Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fluch der Schriftrollen

Der Fluch der Schriftrollen

Titel: Der Fluch der Schriftrollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
Vom Netzwerk:
Einschenken jedoch
ließ ihn sein eigenes Pfeifen in seiner Tätigkeit innehalten. Bestürzt stellte
er Glas und Flasche hin und starrte finster auf die kahle Wand.
    Warum um alles in der Welt
war er plötzlich so glücklich? Er lief zur Küchentür und blickte von dort quer
durchs Wohnzimmer in sein Arbeitszimmer. Im Halbdunkel konnte er gerade noch
seine Schreibtischecke und die Lehne seines Drehstuhls wahrnehmen. Auf dem
Schreibtisch lag sein Übersetzungsheft wie ein weißer Fleck.
    Ben verharrte eine Weile im
Kücheneingang und blickte durch die stille Wohnung. Er starrte ins Leere und
spürte, wie ein unheimliches Gefühl Besitz von ihm ergriff. Er bekam eine
Gänsehaut, und die Haare an den Armen und im Nacken standen ihm zu Berge. Eine
furchterregende Kälte erfüllte den Raum. Jetzt wußte er es.
    Langsam ging er zurück ins
Arbeitszimmer und blieb einen Meter vom Schreibtisch entfernt stehen. Zuerst
schaute er auf das Foto von dem beschädigten Papyrus, dann auf seine
Übersetzung. Die Worte »am nächsten Tag erhielten Saul und ich den Bescheid,
daß wir unsere Lehre bei Rabbi Eleasar antreten könnten« fielen ihm wieder ein.
    Und jetzt wußte er es genau.
    Diese Worte
hatten ihm eine riesige Freude bereitet. Als ob es mir passiert wäre,
flüsterte er, über das Foto gebeugt. »Deswegen war ich gestern in einer so
guten Stimmung. Es war, als wäre ich in Rabbi Eleasars Schule
aufgenommen worden.« Ben kniff die Augen fest zusammen, und merkwürdigerweise
fröstelte es ihn. Er rieb sich die kalten Arme und zitterte hemmungslos. Die
gestrige Freude war nicht meine eigene gewesen, dachte er, es war Davids Freude
gewesen. Davids Freude… Ben öffnete die Augen und blickte wieder auf die
aramäischen Worte. Ein Gefühl, als habe er eine Brücke überquert, als sei er an
einem Punkt angelangt, an dem es kein Zurück mehr gab, ließ ihn erschauern.
    Er versuchte, diese
Empfindung abzuschütteln, die einen warnenden Beigeschmack hatte, und zwang
sich zu einem Lachen. Dann sagte er laut zu sich selbst: »Ich glaube, jetzt bin
ich völlig übergeschnappt.« Aber seine Stimme klang blechern, das Lachen fast
wie ein Röcheln. »O David«, murmelte er mit einem Schauder, »was machst du nur
mit mir?«
     
     
    Es war nicht das erstemal,
daß Ben von einem Klopfen an seiner Tür aufwachte. Während er mühsam die Augen
aufschlug und versuchte, sich zurechtzufinden, konnte Ben sich nicht
vorstellen, wer ihn zu einer solch ungewöhnlichen Stunde sprechen wollte. Dann
bemerkte er, daß er keine Ahnung hatte, wie spät es eigentlich war. Er schwang
sich aus dem Bett und schleppte sich barfuß ins Wohnzimmer, gerade rechtzeitig,
um zu sehen, wie Angie hereinkam und die Tür hinter sich schloß. Sie trug einen
Hosenanzug aus Baumwolle und hatte ihr Haar kunstvoll mit einem Schal
hochgebunden.
    »Hallo, Liebling«, rief sie
strahlend und stellte ihren Handkoffer auf dem Couchtischchen ab. »Hallo«,
erwiderte er verwirrt.
    Sie küßte ihn auf die Wange,
tätschelte ihn auf die andere und ging zur Küche. »Irgend etwas sagt mir, daß
wir heute morgen nicht rechtzeitig fortkommen.«
    »Was?« murmelte er. »Wozu
fortkommen?«
    Angie blieb an der Küchentür
stehen. »San Diego, erinnerst du dich? Du wirst dieses Wochenende ein
gefallenes Mädchen aus mir machen. Das hast du versprochen.« Dann ging sie in
die Küche und begann herumzuklappern. »Ich hoffe, du glaubst nicht an den Wetterbericht«,
hörte er sie aus der Küche rufen, »denn es wäre eine gute Entschuldigung dafür,
achtundvierzig Stunden in einem Motel zu verbringen!«
    Ben stand mitten im
Wohnzimmer und fragte sich: »San Diego?« Angie streckte ihren Kopf aus der Tür.
»Willst du hier frühstücken oder unterwegs?«
    »Nun, ich…«
    »Gute Idee. Kaffee hier und
was zu essen unterwegs. So gefällt es mir. Vielleicht in San Juan Capistrano.
In der Nähe der Mission gibt es ein entzückendes Café im spanischen Stil…« Noch
mehr Geschirrgeklappere kam aus der Küche, und schließlich tauchte Angie wieder
auf. »Der Kaffee braucht nur eine Minute zum Durchfiltern. Geh duschen, und
wenn du herauskommst, ist er fertig.«
    »Angie…«
    Sie blieb vor einem Spiegel
stehen, um ihre Frisur zu richten. »Hm?«
    »Angie, wir können nicht
fahren.«
    Sie hielt mitten in der
Bewegung inne. »Was willst du damit sagen?«
    »Ich will damit sagen, daß
ich heute vielleicht die fünfte Rolle bekomme.«
    Angie ließ langsam die Arme
sinken und drehte sich zu ihm um. »Ach

Weitere Kostenlose Bücher