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Der Fluch der Sphinx

Titel: Der Fluch der Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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gewesen. Als sie vom Westufer ins Hotel zurückgekehrt war, lagen dort für sie zwei Mitteilungen bereit. Eine von Yvon und eine von Achmed. Bei beiden handelte es sich um Einladungen. Die Entscheidung war ihr schwergefallen, aber zuletzt hatte sie Yvon den Vorzug gegeben, weil sie hoffte, er wüßte etwas Neues über die verschwundene Sethos-Statue. Am Telefon hatte er ihr gesagt, sie wollten zusammen im Speisesaal des New Winter Palace Hotel speisen, und er werde um acht Uhr dort sein. Aus keinem nennbaren Grund bat sie ihn, sich lieber im dortigen Foyer zu treffen.
    Yvon trug einen dunkelblauen zweireihigen Blazer und eine weiße Leinenhose; sein volles braunes Haar war sorgfältig gekämmt. Er bot Erica den Arm, als sie den Speisesaal betraten.
    Das Restaurant war noch nicht alt, aber es wirkte dekadent, sein stilloses Dekor ließ auf den vergeblichen Versuch schließen, hier einen europäischen Speiseraum nachzuahmen. Aber Erica vergaß ihre Umgebung bald, als Yvon ihr Geschichten aus seiner Kindheit in Europa erzählte. Die Art, wie er sein förmliches und sehr kühles Verhältnis zu seinen Eltern schilderte, erweckte eher einen komischen als beklagenswerten Eindruck.
    »Und wie ist es Ihnen ergangen?« fragte Yvon und suchte in seiner Jacke nach den Zigaretten.
    »Ich komme aus einer völlig anderen Welt.« Erica senkte ihren Blick und ließ ihren Wein im Glas kreisen. »Ich bin in einer Kleinstadt im amerikanischen Mittelwesten aufgewachsen. Wir waren eine kleine Familie und standen uns immer sehr nahe.« Erica preßte ihre Lippen zusammen und zuckte die Achseln.
    »Ach, aber Sie müssen doch noch mehr zu erzählen haben«, half ihr Yvon mit einem Lächeln weiter. »Ich will natürlich nicht neugierig sein … fühlen Sie sich bitte nicht verpflichtet, mir irgend etwas zu verraten.«
    Erica hatte keinen Grund zur Geheimnistuerei. Sie konnte sich nur nicht vorstellen, daß es Yvon groß interessierte, etwas aus Toledo in Ohio zu hören. Und sie hatte absolut keine Lust, über den Tod ihres Vaters zu sprechen, der bei einem Flugzeugunglück umgekommen war, oder über die Tatsache, daß sie sich mit ihrer Mutter nicht verstand, weil sie einander zu ähnlich waren. Sie hörte lieber Yvon zu.
    »Waren Sie jemals verheiratet?« fragte Erica.
    Yvon lachte und musterte Ericas Gesicht. »Ich bin verheiratet«, antwortete er gleichmütig.
    Erica schaute zur Seite aus Angst, er könnte in ihren Augen die Enttäuschung lesen. Sie hätte es sich denken können.
    »Ich habe sogar zwei hübsche Kinder«, fügte Yvon hinzu. »Jean Claude und Michelle. Ich bekomme sie bloß praktisch nie zu sehen.«
    »Nie?« Die Vorstellung, die eigenen Kinder niemals zu sehen, war für Erica unfaßbar. Sie blickte auf; sie hatte sich wieder in der Gewalt.
    »Ich besuche sie selten. Meine Frau zieht es vor, ihr Leben in St. Tropez zu verbringen. Sie schätzt Einkaufsbummel und Sonnenbaden, wogegen ich derlei Genüsse nur begrenzt liebe. Die Kinder sind in einem Internat und im Sommer in St. Tropez. Und so …«
    »Und so hausen Sie ganz allein in Ihrem Château«, lachte Erica fröhlich.
    »Nein, dort ist es fürchterlich öde. Ich habe ein nettes Apartment in der Rue Verneuil in Paris.«
    Erst beim Kaffee zeigte Yvon sich dazu bereit, über die Statue Sethos’ I. oder Abdul Hamdis Tod zu reden.
    »Ich habe Ihnen diese Fotos zur Begutachtung mitgebracht«, sagte er, holte fünf Bilder aus der Jackentasche und legte sie Erica hin. »Ich weiß, Sie haben Abdul Hamdis Mörder nur für eine Sekunde gesehen, aber kommt Ihnen eines dieser Gesichter bekannt vor?«
    Erica betrachtete aufmerksam nacheinander die Aufnahmen. »Nein«, sagte sie schließlich. »Aber das heißt nicht, daß keiner von diesen Männern dabei war.«
    »Verstehe«, sagte Yvon und nahm die Fotografien wieder an sich.
    »Ich wollte bloß keine Möglichkeit auslassen. Sagen Sie, Erica, hatten Sie eigentlich noch andere Schwierigkeiten, seit Sie in Oberägypten sind?«
    »Nein … außer, daß ich – und darüber bin ich mir ziemlich sicher – verfolgt werde.«
    »Verfolgt?« sagte Yvon überrascht.
    »Anders kann ich es mir nicht erklären. Im Tal der Könige habe ich heute einen Mann gesehen, der mir schon mal im Ägyptischen Museum begegnet ist. Es ist ein Araber mit einer großen Hakennase, schiefem Grinsen und einem spitz abgebrochenen Schneidezahn.« Erica hob die Lippen und deutete auf ihren entsprechenden rechten Zahn. Die Gebärde veranlaßte Yvon zu einem Lächeln,

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