Der Fluch der Sphinx
Schultern und ging zur Tür.
Sie öffnete sich nur langsam und gab den Blick auf den Innenhof frei. Die Fassaden der Moschee schienen den Sternenglanz anzuziehen und widerzuspiegeln, denn im Innenhof war es heller als auf der Dorfstraße. Erica sah keinen Menschen.
Sie trat über die Schwelle und schloß hinter sich die Tür. Nichts regte sich in der Moschee, kein Laut ließ sich vernehmen. Nur gelegentliches Hundegebell aus dem Dorf war zu hören. Schließlich tat Erica unter einem der Bogengänge ein paar Schritte. Die Tür zu den Räumen der Moschee war verschlossen. Erica folgte dem Verlauf des kurzen Säulengangs und klopfte an die Tür zur Unterkunft des Imam. Nichts rührte sich; das Gebäude war menschenleer.
Erica betrat wieder den Hof. Man mußte tatsächlich mittlerweile zu der Auffassung gekommen sein, daß sie nicht mehr käme. Sie blickte hinüber zum Ausgang. Doch anstatt ohne Umstände wieder zu gehen, kehrte sie unter den Säulengang zurück und setzte sich, den Rücken ans Gemäuer der Moschee gelehnt. Vor ihr umrahmte ein Bogen einen Ausschnitt des Innenhofs. Jenseits der Mauern konnte Erica den östlichen Himmel sehen, der in Ankündigung des Mondaufgangs hell schimmerte.
Erica kramte in der Segeltuchtasche, bis sie die Zigaretten fand. Um sich Mut zu machen, zündete sie sich eine an und schaute, solange das Streichholz noch brannte, auf ihre Armbanduhr. Inzwischen war es zwanzig Uhr fünfzehn.
Während der Mond aufging, wurde es paradoxerweise im Innenhof dunkler. Je länger Erica dort saß, um so öfter spielte ihre Phantasie ihr Streiche. Jedes Geräusch aus dem Dorf ließ sie hochfahren. Nach einer Viertelstunde hatte sie vom Herumsitzen die Nase voll. Sie stand auf und klopfte sich den Staub hinten von ihrer Hose ab. Sie überquerte den Hof und riß die hölzerne Tür zur Dorfstraße auf.
»Miss Baron«, sprach eine Gestalt in schwarzem Burnus sie an. Der Mann stand gleich vor der Tür zum Moscheegebäude auf der ungepflasterten Dorfstraße. Da der Mond dicht hinter seiner Schulter schwebte, vermochte Erica sein Gesicht nicht zu erkennen. Er verbeugte sich, ehe er weitersprach. »Ich bitte die Verspätung entschuldigen zu wollen. Bitte kommen Sie mit.« Er lächelte und entblößte große Zähne.
Es wurde nicht weiter gesprochen. Der Mann, den Erica für einen Nubier hielt, führte sie hügelauf über das Dorf hinaus. Sie folgten dabei dem Verlauf eines von vielen Trampelpfaden, und im Widerschein des Mondlichts von den hellen Felsen und dem Sand kamen sie gut voran. Sie passierten einige rechteckige Graböffnungen.
Der Nubier schnaufte allerdings stark, und als er endlich vor einem schrägen Einschnitt in der Felswand stehenblieb, war er merklich erleichtert. Am Fuß der Felswand befand sich ein von einem schweren Eisengitter versperrter Zugang. Am Gitter hing ein Schild mit der Nummer 37.
»Verzeihen Sie bitte, aber Sie müssen hier ein paar Augenblicke warten«, sagte der Nubier. Bevor Erica irgendwie reagieren konnte, trat er den Rückweg nach Kurna an.
Erica blickte der Gestalt nach, die sich entfernte, dann betrachtete sie die eiserne Gittertür. Sie drehte sichum und wollte etwas sagen, aber der Nubier war bereits so weit entfernt, daß sie hätte schreien müssen.
Erica schritt den kurzen Zugang hinab, packte die Eisengitter und rüttelte daran. Das Schild mit der Zahl 37 klapperte, ansonsten jedoch gab das Gittertor nicht nach; es war abgeschlossen. Erica konnte gerade noch ein paar altägyptische Wandverzierungen erkennen.
Sie drehte sich um und kehrte an ihren vorherigen Standort zurück. Sie verspürte wieder jene starke Unruhe, unter der sie vor ihrem Besuch im Curio Antique Shop gelitten hatte. Sie stand am Rande des Grabzugangs und sah den Nubier drunten im Dorf verschwinden. In der Ferne bellten einige Hunde. In ihrem Rücken spürte sie die unheilvolle Nähe der überhängenden Felswand.
Plötzlich hörte sie hinter sich ein helles metallisches Klicken. Furcht ließ ihre Knie weich werden. Dann vernahm sie ein gräßliches Scharren von Stahl auf Stahl. Am liebsten wäre sie Hals über Kopf davongelaufen, aber sie war zu jeder Regung außerstande, während ihre Phantasie ihr die fürchterlichsten Dinge vorgaukelte, die aus dem Grab zum Vorschein kommen mochten. Das eiserne Gittertor schloß sich wieder, und sie hörte Schritte sich nähern. Langsam zwang sie sich zum Umwenden.
»Guten Abend, Miss Baron«, begrüßte sie die Gestalt, die auf sie zukam. Sie trug
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