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Der Fluch der Sphinx

Titel: Der Fluch der Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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Taschenlampe fallen sehen, ehe das Zündhölzchen erlosch und ihr die Fingerspitzen versengte. Sie zündete ein anderes Streichholz an und bemächtigte sich in seinem unsteten Schein der Taschenlampe. Die Glasscheibe war zerbrochen, aber die Glühbirne noch intakt. Hoffnungsvoll drückte Erica den Schalter, und die Glühbirne leuchtete auf.
    Ohne sich überhaupt die Zeit zu lassen, um über ihre Situation nachzudenken, eilte sie zur Treppe hinauf und ließ den Lichtkegel über die Verschlußplatte wandern. Der Granitblock paßte mit geradezu unglaublicher Präzision an den vorgesehenen Platz. Sie stemmte sich dagegen. Aber der Stein war kalt und unbeweglich, so wie der ganze Berg.
    Erica stieg wieder die Treppe hinab und begann mit der Erkundung der Gruft. Die beiden Türöffnungen führten aus der Vorkammer in eine Grabkammer zur Linken und rechts in einen Lagerraum. Zuerst schaute sie sich in der Grabkammer um. Sie war leer bis auf einen recht grobschlächtig gearbeiteten Sarkophag. Die Decke war dunkelblau gestrichen, und im Dunkelblau saßen etliche hundert goldene fünfeckige Sterne; die Wände waren mit Szenen aus dem Buch der Toten verziert. An der rückwärtigen Wand konnte Erica nachlesen, in wessen Gruft sie stand: Es war die Grabstätte von Ahmose, Schreiber und Wesir unter Pharao Amenhotep III.
    Als sie ihr Licht auf den Sarkophag richtete, sah Erica am Boden inmitten eines Haufens von Lumpen einenSchädel liegen. Widerwillig trat sie näher. Die Augenhöhlen waren nur noch schwarze Löcher, und der Unterkiefer hatte sich gelöst, so daß er der Kieferpartie einen Ausdruck erstarrter Qual verlieh. Die Kiefer besaßen noch alle Zähne. Der Schädel stammte keinesfalls aus dem Altertum.
    Während sie über den Totenschädel gebeugt stand, erkannte Erica, daß sie es mit den Überresten eines kompletten Leichnams zu tun hatte. Die Leiche lag neben dem Sarkophag wie zum Schlaf zusammengekrümmt. Durch die zerfallenen Kleidungsstücke ließen sich die Rippen und die Wirbelsäule erkennen. Direkt unterm Schädel sah Erica Gold glitzern. Zaghaft langte sie hin und hob den Gegenstand auf. Es handelte sich um einen 1975er Ring von der Yale University. Behutsam legte Erica ihn zurück und richtete sich auf.
    »Also schauen wir uns mal nebenan um«, sagte Erica laut zu sich selbst und hoffte, der Klang ihrer eigenen Stimme könne ihr Mut einflößen. Sie wollte nicht nachdenken, jetzt noch nicht, und solange es hier unerforschte Räumlichkeiten zu erkunden gab, beabsichtigte sie, sich ihnen zu widmen, um ihren Verstand von der harten Wirklichkeit ihrer Lage abzulenken. Sie spielte Touristin und ging in die nächste und letzte Kammer. Sie besaß die gleichen Ausmaße wie die Grabkammer, war allerdings bis auf einige Steine und etwas Sand vollkommen leer. Die Malereien stellten ägyptisches Alltagsleben dar, so wie in der Vorkammer, aber sie waren unvollendet. An der rechten Wand hatte man eine großflächige Ernteszene angefangen; die Figuren waren in rötlichem Ocker gehalten. In Bodenhöhe verlief ein breiter Streifen von weißem Putz quer über die Wand, wahrscheinlich für Hieroglyphen gedacht. Nachdem sie den Raum rundum ausgeleuchtet hatte, kehrte Erica zurück in die Vorkammer. Allmählich fehlte es ihr an Beschäftigung, und die eiskalte Furcht drohte übermächtig zu werden. Sie sammelte ihre verstreut herumliegenden Habseligkeiten vom Boden auf und packte sie wieder in die Segeltuchtasche. Weil sie dachte, es könnte ihr vielleicht doch etwas entgangen sein, erklomm sie nochmals die Treppe bis zum Granitblock. Plötzlich packte sie das pure Entsetzen, und obwohl sie ihre Angst zu bändigen versuchte, hämmerte sie im nächsten Augenblick mit beiden Fäusten gegen den Stein.
    »Hilfe!« schrie sie mit voller Kraft. Der Schrei hallte von den steinernen Flächen wider und echote durch die Abgründe der Gruft. Dann hüllte sie wieder Schweigen ein, erneut umgab sie absolute Stille. Ihr war zumute, als benötigte sie dringend frische Luft. Sie atmete mühsam. Sie klatschte mit einer Handfläche an den Granitklotz, immer wieder und immer kraftvoller, bis die Hand schmerzte. Tränen stiegen ihr in die Augen, und sie drosch weiter auf den Granit ein, während Schluchzen ihren Körper schüttelte.
    Dieser Verzweiflungsausbruch ermüdete sie, und zuletzt sank sie langsam auf die Knie, weinte dabei noch immer hemmungslos. Alle Ängste von Verlassenheit und Tod drangen plötzlich in ihr Bewußtsein, und sie zitterte

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