Der Fluch der Sphinx
wollte vor einem unsichtbaren, grauenvollen Geschöpf fliehen, aber ihre Bewegungen wurden immer langsamer. Als sie erwachte, hatte sie sich in den Bettdecken und Laken verstrickt, offensichtlich hatte sie sich im Schlaf tüchtig herumgeworfen und gewälzt.
Sie stieg aus dem Bett und öffnete die Fenster, um die morgendliche Frische einzulassen. Sobald die Luft ihr Gesicht kühlte, schwanden die Nachwirkungen des Traumes. Sie seifte sich stehend in der großen Badewanne ab, denn aus irgendeinem Grund verfügte das Hotel über kein Heißwasser, und als sie fertig war, zitterte sie regelrecht vor Kälte.
Nach dem Frühstück verließ Erica das Hotel, um den Curio Antique Shop zu suchen. Sie nahm ihre Segeltuchtasche mit dem Blitzlichtgerät, der Polaroidkamera und den beiden Reiseführern mit. Sie trug eine bequeme weite Hose aus Baumwolle, in Kairo gekauft, um jene zu ersetzen, die sie im Serapeum zerrissen hatte.
Auf der Shari Lukanda merkte sie sich im Vorbeischlendern die Namen der Läden, die sie bereits besucht hatte. Der Curio Antique Shop war nicht dabei. Ein Ladeninhaber, den sie wiedererkannte, gab ihr die Auskunft, der Curio Antique Shop befinde sich in der Shari el Muntazah, nahe dem Hotel Savoy. Erica fand die Gegend und den Shop ohne große Mühe. Gleich neben dem Curio Antique Shop stand ein mit Brettern vernagelter Laden. Sie konnte nicht den vollen Namen lesen, aber sie erkannte das Wort »Hamdi« und wußte, um wessen Geschäft es sich hier handelte.
Entschlossen packte sie ihre Segeltuchtasche fester und betrat den Curio Antique Shop. Das Sortiment an Antiquitäten war reichhaltig, bestand allerdings, wie sie bei näherer Begutachtung feststellte, hauptsächlich aus Fälschungen. Ein französisches Pärchen hielt sich gerade im Laden auf und feilschte erbittert um eine kleine Bronzefigur.
Das interessanteste Stück, das Erica sah, war eine schwarze Uschebti-Figur in Mumienform und mit sehr fein gemalten Gesichtszügen. Ihr Sockel fehlte, und deshalb lehnte die Figur in einer Ecke des Regals. Sobald die Franzosen gingen, ohne die Bronze zu kaufen, kam der Ladeninhaber zu Erica herüber. Er war ein Araber von vornehmer Erscheinung, mit silbergrauem Haar und säuberlich gestutztem Schnurrbart.
»Ich bin Lahib Zayed«, stellte er sich vor und wechselte umstandslos von der französischen zur englischen Sprache über. »Kann ich Ihnen helfen?«
Erica fragte sich, wonach er ihre Staatsangehörigkeit beurteilt hatte.
»Ja«, sagte sie. »Ich würde mir gerne diese schwarze Osirisdarstellung näher anschauen.«
»Ach ja! Eines meiner besten Stücke. Aus dem Grab eines Edelmannes.« Er hob die Figur behutsam mit den Fingerspitzen von dem Regal.
Während er ihr den Rücken zukehrte, leckte Erica rasch an ihrem Finger. Als er ihr die Figur reichte, tat sie so, als sei nichts gewesen.
»Seien Sie vorsichtig«, sagte Zayed. »Es ist ein zerbrechliches Stück.«
Erica nickte und rieb heimlich Ihren Finger über die Figur. Ihre Fingerkuppe blieb sauber. Der Farbstoff war fest. Sie besah sich die Bearbeitung und die Art, wie man die Augen gemalt hatte. Das waren die entscheidenden Punkte. Schließlich war sie von der Echtheit der Figur überzeugt.
»Neues Reich«, erklärte Zayed und hielt sie vor Erica in gewissem Abstand hoch, damit Erica sie richtig würdigen könne. »So etwas bekomme ich nur ein- oder zweimal im Jahr herein.«
»Wieviel?«
»Fünfzig Pfund. Normalerweise würde ich mehr verlangen, aber von Ihnen nicht, weil Sie so schön sind.«
Erica lächelte. »Ich zahle vierzig«, sagte sie, da sie genau wußte, daß er gar nicht damit rechnete, den anfänglich geforderten Preis zu erhalten. Außerdem waren schon die vierzig Pfund eigentlich mehr, als sie ausgeben durfte, aber sie wollte als eine ernsthafte Kundin angesehen werden. Dazu kam, daß ihr die Figur auch gefiel. Selbst wenn sie sich später doch als gerissene Fälschung herausstellen sollte, war sie immer noch dekorativ. Sie einigten sich auf einundvierzig Pfund.
»Ich bin im Auftrag einer größeren Institution hier«, sagte Erica, »und an besonders schönen Stücken interessiert. Haben Sie irgend etwas Außergewöhnliches?«
»Möglicherweise habe ich einige Dinge, die Ihnen gefallen könnten. Aber wollen wir uns nicht setzen, während ich sie Ihnen zeige? Möchten Sie vielleicht einen Pfefferminztee trinken?«
Erica überkam Angst und Unruhe, als sie das Hinterzimmer des Curio Antique Shop betrat. Sie mußte das Bild, wie
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