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Der Fluch Des Bierzauberers

Der Fluch Des Bierzauberers

Titel: Der Fluch Des Bierzauberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenther Thoemmes
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hatte. Auch über das letzte Gefecht, das der Prinz verloren hatte, nachdem die Schweden bereits kapituliert hatten, war der Kurfürst sichtlich ungehalten, auch wenn er mittlerweile eingesehen hatte, dass er seine Soldaten jenseits ihrer körperlichen Grenzen und Möglichkeiten getrieben hatte und nicht mehr vom Kriegsgericht sprach.

    »Wenn er denkt«, fuhr der Kurfürst seinen General an, »dass er und seine Reiter mir keinen Gehorsam schuldig sind, weil er wegen dieser verdammten Bierakzise erzürnt ist, dann hat er sich aber mächtig getäuscht. Und eines sei ihm gesagt: Die Bierakzise ist zu zahlen, und zwar so lange, bis meine Soldaten auch den letzten Schweden aus dem Land gejagt haben!«

    Knoll war zornig und hilflos, insbesondere, solange sein Dienstherr zu den Vorwürfen schwieg. Und das tat er. Der Prinz von Homburg spürte in dieser Situation instinktiv, dass der Kurfürst sich momentan unangreifbar und unbesiegbar fühlte, da wollte er nicht das Opfer einer öffentlichen Demütigung werden. Der alte Knoll hingegen war weniger empfindsam. Er war bereits dabei, sich diese endgültige Niederlage und das Ende der Weferlinger Brauerei einzugestehen und sah dies als letzte und härteste Prüfung seines an Heimsuchungen nicht gerade armen Lebens. Die wenigen Anwesenden des Hofstaats waren allesamt von hohem Rang, erinnerten Knoll in diesem Moment jedoch eher an eine Meute von Bluthunden, die lechzend, sabbernd und zähnefletschend danach gierten, dass ein Opfer zur Jagd freigegeben wurde.

    Der Prinz von Homburg verkniff es sich ebenso, dem hämisch grinsenden Freiherr von Pöllnitz vor allen Leuten in die Parade zu fahren. Aber es war letzten Endes dieses Grinsen, mit einer Mischung aus Verachtung und Überheblichkeit – Gefühle, die Knoll auch bei anderen Mitgliedern des Cöllner Hofes registrierte –, das den alten Braumeister sich ein letztes Mal aufraffen und zu seiner vollen, imposanten Größe aufstehen ließ. Die Angst vor Schande, Armut und Tod, die seit der Magdeburger Hochzeit sein ständiger Begleiter gewesen war, rückte so schlagartig in den Hintergrund. Cord Heinrich Knoll ging wie ein Fixstern, der sich in einem Akt grandioser Selbstzerstörung in eine Sternschnuppe verwandelte, auf den Großen Kurfürsten los und baute seinen großen, imposanten Leib drohend vor ihm auf. Dann begann er, diesen mit einem großartigen, aber ganz und gar gotteslästerlichen Fluch zu belegen. Niemand traute sich, ihn zurückzuhalten. Niemals zuvor waren in der kurfürstlichen Residenz solche Worte vernommen worden. Knoll schrie, er brüllte, er tobte, soweit seine alten Glieder dies zuließen.

    »Oh janusköpfiges Preußen, Du gepriesener Hort von Toleranz und Glaubensfreiheit«, voller Häme spuckte er die Worte hinaus, »hier zeigt sich die ganze hässliche Fratze Eures verdammten Militarismus. Vor Gott und der ganzen Welt verfluche ich Euch, Eure Familie, die ganze Brut der Hohenzollern und Euer ganzes Land. Für das, was Ihr uns angetan habt. Für die Entscheidung, eine Brauerei zugunsten eines elenden Krieges in den Ruin zu treiben. Soldaten, Tod und Qual über unser gutes Bier zu stellen. Aber ich sage Euch: Euer Ruhm soll kurz sein. Ihr werdet Kriege anzetteln, die Millionen Menschen das Leben kosten werden. In Krieg, Kampf und Tod soll Euer Schicksal liegen. Ich wünsche Euch, dass der große Weltenbrand euresgleichen irgendwann vom Antlitz der Erde vertilgt. Noch in tausend Jahren soll der Name Preußen nur mit Verachtung ausgespuckt werden. Und die Menschen werden auch dann noch gutes Bier trinken, wenn Preußen schon lange vernichtet sein wird.«

    Ein letztes Mal erhob der alte Braumeister zitternd seinen einfachen, geschnitzten Krückstock und deutete anklagend auf den Kurfürsten Friedrich Wilhelm, der blass, aber gefasst auf seinem Thron saß. Nachdem die leidenschaftliche, hasserfüllte Rede des Alten offensichtlich beendet war, herrschte Schweigen im Thronsaal des Cöllner Schlosses.

    Fassungsloses Schweigen.

    Der alte, hünenhafte Brauherr Cord Heinrich Knoll wusste mit Bestimmtheit, dass er soeben, hier und jetzt, sein Todesurteil unterzeichnet hatte.

    Der Prinz von Homburg stand neben ihm, hielt den Knauf seines silbernen Stocks so fest umklammert, dass die Adern auf der Hand hervortraten und kratzte sich mit dem Ende des Stocks verlegen am Stumpf seines rechten Beins. Sein sonst so forsches, souveränes Auftreten war dahin. Er konnte nur noch hoffen, dass er nicht mit in den Strudel

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