Der Fluch Des Bierzauberers
Krems an der Donau, die Siebenbürger Armee marschiert auf Wien zu. Ich glaube, der Kaiser wird den Frieden seinem Untergang vorziehen müssen«, verkündete Flügel das, was an Neuigkeiten wie ein Lauffeuer durch die Stadt gegangen war. »Ich denke, ihr solltet nun in die Welt hinausziehen und euch als Brauergesellen die Hörner abstoßen.«
Knoll und Flügel tunkten die frischgebackenen Brauer kopfüber in den Maischebottich, den sie zu diesem Zweck mit Wasser gefüllt hatten. Dann klopften sie jedem zehnmal symbolisch mit dem Maischescheit auf den Hosenboden. Zu guter Letzt trank ein jeder noch einen großen Krug Bier bis zur Neige aus. Flügel als bestellter Meister der – zugegebenermaßen – kleinen Bitburger Brauerzunft, stellte die Gesellenbriefe aus. Am nächsten Morgen verließen beide Jungen, unter großem Jubel, in den sich jedoch auch einige Tränen mischten, die Stadt, um auf große Wanderschaft zu gehen. Es sollte Jahre dauern, bis sich die Familie wiedersehen sollten. Von seiner Stiefmutter Magdalena war es für Ulrich ein Abschied für immer.
Viel sollte in den nächsten Jahren geschehen.
Die meisten Tränen flossen indes heimlich, im stillen Kämmerlein. Lisbeth Magdalena betrauerte Johanns Fortgang genauso, wie Flügels Tochter Sophia Ulrichs lange Abwesenheit beweinte. Beide hatten jeweils ihren Bruder und dessen besten Freund als kleine Kinder gehasst. Dann, durch die Rettung bei der Belagerung, bewundert, und sich schließlich jeweils in den Bruder der Freundin verliebt. Deshalb beteten die beiden Mädchen jeden Abend für eine glückliche Heimkehr ihres Helden, ohne dies von der jeweils anderen zu ahnen.
Kaiser Ferdinand III., dem in seiner Notlage, die Flügel so anschaulich geschildert hatte, der Ausruf ›Ich bin ohne Geld, ohne Leut’, ohne Generale!‹ nachgesagt wurde, schloss tatsächlich im gleichen Jahr noch Frieden, allerdings nur einen kleinen, ›Linzer Frieden‹ genannt, mit dem Fürst aus Siebenbürgen, Georg I. Rákóczi. Damit verhinderte der Habsburger einen Zweifrontenkrieg und die Schweden mussten mangels Unterstützung erfolglos aus Österreich abziehen. Der wahre, der große Frieden, der in der ländlichen Idylle Westfalens verhandelt wurde, sollte noch einmal drei Jahre auf sich warten lassen. Zu schwierig war das Unterfangen, einhundertachtundvierzig Gesandte – davon siebenunddreißig aus dem Ausland – zu einer gütlichen, übereinstimmenden Lösung zu bringen. Zwischen umherlaufenden Hühnern und Schweinen, den durch die holprigen Straßen ratternden Erntewagen ausweichend, rannten Diener mit Depeschen zwischen den Delegationen hin und her. Viele hatten keine Vollmacht und mussten sich jeden Schritt bestätigen lassen, das kostete Zeit. Fünfzehn Tage benötigten die Schriftstücke nach Wien, nach Paris waren es zehn Tage, Stockholm war in sechzehn Tagen erreicht, Dresden in fünf; nach Madrid waren die Depeschen ganze vier Wochen lang unterwegs. Und die Antworten dauerten ebenso lange. Besonders schwer mit den Verhandlungen tat sich der Heilige Stuhl. Dessen Bote, Nuntius Fabio Chigi, durfte auf Weisung Roms nur mit Katholiken verhandeln, nicht mit den verhassten protestantischen Ketzern. Viele Diplomaten verloren die Geduld, da sie in der elenden Provinz auf Antwort ausharren mussten. Der Generalbevollmächtigte des Kaisers, Graf Trauttmannsdorff, adressierte seine Depeschen sogar mit ›geschrieben zu Münster, hinter dem Saustall‹. Alles in allem waren es denkbar schlechte Startbedingungen für einen dauerhaften Frieden. Umso wundersamer war das, was dann Jahre später herauskommen sollte.
19.
Wenn Neuigkeiten auch , wie überall im Reich, ihre Zeit brauchten, um nach Bitburg zu gelangen, so wurden diese dann doch umso intensiver auf den Straßen und Plätzen diskutiert. Und dabei ganz besonders Nachrichten über die verhassten französischen Soldaten. Deren General, Louis II. de Bourbon, Prince de Condé, befehligte das gesamte französische Herr im spanisch-französischen Krieg. Dieser warf bislang zwar bereits seine Schatten bis nach Bitburg, dies jedoch ohne weitere Folgen für die Stadt. Das sollte sich bald ändern.
Immer, wenn Knoll und Oetz sich trafen, wurde über die Politik debattiert. Mal waren beide froh und erleichtert, wie nach den Meldungen vom Tode Kardinal Richelieus oder des Königs Ludwigs XIII. Dann bisweilen bedrückt, wenn der Krieg, wieder einmal näherzurücken schien.
Eines schönen
Weitere Kostenlose Bücher