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Der Fluch des Denver Kristoff

Der Fluch des Denver Kristoff

Titel: Der Fluch des Denver Kristoff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ned Vizzini , Chris Columbus
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Vogelscheuche. Vielleicht lieber mit Rosa, überlegte Eleanor, nahm das Weidenkörbchen mit dem Nähzeug und lief zur Tür. Leider übersah sie dabei die Truhe mit den Initialen RW, die mitten im Weg stand.
    Unten in der Küche spürte Cordelia, wie die Schere die Pfeilspitze berührte. Achtzig Punkte … Sie drückte die Schere fest zusammen und zog sie senkrecht nach oben: neunzig … Millimeter für Millimeter zog sie den blutgetränkten Pfeil aus der Wunde …
    »Gleich hast du’s!«, feuerte Brendan sie an, aber in dem Moment ertönte von oben Eleanors Schrei. Cordelia zuckte zusammen – »Nell?« – und riss dabei den Pfeil ruckartig heraus. Sofort schoss das Blut aus der Wunde wie eine Fontäne.
    Mit Riesenschritten stürmte Brendan zur Treppe – er wusste zwar nicht, was Eleanor passiert war, doch nach den jüngsten Erfahrungen musste man in diesem Haus immer mit dem Schlimmsten rechnen. Cordelia ließ die Schere fallen und suchte hastig nach einem Geschirrtuch. Sie musste eine Arterie getroffen haben, denn Wills Blut pulsierte im Rhythmus seines Herzschlags aus der offenen Wunde. Es lief über die Schulter, durch die Achselhöhle und seitlich am Oberkörper hinunter … Cordelia machte sich bittere Vorwürfe. Wie hatte sie nur so dumm sein können? Wieso hatte sie sich eingebildet, es schaffen zu können? Jetzt hatte sie einen Toten auf dem Gewissen – und einen verdammt gut aussehenden noch dazu. Vielleicht sollte die erste Regel eines Arztes lauten: »Gar nicht erst versuchen.«
    »Bren! Komm sofort her!«, schrie Cordelia. Das Blut tropfte auf den am Boden liegenden Pfeil hinunter. Verzweifelt presste sie das Geschirrtuch gegen Wills Schulter. Brendan und Eleanor kamen zurück in die Küche gerast.
    »Es tut mir leid, ich bin da oben gegen die blöde Truhe gerannt!«, sagte Eleanor, gleich darauf wandte sie sich entsetzt ab. »Oh nein! Was ist passiert?«
    »Er wird sterben!«, jammerte Cordelia, während sich das Tuch unter ihren Händen rot färbte. Wills Körper zuckte. »Er wacht gleich auf!«
    »Beides auf einmal geht wohl schlecht«, stellte Brendan nüchtern fest und warf das Nähzeug neben Will auf den Tisch. Er tupfte mit dem Geschirrtuch auf die Wunde und warf es dann zu Boden. »Wir müssen nur das Blut stillen.«
    Will stöhnte leise. Brendan zeigte Cordelia die Wunde. »Siehst du, so tief ist das Loch gar nicht.« Für einen Moment sah man, dass die Wunde kaum größer war als ein Vierteldollar. Das Problem war nur, dass in Schüben immer wieder Blut aus der Wunde quoll.
    »Bindet seine Schulter ab!« Cordelia versuchte vergeblich, einen Faden einzufädeln, doch ihre Hände zitterten viel zu sehr und sie konnte es einfach nicht abstellen. Sie zwang sich, ruhig durchzuatmen. Wie oft hatte sie schon einen Faden eingefädelt! Dann würde sie es jetzt auch schaffen.
    Nach einigem Wühlen hatte Brendan im Nähkorb endlich eine Rolle mit etwas dickerem Wollgarn gefunden, biss mit den Zähnen einen langen Faden ab und wickelte ihn um Wills Schulter. Dabei hatte er plötzlich wieder die anschwellenden Adern im Gesicht der Windfurie vor Augen.
    Sie steckt hinter dem ganzen Chaos, dachte er, und wir haben keinen Schimmer, was das alles soll. Auf eine ganz verdrehte Art und Weise fiel es ihm irgendwie leichter, sich auf die dunkle Bedrohung, die über ihnen schwebte, zu konzentrieren als auf die Situation direkt vor ihm.
    Brendan zog so fest an dem Faden, dass er befürchtete, er würde reißen. Schlagartig ebbte der Blutstrom ab.
    Cordelia war es endlich gelungen, den Faden einzufädeln. Sie machte einen Knoten ans Ende – fertig.
    »Achtung!«, rief Eleanor und kippte eine Schale Eiswasser aus geschmolzenen Eiswürfeln über der Wunde aus, um sie sauber zu spülen.
    Cordelia nahm all ihren Mut zusammen und stach die Nadel in die Haut. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Sie zog Wills Haut mit dem Faden zusammen – ein Stich, zwei, drei, vier –, dann verknotete sie das Ende des Fadens (sie hatte tatsächlich den rosafarbenen genommen, wie Eleanor gehofft hatte) und trat zurück, um ihr Werk zu begutachten.
    Geschafft! Die Stiche schienen zu halten, die Wunde war fest verschlossen.
    Da fiel Eleanor noch etwas ein, das vielleicht helfen könnte.
    Kurzerhand goss sie Kerzenwachs über die Naht.
    »Nell, was soll das!«, rief Cordelia. Im Handumdrehen hatte das erkaltete Wachs auf Wills Haut eine harte weiße Schicht gebildet.
    »Sieht das nicht gut aus?« Eleanor klopfte mit ihren Fingerknöcheln auf

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