Der Fluch der Sphinx
mitspielen würde. Ungeduldig entzündete er sich eine Zigarette, blies den Rauch mit Nachdruck an die Zimmerdecke.
»Stephanos, komm raus und sag mir, was ich von hier aus alles sehen kann.«
»Meine Güte«, stöhnte Stephanos gedämpft. Widerwillig erhob er sich und gesellte sich zu ihr. Deborah lehnte sich so weit über die Brüstung, wie es ging, und deutete die Ermonstraße hinab.
»Ist das der Platz der Verfassung, den man dort sieht?«
»Richtig.«
»Und das ist die Ecke des Parthenon.« Deborah zeigte in die entgegengesetzte Richtung.
»Du blickst voll durch.«
»O Stephanos, es ist herrlich.« Sie sah zu ihm auf, schlang die Arme um seinen Hals und schaute ihm ins breitflächige Gesicht. Vom ersten Moment an, als er sie auf der Plaka angesprochen hatte, hatte er – ihr gefallen. Tiefe Lachfalten verliehen seinem Gesicht Charakter, und er trug einen dichten Bart, der nach Deborahs Empfinden seine Männlichkeit erhöhte.
Es beunruhigte sie noch etwas, mit diesem Fremden in seine Wohnung gegangen zu sein, aber irgendwie fand sie es – weil es in Athen geschah und nicht in Sydney – gar nicht so schlimm. Außerdem verstärkte die leichte Unruhe das Aufregende an diesem Erlebnis.
»Was tust du eigentlich, Stephanos?« erkundigte sie sich; das Hinauszögern steigerte noch ihre Erwartung.
»Spielt das eine Rolle?«
»Es interessiert mich bloß. Aber du mußt es mir nicht verraten.«
»Ich bin Inhaber eines Reisebüros, Aegean Holidays, und nebenbei betätige ich mich ein bißchen als Schmuggler. Aber hauptsächlich lauere ich den Frauen auf.«
»Oh, Stephanos, bleib ernst.«
»Bin ich. Mein Reisebüro läßt sich ganz bequem leiten, aber zusätzlich schmuggle ich Maschinenteile nach Ägypten hinein und Antiquitäten heraus. Aber meistens, wie gesagt, schaue ich schönen Frauen nach. Das ist die einzige Tätigkeit, deren ich nie müde werde.«
Deborah sah in Stephanos’ dunkle Augen. Zu ihrer Überraschung erhöhte die Tatsache, daß er eingestand, ein Frauenheld zu sein, die verbotene Lust ihrer Bekanntschaft. Sie preßte sich an ihn.
Stephanos gelang eigentlich fast alles, was er in die Hand nahm. Er spürte, wie ihre Hemmungen schwanden. Zufrieden hob er sie auf seine Arme und trug sie zurück in die Wohnung. Er schritt am Wohnzimmer vorbei, direkt ins Schlafzimmer. Ohne auf Gegenwehr zu stoßen, zog er ihr die Kleidung aus. Im blauen Licht sah sie in ihrer vollkommenen Nacktheit entzückend aus.
Stephanos stieg aus seinen Hosen, beugte sich über Deborah und küßte zärtlich ihre Lippen. Sie breitete die Arme aus, um ihn an sich zu drücken.
Plötzlich begann das Telefon gleich neben dem Bett erschreckend laut zu klingeln. Stephanos schaltete die Beleuchtung ein und schaute auf die Uhr. Es war fast Mitternacht. Irgend etwas stimmte nicht.
»Geh du dran«, befahl Stephanos.
Erstaunt blickte Deborah ihn an, aber folgsam nahm sie den Hörer ab. Sie meldete sich nach englischer Art mit »Hallo?« und wollte dann sofort Stephanos den Hörer reichen; sie flüsterte ihm zu, es sei ein Auslandsgespräch. Stephanos winkte ab und raunte, sie solle erst feststellen, wer anrufe. Gehorsam lauschte Deborah, erfragte den Namen des Anrufers und legte eine Hand über den Hörer.
»Aus Kairo. Ein Monsieur Yvon Julien de Margeau.«
Stephanos riß den Hörer an sich, und in seiner Miene vollzog sich ein schneller Wechsel von anscheinender Fröhlichkeit zu reiner Berechnung. Deborah schrak zurück, bedeckte ihre Nacktheit. Als sie sein Gesicht nun so sah, erkannte sie, daß es ein Fehler gewesen war, sich mit diesem Mann einzulassen. Sie versuchte, ihre Kleidungsstücke einzusammeln, aber Stephanos saß auf ihrer Jeans.
»Du wirst mir nicht einreden können, du wolltest mitten in der Nacht mit mir bloß ein bißchen plaudern«, sagte Stephanos gereizt.
»Du hast recht, Stephanos«, entgegnete ruhig Yvon. »Ich möchte von dir einiges über Abdul Hamdi erfahren. Kennst du ihn?«
»Natürlich kenne ich den Scheißkerl. Was ist mit ihm?«
»Hast du mit ihm Geschäfte gemacht?«
»Das ist eine reichlich persönliche Frage, Yvon. Worauf willst du hinaus?«
»Hamdi ist heute ermordet worden.«
»Das ist aber bedauerlich«, bemerkte Stephanos hämisch. »Aber was geht das mich an?«
Deborah bemühte sich noch immer um ihre Jeans. Zaghaft stemmte sie eine Hand gegen Stephanos’ Rücken und zog mit der anderen an einem Hosenbein. Stephanos spürte die Störung, doch entging ihm der Zweck. Schwungvoll
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