Der Fluch Des Bierzauberers
er diese Melange der verschiedenen Gerüche, führte sie ihn doch in Gedanken weit, weit zurück, in seine Kindheit, in die Stube und die Küche seiner Mutter …
Doch nur kurz, ganz kurz, gab er sich dieser Schwäche hin, er wollte ja etwas überprüfen. Also gab er sich einen Ruck, wie um seinen Schwächeanfall zu vergessen und fragte in die Runde der wenigen Anwesenden am Nebentisch, was es denn zu trinken gäbe. Die Frage hatte dröhnendes Gelächter zur Folge.
»Jesuitenbier gibt’s! Das wird Euch munden«, riefen die lachenden, frühen Zecher durcheinander. Jakobus’ Zornesader schwoll an.
»Warum Jesuitenbier?«, fragte er herrisch und wütend zurück. Die Männer ließen sich nicht einschüchtern und spotteten weiter.
»Weil der letzte Sud völlig missraten ist«, erklärte einer der Trinker. »Sauer ist’s Bier geworden und die Scheißerei kriegst du auch davon. Da aber an allem Mangel herrscht und wir das Bier also nicht wegschütten können, saufen wir’s auch so, schlecht wie es ist.«
Ein Zweiter fiel ins Wort: »Unsere Brauherren haben es aber Jesuitenbier genannt, weil es normalerweise nur gut genug für diese Brut wäre.«
Erste mahnende Blicke der anderen machten dem Spötter klar, dass er nicht mit irgendeinem beliebigen Mönchlein redete. Erschrocken schwieg dieser, nachdem er sein Malheur bemerkt hatte. Bruder Jakobus jedoch hatte genug gesehen und gehört. Ohne selbst einen Krug Bier getrunken zu haben, stand er auf und verließ die Schankstube des Brauhauses. Auf diese Brauherren würde er ein Auge haben in nächster Zeit …
15.
Knoll hatte sich diebisch über seine Idee gefreut, die Jesuiten mittels eines missratenen Biers zur Zielscheibe des öffentlichen Spotts zu machen. Obwohl der Grund dafür ein Ärgernis und schlecht für den Ruf der Brauerei gewesen war. Indes, es war das einzige Missgeschick der gesamten Saison gewesen und bis zum Frühjahr war das Jesuitenbier bei den Meisten wieder in Vergessenheit geraten.
Da hatten die Bitburger schon wieder mit anderen Problemen zu kämpfen. Denn im Frühjahr 1638 wurde die Jungenbande um Johann Flügel und Ulrich Knoll zu Helden der Stadt. Sie halfen nicht nur Cord Heinrich aus einer Bredouille, die er selbst verschuldet hatte, sondern retteten gleich die ganze Stadt. Alles begann mit zwei harmlos wirkenden Besuchern, die ans südliche Stadttor pochten, welches Gulfartzpforte genannt wurde: Ein spanischer Hauptmann und sein Adjutant begehrten Einlass in die Stadt. Arglos öffnete der Wächter das Tor und ließ sie ein. Während die beiden die Hauptstraße, die Große Straße, entlangritten, tuschelten die Leute auf den Straßen über die betont weiten Pluderhosen des Hauptmanns, bei denen das Futter aus gelber und roter Seide zwischen den Schlitzen hervorlugte.
»Ein derart vornehmer Herr, was mag der bei uns wollen?« So lautete die häufigste Frage, die sich die Bewohner von Bitburg stellten. Der erste Weg führte den so gut gekleideten, von der Reise aber dennoch reichlich dreckverkrusteten Hauptmann zum Stadtrichter Oetz. Dort stellte er sich als Kapitän Hernandez vor und fuhr Oetz nach kurzem Austausch von Höflichkeiten heftig an – erstaunlicherweise in Deutsch: »Ich führe im Auftrag des Kaisers einen Schlachthaufen von einhundertfünfzig Mann nach Westfalen gegen die Franzosen. Mein Heer lagert bei Oberweis, dort ist jedoch nichts mehr zu holen. Ich werde bei Euch Nahrung für meine Männer und unsere Pferde requirieren.«
Oetz erblasste. Seit Monaten war die Stadt nicht mehr behelligt worden. »Was verlangt Ihr?« Er wusste, viel konnten die Bitburger nicht geben. Und auf einen Streit wollte er es nicht ankommen lassen.
Hernandez wechselte die Sprache, sein im Krieg erlerntes Deutsch reichte entweder nicht für größere Zahlen aus oder er wollte einfach nur demonstrieren, wer hier das Sagen hatte. So sprach er nun Rotwelsch, die Sprache der Soldaten, die aber mittlerweile überall im Reich auch vom gemeinen Volk weitgehend verstanden wurde: »Das Übliche für eine Woche. dreihundert Strich Korn, einhundertfünfzig Rinder, dreißig Fass Wein, ein Fass Branntwein und siebenhundert Strich Hafer.«
Oetz schüttelte den Kopf. »Den Branntwein schlagt Euch gleich aus dem Kopf. Den Wein ebenfalls. Wir sind eine Bierstadt, bei uns gibt es weder Wein noch Branntwein.«
Hernandez war anscheinend kein Bierfreund, denn er schüttelte sich in gespieltem Grausen. »Na, dann halt Bier, wenn es denn
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