Der Fluch Des Bierzauberers
der Vergeltung hineingezogen würde, der diesem Eklat unweigerlich folgen musste.
Die Höflinge, die der skandalösen Tirade beigewohnt hatten, duckten sich, als hätten sie Angst, dass sie gleich vom Orkan einer Wutrede ihres Regenten hinweggefegt würden.
Die Soldaten der Leibgarde musterten sich gegenseitig, so als würden sie bereits untereinander abmachen, wer von ihnen dem Erschießungskommando zugeteilt werden würde.
Nur Ulrich Knoll, der Jüngste in der kleinen Gruppe, die vor dem Thron stand, schaute mit Besorgnis zu seinem Vater hinüber. Sein Herz bebte und er hoffte inständig, der Regent möge Gnade walten lassen und seine Familie nicht zerstören.
Der Große Kurfürst erhob sich von seinem Thron. Einige Anwesende räusperten sich aus Verlegenheit. Mit herrischer Geste gebot der Fürst zu schweigen.
Dann öffnete er den Mund und begann, den Saal mit seiner Stimme zu füllen, lautstark, wohlüberlegt und mit ausdrucksstarken Gesten; es war eine Rede, von der alle ahnten, dass sie ein grausames Ende für den alten Braumeister einleiten würde. Und hätte eine gnädige Vorsehung dies nicht verhindert, wäre es auch genau so gekommen …
Der Kurfürst machte eine Geste an seine Leibgarde, Cord Heinrich Knoll zu verhaften. Der jedoch zeigte herzlich wenig Bereitwilligkeit dazu, stattdessen lächelte er noch einmal melancholisch, griff sich ans Herz, verdrehte die Augen, fiel zu Boden und starb.
14.
Entsetzen bei Ulrich, ungläubiges Staunen beim Prinzen und dem Kurfürsten, leises Gelächter bei den Mitgliedern des Hofstaats, die dies für eine überaus gelungene schauspielerische Einlage des verrückten Greises hielten. Doch je länger Knoll am Boden lag und sich nicht regte, während sich keine Hand zur Hilfe rührte, desto klarer wurde ihnen, was geschehen war. Schließlich erkannte auch der Letzte, dass der Braumeister hier und jetzt das Zeitliche gesegnet hatte.
Und während in Weferlingen, in Unkenntnis der Ereignisse von Cölln, die Nachricht vom Sieg von Fehrbellin und den Ruhmestaten ihres Prinzen mit Unmengen Wein – da es Ende Juni kein Bier gab – sowie einem großen Feuerwerk gefeiert wurde, ordnete der Kurfürst an, Cord Heinrich Knoll, wie von ihm selbst prophezeit, auf dem Schindanger vor den Toren Cöllns zu vergraben.
»Dieser Sauhund, der mich so übel beschimpft und verleumdet hat, der hat kein christliches Begräbnis verdient.«
Auch Ulrichs inständiges Bitten konnte ihn nicht erweichen.
»Er soll froh sein, dass er ungeschoren davonkommt und ich hier keine Sippenhaft walten lasse.«
Der Prinz von Homburg dachte ähnlich und reiste schnell und unauffällig zur Kur nach Langenschwalbach ab. Schließlich war seine militärische Karriere nicht zu Ende, auch wenn seine Begeisterung für das preußische Heer im Moment am Tiefpunkt war. Weder der Kurfürst noch der Prinz kümmerten sich in der Folge um die Brauerei und die Biersteuer, sondern vernahmen stattdessen hocherfreut die Nachricht vom unerwarteten Tod General Wrangels, sodass Ulrich im September 1675 die Saison planmäßig eröffnen konnte. Voller Trauer im Herzen, da er ahnte, dass mit dem Tod seines Vaters auch die Zeit in Weferlingen, die glücklichste und friedlichste Zeit seines Lebens, ihrem Ende entgegen ging.
Im Sommer 1676 kam der Prinz von Homburg erholt zurück. Er kämpfte weiter erfolgreich an der Seite des Kurfürsten in Pommern gegen die Schweden. Und zwar so erfolgreich, dass dieser, nach der Eroberung Anklams am 17. August, ihn noch im Feldlager in sein Zelt rief. Der Hessenprinz humpelte also hinein ins Feldherrenzelt. Auch wenn die Szene der vor einem Jahr ähnelte, war nun alles anders. Der Kurfürst lächelte, trotz seiner Gicht, und bot Friedrich einen Platz an.
»Ein prächtiger Sieg für uns. Und ausnehmend gut hat er sich geschlagen an meiner Seite.« Fast errötete der Landgraf über das seltene Lob aus dem Mund des Kurfürsten.
»Gott war mit uns am heutigen Tag«, murmelte er seltsam unbeteiligt.
Der Kurfürst erhob sich, wenngleich mühsam, wie er es immer tat, wenn große Gesten anstanden.
»Heute soll er endlich seinen verdienten Lohn erhalten.«
Nun war ihm die ungeteilte Aufmerksamkeit des Prinzen gewiss.
»Mit Blut lässt sich schließlich so mancher Makel abwaschen.«
Jetzt war es beinahe so, als scherze der Kurfürst.
»Aus dieser Liste«, er wedelte mit einem Papier, »darf er sich fünf Landgüter heraussuchen, die er zum
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