Der Fluch Des Bierzauberers
unterzeichnet und das Schloss Hamm wieder verlassen hatten, rieb er sich die Hände ob dieser unverhofften Einnahme. Der am weitesten entfernte Hopfengarten war indes der älteste und daher der, auf den sie die höchsten Hoffnungen bezüglich der Qualität der Ernte setzten: Der Garten in Holsthum, etwa fünfzehn Kilometer entfernt, hatte eine lange Tradition und war günstig zu erwerben. Auch hier war Niklas von Hahnfurt der Vorreiter gewesen. Nur war der wilde Hopfen von damals über die Jahrhunderte sorgsam verfeinert und kultiviert worden.
Magdalena nahm einige Mägde aus der Stadt mit und gemeinsam begannen sie, unter abwechselnder Aufsicht der beiden Brauer, die Gärten zu bearbeiten. In den durch die Soldaten verwüsteten Feldern lagen überall die großen Ankersteine verstreut, die vor dem Krieg zur Befestigung der Seile benutzt worden waren, um die sich Hopfenpflanzen hochranken sollten. Die Steine für die neuen Gärten wurden in mühsamer Arbeit eingesetzt. Rechtzeitig hatten die Brauer reichlich lange Holzstecken, die sogenannten Derbstangen, bestellt, über welche die Seile geführt wurden, an denen die Ranken hochwachsen sollten. Auch die Wurzelsetzlinge, die beim Hopfen Fechser genannt werden, trafen pünktlich ein. Darüber hatte es eine heftige Diskussion zwischen Knoll und Flügel gegeben, da es unter Brauern allseits bekannt war, dass ein Hopfenfechser erst ab dem dritten Jahr Ertrag abwarf.
»Was willst du also mit einem Zweijährer?«, hatte Flügel Knoll vorgeworfen.
»Hast du dir mal die Preise für die Dreijährer angesehen?«, wollte Knoll die Wirtschaftlichkeit im Auge behalten. »Ausreichend viele Fechser gibt es zu dieser Zeit nur in Böhmen, und die Nachfrage jetzt im Krieg ist ungeheuer groß. Ich denke, wenn wir ein weiteres Jahr mit Biberklee brauen, schadet uns das nicht. Dafür haben wir dann viel Geld gespart.«
Grummelnd gab Flügel schließlich klein bei und beugte sich dem Diktat der Ökonomie. Nachdem alle Gärten bearbeitet waren, verbrachte Magdalena viel Zeit auf den Feldern, wobei sie die Kinder meist mitnahm. Die Jungen halfen gelegentlich mit, die mittlerweile sieben Jahre alte Lisbeth Magdalena, immer noch still und zurückhaltend, saß am liebsten im Schatten und spielte mit ihrem Lieblingsspielzeug, einer einfachen, mit Stroh gefüllten Stoffpuppe, die ihre Mutter ihr gebastelt hatte.
Magdalena nahm die Arbeit ernst und ließ sich in jeder freien Minute von Ulrich vorlesen, was es über den Hopfenanbau zu wissen galt. Sie selbst tat sich immer noch schwer mit dem Lesen, da sie es als Kind nicht gelernt hatte.
Magdalena berücksichtigte die Mondphasen beim Wachstum und beim Düngen des Hopfens. Sie hegte die Pflanzen und behandelte die Ranken, als diese mit klebrigem Geschmeiß befallen waren, mit starker Kuhmistdüngung. Sie nahm den überlieferten Spruch der böhmischen Hopfengärtner, ›Der Hopfen will jeden Tag seinen Herrn sehen‹, sehr wörtlich, und es gab im Sommer Zeiten, da sah Knoll seine Familie tagelang nicht. Umso mehr konnte er sich der Brauerei widmen. Beinahe täglich tüftelte er an Verbesserungen und Erfindungen. Auch war er mittlerweile politisch aktiv und wurde von den verschiedenen Schöffen oft um Rat gebeten.
Er genoss es, wie früher in Magdeburg, wenn auch in bescheidenerem Rahmen, am Sonntag auf der Hauptstraße flanieren zu gehen, mit der kompletten Familie im aufgeputzten Sonntagsstaat. Vergessen waren in diesen Momenten die schlimmen Zeiten, das Elend und die Not, die sie alle durchlebt hatten.
Bereits im dritten Jahr warfen die Hopfengärten so gute Erträge ab, dass Knoll und Flügel einen Teil des Hopfens weiterverkaufen konnten. Schnell hatte sich die gute Qualität des Bitburger Hopfens herumgesprochen, sogar bis nach Flandern. Aus Luxemburg, Lüttich und Mechelen reisten die Hopfenkaufleute nach Bitburg und klopften an die Tür des Bitburger Brauhauses, um das begehrte grüne Gold möglichst gewinnbringend weiterzuverkaufen. Auch wenn ab und zu einmal ein Garten bei einem räuberischen Ausflug der Staatischen in Mitleidenschaft gezogen wurde, nach jedem Herbst blieb mehr übrig, als die Bitburger selbst verarbeiten konnten. Knolls Geldschatulle wurde voller und voller. Er wie auch Magdalena waren mittlerweile die angesehensten Neubürger. Paul Röhr, der anfangs die besten Aussichten dazu gehabt hatte, hatte im Herbst 1639 einen tödlichen Unfall erlitten, als er mit einem neuen Ochsenkarren, den er ausliefern
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