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Der Fluch Des Bierzauberers

Der Fluch Des Bierzauberers

Titel: Der Fluch Des Bierzauberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenther Thoemmes
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umherschweifender Blick, ob auch nichts von Wert vergessen worden war, dann machte er sich durch die menschenleeren Gassen auf zum Stift St. Maximin – einer Filiale der Trierer Reichsabtei gleichen Namens, wo er bei seinen Mitbrüdern von den Benediktinern die Nacht verbringen wollte, bevor es am folgenden Morgen weiterging nach Kyllburg, zur nächsten Vorstellung. Das kleine Stift lag, angebaut an die Maximin-Kirche, die Hauptstraße hinunter, vorbei am Hospital, an der Verzweigung Richtung Trier und Echternach. Außerhalb des alten Kastells gelegen, war es Jahrhunderte lang nur erreichbar gewesen, nachdem man die Stadt durch das alte südliche Tor verlassen hatte. Seit der großen Stadterweiterung um 1340 lagen Hospital wie auch die Maximin-Kirche jedoch innerhalb der Stadtbefestigung. Der Weg war dementsprechend sicher vor Räubern und Wegelagerern. So ging er mit eiligem Schritt, sah nur gelegentlich mit bangem Blick auf, um rechtzeitig einem eventuell auf ihn herabfallenden Ziegel ausweichen zu können. Der Jesuit war so sehr durch den Sturm abgelenkt, dass er den Schlag von der Seite weder kommen sah, noch spürte. Der Holzprügel, der von vorn gegen seinen Schädel geschlagen wurde, streckte ihn sofort nieder. Regungslos lag Bruder Jakobus da, während Blut von einer Platzwunde auf seiner Stirn im morastigen Boden versickerte. Der Urheber des Schlages blickte zufrieden auf sein Opfer, dann ergriff er mit seinen kräftigen und an harte Arbeit gewohnten Händen den bewusstlosen Jesuiten und begann, ihn fachmännisch zu fesseln. Anschließend ließ er ihn einfach liegen. Kurz darauf rauschte der Regen hernieder und die Blitze zuckten senkrecht zur Erde. Am nächsten Morgen, das Unwetter hatte sich mittlerweile gelegt, fand die Stadtwache Bruder Jakobus in der matschigen Gosse der Trierer Straße liegen, gefesselt an Armen und Beinen, geknebelt, grün und blau geprügelt und mit einem Leinensack über den Kopf gezogen. Aufgrund seiner Bewegungsunfähigkeit und der mit dem Angriff einhergehenden Angst hatte er in seinen Habit uriniert. Schlimmer als die massive Beule samt Platzwunde an seinem Kopf und die zahlreichen Blessuren am Körper war die Schmach, der er nun ausgesetzt war. Obwohl die meisten Bitburger das Theaterstück am Vortag mit Begeisterung verfolgt hatten, war ihre Schadenfreude doch größer ausgefallen als das Mitleid und die Anerkennung für die gelungene Unterhaltung des gestrigen Abends. Viele hämische Blicke verfolgten ihn daher, als er sich, nachdem er losgebunden worden war, wortlos und behäbig zum Kloster St. Maximin schleppte, um zu seiner Theatertruppe zu stoßen. Der Stadtrichter nahm den Fall auf, legte ihn jedoch genauso schnell wieder zu den Akten. Niemand hatte etwas gesehen oder gehört. Also hatte der Vorfall keine Aussicht auf Klärung. Außer der Täter würde sich in naher Zukunft verraten, womit unter normalen Umständen nicht zu rechnen war.

     
    Einige Wochen später – die Brausaison war in vollem Gange – führte den nunmehr am Kopf für den Rest seines Lebens gezeichneten Jesuiten sein Weg wiederum nach Bitburg. Und gleich nach seiner Ankunft am Abend drangen lästerliche Gerüchte an sein Ohr. Obwohl er nur auf der Durchreise nach Mechelen war, beschloss er sofort, diesen hier und jetzt nachzugehen. So betrat er am nächsten Morgen Flügels Brauhaus. Mönche auf Reisen waren in Brauhäusern durchaus nicht selten anzutreffen; nur wenn ein Kloster mit eigener Brauerei in der Nähe war, blieb man unter sich. Zuerst schüttelte es ihn innerlich, nachdem er die Schankstube betreten hatte. Der Geruch darin, biergeschwängert, vermischt mit dem Dunst von gekochtem Kohl und Suppe, dazu die von Straßendreck und Erbrochenem getränkten Sägespäne am Boden, hier fand er all das wieder, was er so verachtete: Das sorglose, liederliche Leben der einfachen Leute! Nur Fressen und Saufen im Kopf, nur an Heute denken und wie man den Tag gut überlebte. Alle würden sie in der Hölle schmoren später, als Lohn für dieses gottlose Leben. Er setzte sich auf eine der zahlreichen leeren, aus grobem Holz geschnitzten Bänke, an einen Tisch aus ebenso massivem Holz. So saß er eine Weile da und sah sich um. Seine Nase atmete den Geruch der kochenden Bierwürze, der für ihn nun, deutlich erkennbar inmitten der anderen olfaktorischen Eindrücke, aus dem Brauhaus drang. Auch die Bittere des Hopfens durchlöcherte den Panzer, der sich über die Jahre um seine Sinne gelegt hatte. Fast genoss

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