Der Fluch der Sphinx
als der Transport in Baumwollballen über Alexandria.«
Stephanos nickte und wandte sich an Yvon. »Eine kluge Frau. Und sie hat recht. Mein Verfahren ist viel besser, als die Antiquitäten in Baumwollballen zu verstecken. War das wirklich dein Plan? Meine Güte, das kann doch bloß ein- oder zweimal gutgehen!«
Erica räkelte sich. Ihr war klar, daß sie Yvon davon überzeugen mußte, sie hätte ein rein persönliches Interesse an den Altertümern. »Morgen kann ich euch zeigen, wo die Sethos-Statue aufbewahrt wird.«
»Wo denn?« erkundigte sich Yvon.
»In einem unnumerierten Fürstengrab auf dem Westufer. Die Lage ist sehr schwierig zu beschreiben. Ich muß es euch zeigen. Es liegt oberhalb des Dorfes Kurna. Außerdem werden dort noch eine ganze Menge anderer schöner Stücke aufbewahrt.« Erica holte den goldenen Anhänger mit Sethos’ Kartusche aus der Tasche ihrer Jeans. Sie warf ihn lässig auf einen Tisch. »Meine Belohnung dafür, daß ich die Sethos-Statue wiedergefunden habe, soll sein, daß Stephanos für mich diesen Anhänger außer Landes bringt.«
Yvon begutachtete den Halsschmuck. »Ein exquisites Stück«, bemerkte er.
»Es gibt dort noch viel mehr von der Sorte, manche sind noch wesentlich besser als das da. Aber ich konnte mir’s nicht leisten, mehr einzustecken. Aber nun möchte ich erst mal ein Bad nehmen und mich gründlich ausruhen. Falls das noch niemandem aufgefallen sein sollte: Ich habe einen anstrengenden Abend hinter mir.« Erica trat zu Yvon und küßte ihn auf die Wange. Das war das Schwerste, was sie sich auferlegte. Sie dankte Khalifa für seine Hilfe im Garten. Dann marschierte sie hocherhobenen Hauptes zur Tür.
»Erica …«, sagte mit ruhiger Stimme Yvon.
Sie drehte sich um. »Ja?«
Für einen Moment herrschte Schweigen. »Vielleicht willst du lieber hier bei mir bleiben?« fragte Yvon. Anscheinend war er sich noch unschlüssig, wie er sich verhalten sollte.
»Heute nacht bin ich einfach zu müde«, antwortete Erica. Der Sinn von Yvons Bitte schien offenkundig zu sein. Stephanos grinste hinter vorgehaltener Hand.
»Raoul«, rief Yvon, »du sorgst mir heute nacht für Miss Barons Sicherheit.«
»Ich glaube, ich komme alleine klar«, sagte Erica und öffnete die Tür.
»Ich möchte, daß Raoul dich begleitet«, beharrte Yvon. »Nur sicherheitshalber.«
Evangelos’ Leichnam lag noch im Mondschein neben dem Swimmingpool, als Erica und Raoul zum alten Winter Palace Hotel hinübergingen. Der Tote sah aus, als schliefe er, wenn man von dem Blut unter seinem Kopf absah, von dem ein wenig ins Wasser geronnen war. Erica wandte den Blick ab, als Raoul hinzutrat, um sich von Evangelos’ Tod zu überzeugen. Plötzlich sah sie Evangelos’ halbautomatische Pistole noch auf den Fliesen liegen.
Erica warf Raoul einen verstohlenen Blick zu. Er war gerade dabei, Evangelos umzudrehen. »Herrgott« murmelte er, ohne Erica anzuschauen, »Khalifa ist einfach phantastisch! Genau zwischen die Augen.«
Erica bückte sich und hob die Pistole auf. Sie war schwerer als angenommen. Ihr Zeigefinger legte sich um den Abzug. Das Mordwerkzeug war ihr zuwider und flößte ihr Furcht ein. Noch nie zuvor hatte sie eine Pistole in der Hand gehalten, und das Wissen um die tödliche Wirkung der Waffe ließ sie beben. Sie machte sich nichts vor. Niemals würde sie wirklich abdrücken können. Dennoch drehte sie sich um und sah Raoul zu, wie er sich aufrichtete und die Hände abwischte. »Er war tot, ehe er auf die Schnauze fiel«, bemerkte Raoul und wandte sich Erica zu. »Ah, ich sehe, Sie haben seine Pistole gefunden. Geben Sie sie mir, ich lege sie ihm in die Hand.«
»Keine Bewegung«, sagte Erica langsam und deutlich.
Raouls Blick flog zwischen Ericas Gesicht und der Pistole hin und her. »Erica, was …?«
»Mund halten. Zieh die Jacke aus.«
Raoul gehorchte und ließ seinen Blazer auf die Fliesen fallen.
»Jetzt zieh dir das Hemd über den Kopf«, befahl Erica.
»Erica …«, begann Raoul erneut.
»Los!« Sie hielt die Waffe mit gestrecktem Arm auf ihn gerichtet. Raoul riß sich das Hemd aus der Hose und zog es sich umständlich über den Kopf. Darunter trug er ein ärmelloses Unterhemd. Unter der linken Achselhöhle hatte er eine kleine Pistole geschnallt. Erica trat hinter ihn und nahm die Waffe aus dem Halfter, warf sie in den Swimmingpool. Als sie die Pistole ins Wasser klatschenhörte, zögerte sie einen Moment, aus Sorge, Raoul könne wütend sein. Aber dann wurde sie sich der
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