Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten
nichtssagendem Gesichtsausdruck beugte er den Kopf vor und wickelte sich den Stoffetzen um die Stirn. »Und was wißt Ihr über irgendwelche Prinzen?«
Elaira fühlte, wie ihr Herz in ihrer Brust pochte. »Soll das heißen, Ihr wißt nicht, wer Ihr seid?«
Spöttisch entgegnete er: »Ich dachte, ich wüßte es. Hat sich irgend etwas daran geändert?«
»Nein.« Elaira verschränkte ihre Finger. Auch sie konnte dieses Spiel spielen. »Euer Hoheit, Ihr seid ein Teir’s’Ffalenn, Prinz und rechtmäßiger Erbe der Krone von Rathain. Und diese gewaltigen Worte bedeuten nichts anderes, als daß Ihr ein Nachfahre eines Hohekönigs seid. Jeder Mann in dieser Stadt und dem umgebenden Land würde sein erstgeborenes Kind opfern, dürfte er nur der erste sein, Euch einzufangen und in Stücke zu reißen.« Ein ersticktes Keuchen unterbrach Elaira.
Sie sah auf und erkannte, daß Arithons Hand herabgeglitten war. Er hatte den Kopf in den Nacken gelegt, und auf dem Gesicht unter dem schwarzen Haar zeigte sich ein Ausdruck vollkommener Verwirrung. Er hatte nicht versucht, ihr etwas vorzumachen. Offensichtlich hatte ihm Asandir tatsächlich nichts erzählt. Doch das war noch nicht alles. Elaira konnte an Arithon die Ausstrahlung einer verborgenen Magie fühlen, die ohne Zweifel von Asandir stammte. Für einen Sekundenbruchteil nahm sie die Macht war, die sich Arithons Willen entgegenstellte, und erkannte, daß es sich tatsächlich um ein Hindernis handelte, daß ihm ohne sein Wissen eingepflanzt worden war. Dann aber verlieh ihm die Bedeutung ihrer Worte die Kraft, in das Hindernis zu dringen. Sein geschulter Geist durchdrang die Sperre und der Ward brach entzwei.
Ein peitschendes Geräusch ließ die Luft erbeben.
Dann wurde Arithon wütend. Blinde Wut schmerzte ihn, während er tief in sein Innerstes sank. »Teir’s’ Ffalenn«, sagte er schwach. Er sprach flüssig und akzentfrei paravianisch, und er wußte um die Bedeutung dieses Titels: Erbe der Macht. Im schwachen Licht ihres Kristalls erinnerte der Verband an seinem Kopf schattenhaft an eine Krone. »Erzählt mir von Rathain.«
Sein Tonfall ließ ihr kein Hintertürchen, sich einer Antwort zu entziehen. Um keinen Wutausbruch zu provozieren, beschloß Elaira, es gar nicht erst zu versuchen. »Die fünf nordwestlichen Fürstentümer dieses Kontinents waren Gebiete, die der Herrschaft Rathains unterlagen, dessen Hohekönig einst zu Ithamon regierte.« Müde zuckte sie die Schultern. »Seit die Paravianer die Macht über Athera den Menschen überlassen hatten, waren alle Hohekönige, die dort von der Bruderschaft gekrönt worden waren, ausnahmslos vom Geschlecht derer zu s’Ffalenn.«
Arithon bewegte sich, doch er war nicht schnell genug, sein unwillkürliches Zurückzucken zu verbergen. Als wäre es ein schwerer Metallreif, riß er sich den Lumpen vom Kopf. Nicht zu unterdrückender Schmerz ließ seine nächsten Worte sarkastisch klingen. »Sagt es mir nicht. Das Volk von Rathain leidet Not und Krieg, und Ithamon ist eine Ruine in der Einöde.«
Tatsächlich hatte er recht, doch so verunsichert sie auch sein mochte, Elaira war nicht so dumm, ihm das zu sagen. Es mußte einen Grund dafür geben, daß Asandir ihm das Wissen über seine königliche Herkunft nicht zugebilligt hatte.
Arithon erhob sich von dem Heulager. Unruhig durchquerte er den Heuboden, und kaum ein Knarren der Bodenbretter folgte seinen Schritten. Verzweiflung stand in seinen Zügen, als er fragte: »Was ist mit Lysaer?«
Elaira versuchte es mit Humor. »Oh, auf ihn wartet auch ein Königreich. Wir sitzen bereits mittendrin.«
»Aha.« Arithon zog die Augenbrauen hoch. »Das Banner in der Taverne. Dann war wohl die Ablehnung königlicher Erben ein Grund für Asandirs Zurückhaltung.«
Vorsichtig, um sein lebhaftes Vorstellungsvermögen nicht noch weiter zu beflügeln, nickte sie beschwichtigend. Während sie seine Reaktion beobachtete, fragte sie sich, was sie ausgelöst hatte, welches Gewicht sich verlagert hatte, als Arithon sich besann und seine Anspannung langsam nachließ.
»Ich könnte Asandir helfen«, sagte er so überraschend, daß sich Elaira auf die Lippe biß.
Mit weitaufgerissenen Augen fragte sie: »Ihr?« Der gnädige Ath selbst wußte, daß er ohne ihre versehentliche Hilfe nicht einmal in der Lage gewesen wäre, sich aus der Macht des Zaubers zu befreien, der seine Erinnerungen blockiert hatte. »Wie? Ihr müßt den Verstand verloren haben.«
Arithon richtete seinen Blick genau
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