Der Fluch der Sphinx
Moschee.«
»Kenne ich auch«, sagte Erica.
»Ach, das ist ja hervorragend. Dann dürften Sie eigentlich gar keine Schwierigkeiten haben. Seien Sie heute bei Anbruch der Dunkelheit vor der Moschee. Ein Antiquitätenhändler, also jemand wie ich, wird sich dort mit Ihnen treffen und Ihnen die Statue zeigen. Die ganze Sache ist ganz einfach.«
»Na gut«, meinte Erica.
»Noch etwas«, fügte Lahib hinzu. »Wenn Sie am Westufer angelangt sind, ist es am besten, Sie mieten ein Taxi, das vor dem Dorf auf Sie wartet. Bieten Sie dem Fahrer ein Pfund extra. Andernfalls haben Sie nachher Schwierigkeiten, zur Fährstelle zurückzukommen.«
»Vielen Dank«, sagte Erica, von Lahibs Fürsorge echt gerührt.
Lahib sah Erica nach, wie sie über die Shari el Muntazah die Richtung zum Winter Palace Hotel einschlug. Einmal drehte sie sich um, und er winkte. Dann schloß er eilig die Ladentür und verriegelte sie mit einem Holzbalken. In einer unter den Dielen verborgenen Grube verstaute er seine besten Antiquitäten und ältesten Töpferwaren. Anschließend verschloß er die Hintertür von außen und machte sich auf den Weg zumBahnhof. Er war sicher, daß er den Neunzehn-Uhr-Zug nach Aswan noch bekommen konnte.
Während Erica am Ufer entlang zu ihrem Hotel spazierte, fühlte sie sich erheblich wohler als vor ihrem Besuch im Curio Antique Shop. Ihre Erwartung auf ein Mantel-und-Degen-Stück war anscheinend haltlos. Lahib Zayed war offen, freundlich und umsichtig gewesen. Ihre einzige Enttäuschung war, daß sie die Statue nicht sofort, sondern erst am Abend sehen durfte. Erica blickte zum Himmel und schätzte, wieviel Zeit ihr noch bis zum Sonnenuntergang blieb. Sie hatte noch eine Stunde Zeit, völlig ausreichend, um ins Hotel zu gehen und für die Fahrt nach Kurna die Jeans anzuziehen.
In der Nähe des majestätischen Tempels von Luxor, der nun von einer modernen Stadt eingekreist wurde, blieb Erica unvermittelt stehen. Sie hatte überhaupt keinen Gedanken mehr an ihren wandelnden Schatten verwandt. Falls der Mann ihr immer noch folgte, konnte das ihren ganzen schönen Plan verderben. Ruckartig drehte sie sich um und suchte die Straße nach ihm ab. Sie hatte ihren Verfolger vollkommen vergessen. Zahlreiche Fußgänger waren in Sichtweite, aber kein hakennasiger Mann in schwarzem Anzug. Erica schaute erneut auf die Uhr. Sie mußte wissen, ob er ihr immer noch nachstellte. Sie strebte hinüber zum Tempel, kaufte rasch eine Eintrittskarte und durchquerte das Eingangstor des Tempels. Als sie den majestätischen Hof Ramses’ II. betrat, der mit einer Doppelreihe von Schriftsäulen ausgestattet war, bog sie sofort nach rechts ab und suchte die kleine Kapelle des Gottes Amun auf. Von dort aus konnte Erica sowohl den Eingang wie auch den Hof beobachten. Ungefähr zwanzig Leute waren in ihrer Nähe, zumeist damit beschäftigt, eifrig die Standbilder Ramses’ II. zu fotografieren. Erica setzte sich eine Wartezeit von fünfzehn Minuten. Falls sich innerhalb dieser Frist niemand zeigte, wollte sie ihren Anhang vergessen.
Sie spähte ins Innere der Kapelle, um sich einen Eindruck von den Reliefs zu verschaffen. Sie stammten aus der Zeit von Ramses II. und waren weniger kunstvoll bearbeitet als die in Abydos. Sie erkannte Darstellungen von Amun, Mut und Khonsu. Als Erica ihre Aufmerksamkeit wieder dem Hof widmete, fuhr sie zusammen. Khalifa war in einer Entfernung von nur fünf Metern vor ihr um die Ecke des Eingangstors gebogen. Er war genauso überrascht wie sie. Seine Hand zuckte in die Jackentasche nach der Pistole, aber in letzter Sekunde besann er sich, und sein Gesicht verzerrte sich zu einem verlegenen Halblächeln. Dann entschwand er ihren Blicken.
Erica blinzelte. Sobald sie sich vom Schrecken erholt hatte, stürmte sie aus der Kapelle und lugte in den Korridor zwischen den Säulenreihen. Khalifa war verschwunden.
Erica rückte den Gurt ihrer Tasche auf der Schulter zurecht und verließ eilig das Tempelgelände. Sie wußte, daß sie in Schwierigkeiten war und dieser Mann ihr alles verderben konnte. Sie erreichte die Esplanade am Nil und schaute in beide Richtungen. Sie mußte ihn unbedingt abhängen, und als sie erneut auf ihre Armbanduhr sah, merkte sie, daß sich bereits die Zeit verknappte.
Das einzige Mal, bei welchem Khalifa ihr nicht folgte, war ihr Besuch im Dorf Kurna mit ihrer anschließenden Wanderung über den Hügelkamm der Wüste ins Tal der Könige gewesen. Erica überlegte, daß sie diesen Weg nun in
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