Der Fluch des Koenigs
betrachtete die geschwungenen Fäuste und hörte die ausgestoßenen Flüche gegen Caruss mit wachsender Angst. Ihr Blick schwang zurück zu Joesin und in diesem Moment sah er sie. Mitten im Satz brach er ab. Die Geräusche um Moa herum verschwanden, während der Staubdiamant um ihren Hals zu glühen begann. Joesin stand wie erstarrt, seine Gesichtszüge unlesbar.
Da erhob sich Adhas und durchbrach ihre Blicklinie. „Unsere Wetterleserin bedeutet mir, dass die Sonne bald untergehen wird.“ Erschrockene Gesichter wandten sich zu Pavae um. „Geht nach Hause“, fuhr Adhas fort, „und verriegelt eure Türen. Wir werden uns morgen Abend zur gleichen Zeit hier einfinden.“
Der Raum hätte sich nicht schneller leeren können, wenn ein Feuer ausgebrochen wäre. Moa drückte sich an die Wand, um nicht mit den Menschen aus dem Raum gespült zu werden.
Plötzlich stand Joesin vor ihr. „Du bist zurück“, sagte er und legte eine Hand auf ihre Schulter. Seine Finger brannten so heiß durch den Stoff wie der Staubdiamant auf ihrer Haut.
„Lass mich“, flüsterte Moa und schob sich von ihm weg.
Joesin schaute sie verwirrt, beinahe verletzte an. „Was hast du?“
Moa konnte nur den Kopf schütteln. Joesin runzelte die Stirn, als versuche er zu erraten, was sie dachte, doch statt zu fragen, nahm er sie beim Arm und führte sie aus der Schänke.
Er brachte sie an die Stelle, wo die Senke zum Meer hin abbrach. Links und rechts ragten die Klippen steil in die Wolken hinein. Der Himmel und das Meer schienen jegliche Farbe verloren zu haben, wie der jeweilige Spiegel ihrer Dunkelheit lagen sie sich gegenüber. Allein das Geräusch der Wellen, die sich gegen den Fels warfen, unterschied sie.
Joesin war hinter Moa stehengeblieben, während sie bis an den Rand der Klippen getreten war. Es gab hier kein Geländer, lediglich steile Stufen, die zu einem Streifen gelben Sandes hinabführten.
„Ich bin froh, dass du hier bist.“
Sie drehte sich um und betrachtete die harten Linien von Joesins Gesicht, die nicht zu dem sanften Klang seiner Stimme passen wollten. Eine salzige Brise wehte vom Meer herüber und warf ihr die Haare ins Gesicht. Moa fing die widerspenstigen Strähnen ein und strich sie mit zitternden Fingern zurück hinter ihre Ohren. Ihre eigene Schwäche machte sie wütend. Sie stemmte ihre Hände in die Hüfte und zeigte mit der anderen anklagend auf Joesin. „Du hetzt diese Menschen gegen eine Übermacht auf, der sie nie und nimmer gewachsen sind“, rief sie. „Niemals.“
Joesin schaute sie an. Eine steile Falte entstand zwischen seinen Augenbrauen. „Du irrst dich“, sagte er grimmig. „Sie können die Aschejäger besiegen.“
Moa hörte seine Worte kaum. Tränen sammelten sich in ihren Augen und sie verfluchte sich dafür. Da sie nicht wollte, dass Joesin sie weinen sah, wandte sie sich ab und starrte aufs Meer.
„Moa, sprich mit mir.“
Ein Schluchzen stahl sich gegen ihren Willen aus ihrer Kehle. „Ich hatte Angst, du könntest tot sein“, sagte sie mit erstickter Stimme, „oder im sterben liegen.“
Sie hörte wie Joesin sich bewegte. „Komm da weg“, sagte er leise und zog sie vom Abgrund fort.
Er drehte sie zu sich um. Moa musste den Kopf in den Nacken legen, um ihm ins Gesicht sehen zu können. Seine Hand verweilte länger auf ihren Armen als notwendig und kürzer als ihr lieb war.
Joesin atmete tief ein. „Rach hat mich gerettet“, sagte er und hob langsam eine Hand, „und hierher gebracht. Ich war schwer verwundet, aber er hat ...“ Seine Finger zupften an der Kette, die um Moas Hals lag. Der Staubdiamant daran pulsierte vor Hitze.
Zuerst wollte sie seine Hand beiseite schlagen, doch dann ließ sie es zu, dass er an der Kette zog. Joesins Gesicht hatte einen konzentrierten Ausdruck angenommen und die silbernen Splitter in seinen Augen leuchteten, als er den grauen Diamanten in seine Handfläche rollen ließ und ihn betrachtete.
„Es waren Bilder, die ich in deinem Geist erzeugt habe“, gestand er, ohne den Blick von dem Stein zu nehmen. „Ich habe dich zu mir gerufen, durch den Stein.“
Moa sah auf den Staubdiamanten und wieder zurück in Joesins Gesicht. Ein Gefühl bohrte sich durch ihre Brust, breitete sich aus und nistete sich in ihrem Herzen ein wie eine schwärende Wunde. Es dauerte eine Weile, bis sie begriff, was es war. Sie fühlte sich betrogen.
Sie machte zwei Schritte von Joesin weg. Der Staubdiamant rutschte von seiner Hand und fiel zurück gegen ihre
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