehen. »Was?«
    »Das Jahr, in dem David in
Rom war? Welches Jahr war das? Wir haben eine Lücke zwischen Rolle neun und
dieser hier, weil wir Rolle zehn verloren haben. Wir sind in der Zeit
vorangeschritten. David war in der letzten Rolle zwanzig Jahre alt, und Sauls
Sohn war gerade geboren worden. Jetzt sind sie alle älter…«
    »Ach, das meinst du«,
erwiderte Ben sachlich. »Das läßt sich leicht herausfinden. Wie alt, sagte
David, war der Kaiser?«
    »Sechsundzwanzig.«
    »Und in welchem Jahr wurde
Nero geboren?«
    »Ich weiß nicht.«
    Ben stand plötzlich auf, lief
ins Arbeitszimmer und kam eine Minute später mit einem Lexikon zurück. Er
blätterte bereits darin, als er wieder seinen Platz auf der Couch einnahm.
»Nero… Nero… Nero…« brummte er, während er die Seiten überflog. »Da haben
wir’s.« Er schlug mit der Hand auf die entsprechende Stelle. »Geboren im Jahr
siebenunddreißig nach unserer Zeitrechnung.« Ben reichte Judy das Buch. Das
aufgeschlagene Kapitel trug die Überschrift »Lucius Domitius Ahenobarbus
(Nero)«. Der erste Abschnitt bezifferte die Lebensdaten des Kaisers mit
siebenunddreißig nach Christus bis achtundsechzig nach Christus.
    »Jetzt mußt du nur
sechsundzwanzig zu siebenunddreißig hinzuaddieren, dann kommst du auf
dreiundsechzig. Das ist das Jahr, in dem David in Rom war, im Jahr
dreiundsechzig unserer Zeitrechnung. Das bedeutet, daß Rolle Nummer zehn
wahrscheinlich die dazwischenliegenden acht Jahre abdeckte. In dieser Zeit muß
sich eine Menge ereignet haben. Saras Bekehrung zu den Armen, zunehmender
Wohlstand für David. Hingegen scheint es nicht so, daß Saul ebenfalls dem Heer
der Nazaräer beigetreten ist. Ich frage mich, warum wohl…«
    Judy schaute
Ben forschend an. Plötzlich schien er wieder er selbst zu sein, als ob wenige
Minuten vorher überhaupt nichts gewesen wäre. Sie beobachtete ihn, als er sich
eine zweite Tasse Kaffee einschenkte und sich daran machte, einen Krapfen zu
verzehren. »Rolle zehn«, sprach er mit vollem Mund weiter, »ergänzte diese
fehlenden Jahre. Ich bedaure sehr, sie nicht zu haben.«
    »Aber es
bleiben uns ja immerhin noch sieben Jahre.«
    Ben nickte. Er wirkte jetzt
ruhig, entspannt und unbeschwert. Was auch immer ihn noch eine Minute vorher
bedrückt hatte, jetzt war es vergessen und wie weggeblasen. »Die nächsten
beiden Rollen werden diese sieben Jahre ausfüllen. Und sie werden die
abscheuliche Tat enthüllen, die David beging. Er wird uns auch Aufschluß
darüber geben, warum er kurz davor steht zu sterben.«
    Judy nickte nachdenklich und
starrte in ihre Tasse. Es fiel ihr schwer, mit Bens abrupten
Persönlichkeitsschwankungen fertigzuwerden. Es war nicht leicht, ihm zu folgen,
zu wissen, wie man ihn anpacken mußte oder was man als nächstes zu erwarten
hatte. Als er endlich seine Tasse abstellte und verkündete: »Ich bin todmüde«,
war sie sehr erleichtert.
    »Ich gehe ins Bett. Morgen
ist auch noch ein Tag, und wir werden eine weitere Rolle erhalten.« Ben erhob
sich von der Couch und reckte seinen langen, mageren Körper. Dann hielt er
einen Augenblick inne, um auf Judy herabzuschauen, und bemerkte aufs neue, wie
klein sie doch wirkte. »He«, sagte er sanft, »es ist spät. Wir müssen uns
schlafen legen.«
    Aber Judy schüttelte den Kopf.
Das Schlimmste an Bens plötzlichen Stimmungsänderungen war, daß er sie gar
nicht wahrnahm. Sie wollte fragen: »Was war vor ein paar Minuten mit dir los?
Was bringt dich dazu, daß du den Bezug zur Wirklichkeit

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