Der Fluch des Koenigs
Eisen der Tür sah aus wie ein Schlund, eine Öffnung zur Unterwelt.
Moas Schritte wurden langsamer, ihr Herz klopfte so heftig, als wolle es zerspringen. Sie versuchte ihren Arm aus Dargaros Griff zu winden, vor dem zu fliehen, das hinter dieser Tür lauerte, doch von dem rußigen Gestank und der heißen Luft war ihr so schwindelig geworden, dass sie ihren Beinen nicht mehr traute.
Dargaros bemerkte ihre Bemühungen und ließ ihren Arm los, jedoch nur, um seine Hand auf ihren Rücken zu legen und sie so nahe an sich heran zu ziehen, dass Moa seinen Schweiß riechen konnte.
Ohne auf ein Zeichen von Dargaros zu warten, trat einer der fetten Wachen vor und zog die Tür auf.
Ein Schwall heißer Luft wehte Moa entgegen. Ihr war, als rieche sie den Atem eines sterbenden Tieres. Fäulnis und Blut, Ruß und Asche. Der Geruch von Angst und Eisen, verbranntem Fleisch strömten ihr entgegen. Dann atmete das Untier ein. Die Luft schoss an Moa vorbei und warf ihr die Haare ins Gesicht.
Dargaros lachte leise. „Sie rufen Euch“, flüsterte er und beugte sich zu ihr hinunter. „Die Aschewesen begrüßen ihren königlichen Gast.“
Und dann hörte Moa es auch. Sie hatte das Geräusch für Wind gehalten, oder das Rauschen des Blutes in ihren Ohren, doch es war etwas anderes. Ein Kreischen, Stöhnen, Zischen und Jaulen kroch durch den Gang auf sie zu und hüllte sie ein. Es klang, als käme es von einem einzigen gequälten Wesen.
„Wir wollen sie nicht warten lassen“, sagte Dargaros und schob sie weiter.
Moa bewegte sich wie durch einen Alptraum. Der Gang um sie wurde breiter und die Steinverkleidung fiel weg, als zerrte jemand die Haut von den Wänden. Darunter kam blanker, schwarzer Fels zum Vorschein. Er dehnte sich aus und wuchs zu allen Seiten, bis sie in einer Höhle standen; dem Bauch des Ungeheuers.
Dies waren Caruss Kerker. Die Kerker von denen Joesin gesprochen hatte. Ihr könnt Euch ihre Schreie nicht vorstellen.
Moa hatte seine Worte gehört und das Grauen darin wahrgenommen, doch niemals hatte sie es für möglich gehalten, dass die Realität ihre schlimmsten Vorstellungen übertreffen könnte. Ja bis zu diesem Moment hatte sie Joesin nicht einmal wirklich geglaubt.
Feuer brannten in Ölkesseln und riesigen Öfen. Überall standen Streckbänke, Foltergeräte, Schmelztiegel und weitere abstruse Gerätschaften, von denen Moa weder erahnen konnte noch wissen wollte, wozu sie dienten. Käfige aus Eisen waren in der Höhle verteilt, um sie herum schlichen und huschten Alchemisten in schwarzen Roben wie geschäftige Insekten.
Die Schreie und das Kreischen kamen von den Menschen, die in diesen Käfigen hockten. Viele waren an den Boden oder die Käfigstangen gefesselt. Die meisten wanden sich unter Qualen und schrien, selbst wenn ihre Kehlen keinen Laut mehr erlaubten.
Moa hatte Mühe, sich auf den Beinen zu halten. Sie wollte wegschauen, doch ihre Augen wurden von den Qualen angezogen, wie Nachtfalter von einer tödlichen Flamme. Sie musste mitansehen, wie einem Mann die Beine gebrochen wurden, während ein anderer unter glühenden Eisen, die ihm die Haut versengten, brüllte und kreischte.
In dem Käfig, der ihnen am nächsten war, beugten sich zwei Alchemisten über einen Gefangenen. Moa konnte nicht erkennen, was sie taten und es war besser so. Der Mund des Gefangenen war weit aufgerissen wie seine blinden Augen, doch er hatte keine Kraft mehr zum Schreien. Sein Körper bestand mehr aus Blut und Schnitten, als aus heiler Haut.
„Hier werden sie erschaffen“, kratze Dargaros. Stolz schwang in seiner Stimme mit. „Meine Aschejäger fangen sie ein, die Verbrecher, und treiben sie in diese Höhle.“ Während er sprach, zwang er Moa zwischen den Käfigen hindurchzugehen. Immer tiefer in den Alptraum. Sie war gelähmt vor Schreck und ließ sich von ihm lenken wie eine willenlose Puppe.
In einem der Käfige, an dem Dargaros sie vorbeiführte, lagen die zuckenden Überreste eines einst menschlichen Wesens. Der Körper des Mannes war über und über mit Ruß und Asche bedeckt. Seine Arme und Beine lösten sich in Schatten auf, während er unerlässlich schrie und um sich schlug. Zwei Alchemisten hielten ihn am Boden und flößten ihm eine dampfende Flüssigkeit ein.
Dargaros beugte seinen Mund an Moas Ohr. „Kurz bevor diese Männer unter der Folter sterben, mischen die Alchemisten ein Pulver, dass sie aus kalter Asche, Blut und Splittern der Staubdiamanten gewinnen. Wenn der Tod seine Fänge nach ihnen
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