Der Fluch des Koenigs
etwas Rotes auf und für den Bruchteil einer Sekunde hatte Moa den Eindruck dort eine Gestalt zu sehen.
Das unheimliche Lachen erklang erneut, diesmal lauter. Es wurde von der Felswand hinter ihnen zurückgeworfen und hallte unangenehm in Moas Kopf wieder.
„Joesiiiiiiiiiin“, tönte es aus dem Wald.
Moa lief ein Schauer über den Rücken. Die dunkle Stimme sprach den Namen so gedehnt, dass er zu etwas anderem wurde, etwas Verzerrtem, Entstelltem.
„Wer hätte das gedacht?“ Die Stimme kratzte über Moas Trommelfell wie raue Sandkörner. Es tat weh sie zu hören.
Eine Gestalt löste sich aus dem Dunkel der Bäume und trat zwischen den Stämmen hervor. Sie trug die schwarze Uniform von Caruss Aschejägern, über seine Brust zogen sich drei leuchtend rote, gezackte Streifen. Sie wirkten wie Krallenspuren eines übergroßen Raubtiers. „Da werde ich ausgesandt, um eine Prinzessin zu finden, und treffe dich. Von allen Toten, die ich gejagt habe. Der König wird sich freuen, wenn ich ihm berichte, dass du doch am Leben bist. Wir sind jetzt Brüder, wusstest du das?“
Joesins machte einen Schritt zurück. „Dargaros!“, stieß er hervor. Der Hass in seiner Stimme wurde von dem anderen Mann mit einem Lächeln quittiert.
„Du erinnerst dich an mich“, rief er in höhnischer Freude und trat gänzlich aus den Schatten.
Moa schnappte nach Luft. Auf den ersten Blick wirkte er durchschnittlich, fast unscheinbar. Die linke Gesichtshälfte war die eines Mannes in den Vierzigern, doch die rechte Hälfte, war ein zerstörtes Feld aus hässlichen roten Brandmalen. Sie fraßen sich bis hinauf auf seinen Schädel, wo lange schwarze Haare nur einen geringen Teil der Narben bedeckten.
Doch das Beunruhigendste an ihm waren seine Augen; eine einzige schwarze Fläche, die alles Licht zu schlucken schien. „Dann wiederum“, kratzte seine Stimme, „wie könntest du mich je vergessen?“
Joesin machte einen Schritt nach vorne. Seine Hand umklammerte das Schwert so fest, dass es zitterte. „So wenig, wie du mich.“
Dargaros unversehrte Gesichtshälfte verfärbte sich ebenso rot wie seine Narben. „Du hättest tot bleiben sollen“, schnappte er. Seine Stimme klang wie das Mahlen spitzer Steine. „Meine Aschewesen werden dich zerfetzen.“
Nun war es an Joesin höhnisch aufzulachen. „Du warst schon immer ein Feigling, Aschejäger. Mit deinen armseligen Schattenkreaturen kann ich es ohne weiteres aufnehmen.“
Moa beobachtete Joesin genau. An seiner Körperhaltung merkte man ihm nicht an, dass er eine Pfeilwunde in der Schulter hatte, doch wenn es zum Kampf kam, würde er seine Verletzung nicht lange verbergen können.
Dargaros pechschwarze Augen richteten sich plötzlich auf sie. Der Drang zu fliehen war so groß, dass Moa ihre Finger in das Holz der Hütte in ihrem Rücken grub, um dem Impuls nicht nachzugeben. Die vernarbte Seite von Dargaros Gesicht zuckte unkontrolliert, als Gier in seine Augen trat.
„Ein hübsches Ding hast du da, Joesin.“ Er sprach leicht schleppend, so als könne er die Worte mit der zerstörten Hälfte seines Mundes nicht richtig formen. „Ich habe schon von ihrer Schönheit gehört, bin jedoch nie zuvor in den Genuss gekommen. Sieh nur, diese großen braunen Augen.“
Moa drückte sich an die feuchte Holzwand.
„Und scheu wie ein junges Reh“, lachte Dargaros mit einem hämischen Grinsen.
Joesin trat zwischen sie und den Aschejäger, so dass seine Blicklinie durchbrochen wurde. „Wag es nicht auch nur in ihre Nähe zu kommen.“
„Ich nehme an“, sagte der Aschejäger und machte seinerseits einen Schritt auf Joesin zu, „du hast nicht vor, einfach zur Seite zu treten?“
Joesin hob sein Schwert. Das war Antwort genug für den Aschejäger.
„Ich hatte gehofft, dass du es so sehen würdest.“ In Dargaros Augen blitzte es boshaft auf. „Holt mir die Prinzessin!“
Der Befehl war kaum über die Lippen des Aschejägers, da lösten sich drei Schatten aus dem Dunkel der Bäume und flogen aus unterschiedlichen Richtungen auf Moa zu.
Sie hatte nicht einmal Zeit zu schreien.
Zwei der Aschewesen stürzten sich auf Joesin. Schnell wie der Wind wich er aus und schwang sein Schwert nach ihren rußigen Körpern.
Ein eiskalter Hauch umfing Moa und bevor sie sich bewegen konnte, hing sie im Griff eines Aschewesens fest. Es stank nach verwelkten Pflanzen und Ruß. Seine Berührung war so kalt, dass Moa das Gefühl hatte, Eis brenne sich durch ihre Haut bis auf die Knochen. Sie
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