Der Fluch des Koenigs
Bolekk beide Arme aus. „Das ist ein schönes Spiel, meine Süße. Aber wir können es nicht ewig spielen.“ Mit diesen Worten marschierte er auf das Feuer zu.
Moa stieß einen gellenden Schrei aus. Ihre Stimme hallte heiser von den Höhlenwänden wider.
Bolekk hielt mitten im Schritt inne, sein Gesicht schmerzhaft verzogen. „Du hast mir besser gefallen mit meiner Hand auf deinem Mund“, grollte er und stieg mit einem einzigen Schritt über das Feuer.
„Wag es nicht!“, rief Moa und zeigte mit dem ausgestreckten Arm auf ihn. Sie zitterte am ganzen Körper. Inständig hoffte sie, dass der Kerl nicht sah, wie viel Angst sie wirklich hatte, denn Bolekk war tatsächlich verdattert stehengeblieben.
Moa nutzte sein Zögern. „Wenn du mich anrührst“, stieß sie atemlos hervor, „wirst du den nächsten Morgen nicht erleben.“ Sie stemmte ihre Hände in die Hüfte, blieb jedoch weiter an den rauen Fels gedrückt. Spitze Steine gruben sich in ihren Rücken, doch Moa spürte es kaum. „Mein, mein ... Ehemann ist ganz in der Nähe. Er wird dich bestrafen, wenn du mich anfasst.“
Der Bärtige lachte hämisch. „Ha, sie sagen alle zuerst ‚nein` und dann gefällt es ihnen doch.“ Er bewegte sich viel zu schnell für seine Größe und hatte Moa am Hals gepackt, bevor sie ausweichen konnte.
„Joesin!“
Der Schlag kam wie aus dem Nichts, schmetterte Moas Kopf zur Seite und gegen die Höhlenwand. Ihre linke Gesichtshälfte explodierte vor Schmerz. Glühende Blitze zuckten vor ihren Augen. Sie musste alle Kraft aufwenden, um nicht das Bewusstsein zu verlieren. Auf ihrer Zunge schmeckte sie Blut.
„Was soll das Geschrei?“, drang die Stimme des Dünnen von der Tür her. „Was treibst du da, Bolekk? Komm zur Sache.“
Bolekk drehte sich nach seinem Kumpanen um und hielt Moa dabei mit einer Hand an die Wand gedrückt. Sie japste nach Luft und krallte ihre Finger in seine Hand. Mit den Füßen trat sie nach Bolekks Knien, erreichte jedoch nichts als ein verärgertes Grunzen. Seine Finger lockerten ihren Griff um keinen Deut.
Der Dünne stand gebückt im Höhleneingang und sah mit zusammengekniffenen Augen zu ihnen herüber. „Lass dir nicht zu viel Zeit mit ihr“, meckerte er. „Ich mag es nicht, wenn sie schreien und - “
Plötzlich ging ein Ruck durch seinen Körper. Seine Augen schienen aus ihren Höhlen zu treten. Sein Mund stand weit geöffnet wie der eines Fisches, den man ans Ufer geworfen hatte.
Der Dünne zuckte abermals. Eine Pfeilspitze ragte aus seinem Kehlkopf. Er versuchte zu sprechen, doch nichts als ein gurgelndes Geräusch und ein Schwall Blut drangen aus seinem Mund. Ein ungläubiger Ausdruck glitt über sein Gesicht, dann verdrehte er die Augen und kippte nach vorne. Mit einem dumpfen Aufprall landete er auf dem Boden.
Für die Dauer eines Atemzuges stand Bolekk stumm da und starrte auf die Blutlache, die sich um den Kopf des anderen Mannes bildete.
Mit verzweifelter Kraft grub Moa ihre Fingernägel in Bolekks Hand und wand sich in seinem Griff. Als hätte ihn das zurück in die Gegenwart geholt, ließ er sie plötzlich los und langte nach der schweren Keule, die von seinem Gürtel baumelte.
Moas Beine gaben nach. Sie sank an der Höhlenwand zu Boden, hustete, keuchte und würgte nach Luft. Ein Dröhnen herrschte in ihrem Kopf, das es ihr schwer machte zu sehen oder zu hören, und ihr Hals schmerzte so sehr, dass jeder Atemzug eine Qual war.
Bolekk gab ein Knurren von sich. In Erwartung eines Schlages duckte Moa sich und hob die Hände über ihren Kopf. Doch die Drohung hatte nicht ihr gegolten.
Wie durch einen dunklen Nebel sah sie, dass eine Gestalt im Höhleneingang erschienen war. Bolekk schwang seine Keule über dem Kopf, trampelte mitten durch das Feuer und stürzte sich mit einem wütenden Aufschrei auf den Eindringling.
Verschwommen sah Moa, wie sein Gegner geschickt zur Seite auswich und den Gesetzlosen mit einem einzigen, beinahe genüsslich langsamen Schwertstreich quer über die Brust niederstreckte. Bolekk fiel mit einem dumpfen Schlag neben den anderen Gesetzlosen auf den Boden.
Mit wenigen Schritten setzte der Eindringling über die Körper hinweg. Moa hob schützend ihre Hände vors Gesicht und drückte sich an die Felswand. „Verschwinde!“ Doch der Griff um ihre Handgelenke war unerwartet sanft.
„Moa“, hörte sie einen erstickten Laut.
Sie kannte diese Stimme. „Joesin!“, keuchte sie und riss die Augen auf. Erleichterung durchflutete sie wie eine
Weitere Kostenlose Bücher