Der Fluch Des Bierzauberers
Lehen erhält.«
Friedrich von Homburg strahlte vor Freude.
Jedoch, es kam noch besser: »Und, seine Steuern für Weferlingen sind ihm jetzt und für alle Zeit erlassen.«
Nun überwog die Genugtuung, die Freude vor allem als der Kurfürst ergänzte: »Ich weiß nicht, ob er es bereits gehört hat, sein alter Opponent, Freiherr von Pöllnitz, ist letzten Monat im Duell erschossen worden.«
Er fuhr verschmitzt lächelnd fort: »Hatte er nicht auch einmal etwas Derartiges vor? Er und der Pöllnitz waren sich doch nie so recht grün?«
Da war sein Glück vollkommen. Dennoch, einen Wermutstropfen hatte der Kurfürst parat: »Euer Braumeister, der Sohn dieses renitenten Alten, den nur ein gnädiger Tod vor dem Rad gerettet hat, den werde ich des Landes verweisen. Auch wenn er sich noch nichts hat zuschulden kommen lassen, so trägt er wie sein Vater, den Keim von Rebellion und Aufruhr in sich. Solche Menschen brauchen wir hier nicht. Ihr seid mir verantwortlich dafür, dass dieser Mensch mit seiner Familie Brandenburg verlässt. Sucht Euch einen neuen Braumeister.«
Die Rücknahme der Biersteuer ließ Ulrich kalt, denn mit dieser Neuigkeit vernahm er die Nachricht seiner Ausweisung, obwohl sie für ihn nicht unbedingt überraschend kam, denn so etwas hatte er bereits geahnt. Also machte er sich, mit Sack und Pack, mit der vierundvierzigjährigen Sophie und den mittlerweile drei Kindern, Anfang September auf den Weg hinaus aus Brandenburg. Als sie Mitte Oktober wieder in Bitburg ankamen, war dort alles anders, als sie es verlassen hatten. Die Bitburger Stadtmauern, die bislang allen Angriffen standgehalten hatten, waren im Sommer 1676 tatsächlich von den Franzosen zerstört und die Stadt zum ersten Mal in ihrer Geschichte militärisch erobert worden. Die lange Belagerung war auch der Grund dafür gewesen, dass Lisbeth so lange nichts mehr von sich hören hatte lassen.
Sie kamen gerade zur rechten Zeit. Der alte Christoffel Flügel war gestorben. Ein Gnadentod im hohen Alter war ihm vom Schicksal gewährt worden, selten genug in diesen Zeiten. Johann und zwei von Lisbeths Kindern waren ihm bald darauf gefolgt, nachdem in Bitburg wieder einmal die Pest ausgebrochen war. Johann war noch davor mitten im letzten Winter einfach über Nacht erblindet – auch ein äußerst schmerzhafter Starstich hatte ihm keine Besserung gebracht –, sodass die Brauerei seit einiger Zeit stillstand. Lisbeth stand bereits kurz davor, das Brauhaus zu verkaufen und sah sich als Witwe dazu gezwungen, erneut zu heiraten oder in Armut leben zu müssen. Doch als plötzlich und unverhofft ihr Halbbruder in die Stadt kam, änderte sich die Situation schlagartig. Das Dokument, welches seine Ausweisung bestätigte und ihn somit als unerwünschten Bürger Brandenburgs brandmarkte, entpuppte sich für seine Verhandlungen mit den Franzosen als Glücksfall. Nichts taten die Franzosen lieber, als einen erklärten Feind des verhassten Preußens mitsamt Familie in die Stadt hineinzulassen.
So übernahm Ulrich Knoll die Brauerei ›Zum feisten Römer‹ und rettete damit nicht nur seine Familie, sondern auch seine Halbschwester Lisbeth und deren letzten verbliebenen Sohn durch die kommenden Jahre.
Vom Jesuitenbruder Martin wurden sie nie wieder behelligt, denn der war in der Zwischenzeit nach Wien versetzt worden, wo er, freund- und freudlos, einen einsamen Tod starb.
Die erneute Übersiedlung nach Bitburg war jedoch die letzte Nachricht aus dem Leben der Familie Knoll. Danach verliert sich ihre Spur in den Wirren der Zeit und der wieder einmal folgenden Kriege. Für das Bitburger Brauhaus ›Zum feisten Römer‹, einst von Niklas von Hahnfurt gegründet, von der Familie Flügel übernommen und jahrhundertelang betrieben, war Ulrich Knoll der letzte aktive Braumeister. Mit seinem Tod schien das Brauwesen in Bitburg für einige Jahrzehnte zum Erliegen gekommen zu sein. Erst 1760 vermeldete der Theresianische Kataster, in dem alle Besitzungen im Herzogtum Luxemburg registriert wurden, wieder zwei Brauhäuser in Bitburg. Eines davon gehörte einem Schöffen mit Namen Christoph Flügel, der es 1773 an seinen Bruder Martin verkaufte.
15.
Der Prinz Friedrich von Homburg quittierte schließlich nach acht weiteren Jahren, davon fünf aktiven Kriegsjahren, seinen Dienst bei der Kavallerie des Kurfürsten. Und das, obwohl der Krieg noch nicht vorbei war. Er hatte einfach genug Tote, genug Intrigen, genug Undankbarkeit erlebt. Simple
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