Der Fluch des Andvari (German Edition)
ein Team auf die Frau an. Beschatten Sie sie ab sofort rund um die Uhr. Die Sache mit dem Einbrecher gefällt mir nicht.“
„Verstanden. Weitere Instruktionen?“
„Beschaffen Sie mir endlich dieses verdammte Dossier!“
Wütend trennte Steinhagen die Verbindung. Er stand kurz vor dem Erfolg, doch Hollers Unfähigkeit könnte alles zunichtemachen.
Mainz-Finthen.
Fröhlich gelaunt verließ Julia Jenning den Pferdestall. Die Reitstunde war zu Ende. Die Mädchen verabschiedeten sich voneinander; einige wurden von ihren Müttern abgeholt, andere fuhren mit dem Fahrrad los. Julia und ihre Freundin hingegen mussten noch warten, da deren Mutter noch nicht da war. Das Gelände lag weit außerhalb der Mainzer Innenstadt. Julia war daher auf eine Fahrgelegenheit angewiesen, um nach Hause zu kommen. Wenn es die Zeit zuließ, holte ihre Mutter sie ab, ansonsten fuhr sie bei ihrer Freundin mit.
Gedankenversunken schlenderte Julia an den Ställen vorbei zu dem kleinen Hain, während ihre ältere Freundin noch mit einem jungen Stallburschen flirtete. Julia mochte Ruhe und Stille, zog sich gerne in ihre eigene Welt zurück. Die Scheidung ihrer Eltern hatte sie tief getroffen, mochte sie ihren Stiefvater doch sehr. Seit fast einem Jahr hatte sie ihn nicht mehr gesehen, seit sie aus Köln weggezogen waren. Ihre Mutter wollte nicht, dass sie weiter Kontakt miteinander hatten. Viele Gespräche hatten sie darüber geführt, viele Tränen waren geflossen. Aber nur so konnten sie einen neuen Anfang machen. Julia war mittlerweile in dem Alter, wo sie die Zusammenhänge verstand, wenngleich sie dieses Verhalten von Menschen nicht begreifen konnte. Wieso verging Liebe? Sie hatte darin noch überhaupt keine Erfahrung. Ihre Liebe galt allein den Geschichten um Elfen und Zauberern, um hübsche Prinzessinnen und tapfere Ritter.
Plötzlich ertönte eine Hupe. Erschrocken fuhr Julia herum.
Die Mutter ihrer Freundin wartete in ihrem Twingo und winkte. „Komm, Julia! Es ist schon spät!“, rief sie.
„Ja! Ich komme!“
Schnell lief sie zu den Ställen zurück.
„Was hast du denn allein bei den Bäumen gemacht?“, fragte ihre Freundin, als sie beide in den Twingo stiegen. „Du hättest ruhig im Stall bleiben können. Jens ist sehr nett.“
„Ich hätte euch doch nur gestört“, witzelte Julia.
„Schnallt euch bitte an, Kinder“, bat die Mutter. „Wir fahren jetzt los.“
Amüsiert schaute Julia ihre Freundin an. Das Mädchen bedachte sie mit einem bösen Blick.
Zur gleichen Zeit wartete Holler in der Ritterstraße. Nur allzu gerne hatte er den Auftrag Steinhagens befolgt, jetzt auch Hannah Jenning permanent zu beschatten. Als Anführer der Schwarzen Engel bestimmte er die Teams. So wartete er, mit einem Kumpel in seinem BMW sitzend vor dem Haus der Rothaarigen.
Es dauerte nicht lange, da hielt ein Twingo am Straßenrand. Ein Mädchen stieg aus: Julia Jenning. Fröhlich unterhielt sie sich dabei mit ihrer Freundin, ihr Redeschwall schien kein Ende zu nehmen. Bis die Frau am Steuer das Gespräch der beiden Mädchen unterbrach. Julia Jenning winkte ihrer Freundin nach, als sich der Twingo in Bewegung setzte.
Da stand sie nun in ihrem Reitdress mit Reitkappe. Süße elf Jahre. Sie wirkte jünger als sie wirklich war, wie eine verträumte, unschuldige Prinzessin. Holler wusste um ihre Situation. Sie war eines der vielen tausend Scheidungskinder, die nach Verständnis und Anerkennung suchten und nicht begriffen, warum sich ihre Eltern getrennt hatten. Holler selbst stammte aus einer wohlhabenden Familie, hatte seine Eltern aber mit 21 Jahren bei einem Verkehrsunfall verloren. Ein Grund, warum er sich beim BGS beworben hatte. Die Truppe wurde so etwas wie seine Familie.
Schließlich schlenderte Julia Jenning singend zum Hauseingang.
Derweil saß Hannah vor dem PC und rief ihre Emails ab. Es war eine Antwort auf ihre Anfragen von vergangener Woche dabei. Ihre ehemalige Kollegin hatte geschrieben. Angespannt las sie die Nachricht. Es war eine umfangreiche Mitteilung, doch enthielt sie kaum Neues. Das meiste hatte der Kommissar ihr bereits erzählt oder es stand im Internet geschrieben. Nur ein Detail war neu: den toten Frauen fehlte das Blut. Davon war bislang nie die Rede gewesen. Vampirismus, stockte Hannah, in unserer modernen Zeit? Nein, das war sicherlich nur ein Teil des Ritus‘.
Schon in der Antike gab es Geschichten über Dämonen, die kleinen Kindern oder Verstorbenen das Blut aussaugten. Aus der Neuzeit waren
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