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Der Fluch der Totenleserin totenleserin4

Der Fluch der Totenleserin totenleserin4

Titel: Der Fluch der Totenleserin totenleserin4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: franklin
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sagen sollte. Gyltha hatte ihren Haushalt mit eiserner Hand und solcher Tüchtigkeit geführt, dass Adelias Bedürfnisse bedient wurden, ohne dass sie sich dessen wirklich bewusst geworden war. Was taten Zofen eigentlich?
    »Ich könnt’ Ihre Stiefel putz’n«, sagte Boggart eifrig. »Bin ’ne wunderbare Stiefelputzerin.«
    Adelia seufzte. Die aquitanischen Ladies hatten ihr einen Kuckuck ins Nest gesetzt, sie hatten dieses Kind loswerden wollen. Das wirklich Erstaunliche daran war nur, dass sie die Kleine überhaupt mit hergebracht hatten. Was tun? Die plötzliche Hoffnung in den Augen des armen kleinen Dings machte es Adelia unmöglich, sie zurückzuweisen.
    »Dann gehör’ ich also jezz Euch, Ladyship?«
    »Du gehörst niemandem. Ich frage dich nur, ob du für mich arbeiten willst.«
    Wieder dieser Ausdruck völligen Unverständnisses. Niemand hatte Boggart erzählt, dass William der Eroberer die Sklaverei in diesem Land abgeschafft hatte und sie kein Paket war, das von einem zum anderen weitergereicht werden konnte. »Ich bin ’ne wunderbare Stiefelputzerin«, sagte sie wieder.
    Adelia seufzte ein weiteres Mal. »Ich nehme an, damit können wir anfangen.«
    Mit Boggart, die ihr wie ein kleiner Hund hinterherlief, folgte sie den übrigen Gästen auf die Festungsanlagen.
    Southampton war zu einem wichtigen Hafen geworden, hier wurde gute englische Wolle in die Normandie geschickt, und im Gegenzug dafür kam Wein über den Kanal. Der Hafen bot ein geschäftiges Bild. Schiffe liefen ein, andere warteten auf den nötigen Wind, um auszulaufen.
    Der Bischof von Winchester beklagte sich immer noch beim König und deutete auf die beiden Schiffe, die für die Überfahrt der Prinzessin bereitlagen: eines für Joanna und ihr direktes Gefolge, das andere für die weniger wichtigen Sterblichen des Trosses.
    Adelia hatte durchaus Verständnis für den verängstigten kleinen Bischof. Für ihr unerfahrenes Auge waren die beiden Schiffe zwar frisch und leuchtend gestrichen, lagen jedoch ziemlich tief im Wasser, mit einer Ruderbank, zwei Masten und viel weniger Schmuck als die mit aufwendigeren Aufbauten versehen Schiffe, auf denen sie bisher gefahren war. Nur ein schlaff herunterhängendes königliches Plantagenet-Banner wies darauf hin, welches das Flaggschiff der Prinzessin war.
    Zu allem bestand O’Donnell jetzt auch noch darauf, dass die Reisegesellschaft die Nacht an Bord verbrachte, obwohl doch heute nicht mehr mit günstigem Wind zu rechnen war. »Mein türkischer Freund hier denkt, er kann eine aufkommende südwestliche Brise riechen. Stimmt’s, Deniz?«
    Dieser Deniz war ein gedrungener, stark riechender Zwerg von einem Mann mit weiter Segeltuchhose und einer Weste, die braune Arme mit Muskeln wie Eisenbälle sehen ließ.
    Deniz grunzte.
    »Denise?«,
flüsterte Adelia Mansur zu. Das waren seltsame Namen, denen sie heute begegnete.
    »Deniz. Das heißt auf Türkisch ›das Meer‹«, erklärte ihr Mansur.
    O’Donnells Augen wanderten in ihre Richtung »Das tut es tatsächlich, Master«, sagte er, »denn aus dem Meer habe ich ihn gefischt, und keiner versteht es besser.«
    Er spricht Arabisch und Latein, dachte Adelia. Wir müssen vorsichtig sein.
    »Die Brise kommt in der Nacht«, sagte O’Donnell und sah immer noch zu ihr und Mansur herüber, »das heißt, wir können im Morgengrauen mit der Flut auslaufen, und den Zeitpunkt will ich nicht im Durcheinander all der feinen Ladies und Gentlemen verpassen, die ihre Kojen noch nicht gefunden haben.«
    Ein Durcheinander wurde es tatsächlich. Wild ausschlagende Pferde wurden in den Laderaum gebracht, schreiende Hafenarbeiter schleppten Truhen mit Kostbarkeiten und Kleidern an Bord, gefolgt von nervösen Hofdamen, die ihre Röcke rafften. Priester und Helfer wankten über die Gangways und stritten mit den Seeleuten darüber, auf welches der Schiffe sie sollten.
    Das ist ja alles gut und schön, dachte Adelia, nur wo ist unser Schutz? Die Kostbarkeiten, die sie mit sich führten, würden fraglos Räuber anziehen, und all die Frauen, Bediensteten und Geistlichen würden sie nicht abwehren können.
    Dann sah sie aus der Entfernung Captain Bolt eine Reihe Männer an Bord des zweiten Schiffes scheuchen und war beruhigt. Sie und der gute Captain hatte sich bei ihren früheren Ermittlungen bereits bestens kennengelernt. Dabei hatte er sich nicht nur als ausgezeichneter, seinem König treu ergebener Soldat erwiesen, sondern sich ihr gegenüber auch äußerst liebenswürdig

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