Der Fluch des Koenigs
Smaragdsplitter eingearbeitet waren, um ihren Hals. Ihr Haar bürsteten sie kräftig durch und legten es ihr offen um die Schultern.
Moa betrachtete sich im Spiegel. Ihr Gesicht war fahl und glanzlos, die dunklen Ringe unter ihren Augen gaben ihr ein ungesundes Aussehen und in ihrem Blick lag ein gehetzter Ausdruck. Zitternd atmete sie ein. Sie sah aus, als wäre sie aus Glas, als würde sie beim nächsten Windstoß auseinanderbrechen und in tausend Scherben zerfallen. War sie tatsächlich so schwach?
Kurzerhand griff Moa nach ihrem Haar und flocht es zu einem festen Zopf. Zuerst sah es so aus, als würde eine der Dienerinnen den Zopf wieder lösen wollen, doch dann besann sie sich eines Besseren.
„Die Smaragde bringen das Braun Eurer Augen zum Leuchten, Prinzessin“, bemerkte sie stattdessen und verbeugte sich.
„Danke“, sagte Moa, überrascht über die unerwartete Freundlichkeit.
Die Frauen verneigten sich erneut und führten Moa aus dem Schlafgemach in den angrenzenden Raum mit der großen Feuerstelle und der Sesselgruppe davor.
„Das Frühstück wird Euch sofort gebracht werden, Prinzessin.“ Mit einer Verbeugung verschwanden die Dienerinnen aus dem Raum.
Kaum hatten sie die Tür hinter sich geschlossen, lief Moa zurück zum Bett, holte die Kette mit dem Staubdiamanten daraus hervor und verbarg sie in einer Tasche zwischen den Falten ihres Kleides. Sie hielt den Stein fest umschlossen und trat an die Fenster.
Das Licht der Morgensonne glitzerte auf den goldbesetzten Dächern und Türmen der Stadt und verlieh dem Weiß der Gebäudemauern einen warmen Glanz. Hinter der Stadt breiteten sich Felder und Wiesen aus, die in dunkelgrüne Laubwälder übergingen.
Moa stellte sich auf die Zehenspitzen. Wenn sie höher stünde, könnte sie vielleicht sogar das Gebirge sehen, wo sie von Joesin getrennt worden war. Doch vermutlich war es zu weit weg.
Sie drehte den Kopf zur Seite und versuchte einen Blick auf die weißen Türme der oberen Burg zu erhaschen. Ob ein Greif auf ihren goldbesetzten Spitzen landen könnte?
Ein Klopfen an der Tür riss sie aus ihren Gedanken. Rasch wandte sie sich vom Fenster ab.
Die Tür öffnete sich und eine Dienerin trat hindurch. Moa erstarrte, als sie die junge Frau erkannte, die am gestrigen Tag die Schale mit dem Blut zerbrochen hatte. Sie trug eine schlichte graublaue Tracht, wie alle Dienerinnen, und ihr braunes Haar war im Nacken zu einem strengen Knoten gebunden, wie es anscheinend Vorschrift für die weibliche Dienerschaft war.
„Verzeiht, Hoheit“, sagte sie in einem unterwürfigen Ton, der nicht zu dem selbstbewussten Ausdruck in ihren Augen passen wollte, und trat in den Raum. In der Hand hielt sie ein Tablett mit Früchten, Brot und Tee. „Ich bringe Euch Frühstück und Tee.“
Die Tür schwang auf und Moa konnte im Gang hinter der Dienerin zwei Aschejäger mit einem einzelnen roten Kratzer über der schwarzen Uniform erkennen. Bei ihrem Anblick fühlte sie sich mehr denn je als eine Gefangene. Dargaros hatte seine Männer sicher nicht nur zu ihrem Schutz dort postiert. Die finsteren Männer beäugten die Dienerin misstrauisch, beinahe feindselig.
Moa beeilte sich, die junge Frau hereinzuwinken. „Natürlich“, sie deutet auf einen kleinen Tisch. „Stell es hier ab.“
Die Dienerin gehorchte und schloss die Tür hinter sich. Sie war schlank, aber kräftig gebaut, mindestens einen Kopf größer als Moa und bewegte sich auf eine natürlich geschmeidige Art, die an eine Tänzerin erinnerte.
Moa setzte sich auf einen der Sessel. Normalerweise würde sie die Dienerin den Tee eingießen lassen und sie dann wieder hinaus schicken, doch die Art, wie sie reagiert hatte, als Joesins Name im Thronsaal gefallen war, ließ sie innehalten. Prüfend betrachtete sie sie. „Wie ist dein Name?“
Die Dienerin neigte den Kopf. „Ich heiße Aeshin, Prinzessin.“ Vorsichtig nahm sie die Teekanne zur Hand und goss den Inhalt in eine Tasse.
Moa hob sie an ihre Lippen, nippte daran und verzog das Gesicht. Es schmeckte bitter und schal.
„Es wird helfen“, sagte Aeshin und deutete auf Moas Oberarme.
„Danke“, flüsterte Moa erstaunt und nahm nach kurzem Zögern einen weiteren Schluck. „Weshalb warst du so erschrocken, als Joesins Name fiel?“
Ihre offene Frage verblüffte nicht nur sie selbst. Aeshin erstarrte in ihrer Bewegung eine Scheibe Brot mit Butter zu bestreichen und schaute sie mit großen Augen an. Sie hatten die Farbe eines klaren Himmels nach einem
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