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Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts

Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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ungezähmten Vergnügen. »Das hatten wir gar nicht vor. Jedenfalls nicht mit den hübscheren Weibern. Meine Männer haben vollendet, wozu die Garnison von Etarra nicht imstande war. Denkt Ihr nicht, daß sie nun auch ein bißchen Spaß verdient haben?«
    Lysaer drängte sich an ihm vorbei bis zum Rand des Abgrunds. Das Geräusch heftiger Schläge hallte von den Felswänden wider.
    Ein Mann lachte schallend, während eine Frauenstimme weinend Beschimpfungen ausstieß.
    »Du solltest sie lieber knebeln«, empfahl ein anderer ermutigend. »Sonst nagt sie dir noch aus purer Böswilligkeit das Gesicht ab.«
    Ein Blick reichte vollkommen. Lysaer wich entsetzt zurück. Bleich bis auf die Lippen, nahm er eine beängstigende Haltung ein. »Ruft sie zurück.«
    Pesquil streichelte sein sichelförmiges Messer. »Zum passenden Zeitpunkt, Prinz. Ihr müßt Euch keine Sorgen machen. Meine Männer sind gewiß nicht sentimental. Sie können auch dann noch gut genug töten, wenn sie ihren Spaß gehabt haben. Wir werden ganz sicher keine von den Schlampen mit nach Hause nehmen.«
    Mehr Gelächter erklang aus der Schlucht, begleitet von einem Schluchzen, das nicht nach einer erwachsenen Frau klang. Lysaer zuckte nicht einmal. »Ruft Eure Männer zurück.« Hastig atmete er ein. »Oder ich werde es tun.«
    »Soviel Skrupel?« säuselte Pesquil. Dann, als Lysaer das Schweigen zu durchbrechen drohte, schwand der Spott und der Major wirkte abrupt wie steingemeißelt. »Mann, Mann, Ihr könnt das doch nicht ernst meinen.« Mit einer raschen Bewegung riß er Lysaer genau in dem Augenblick, in dem er die Männer rufen wollte, an der Schulter zurück.
    Knochen verschoben sich unter seinen Fingern. Keuchend wich Lysaer in gebückter Haltung zurück, die Augen geweitet vor Schmerz und Zorn.
    »Meine Männer werden sich von Euch keine Befehle erteilen lassen«, warnte Pesquil ihn. Noch immer hielt er den sichelförmigen Dolch in der Rechten, nun aber in einem unmißverständlich drohenden Winkel. »Prinz.«
    Lysaer schlug mit seinem gesunden Arm zu und befreite sich aus dem Griff des Kommandanten. Die Klinge vor seinem Zwerchfell hätte ebensogut gar nicht vorhanden sein können, schenkte er ihr doch nicht die geringste Beachtung. »Ruft sie zurück!«
    »Ath, was seid Ihr doch für ein verweichlichter Narr.« Als spräche er mit einem Idioten, sagte Pesquil: »Ihr wolltet doch, daß die Barbaren sterben, oder etwa nicht? Und den Hals eines Schwarzmagiers? Gut, dann laßt meine Männer ihre Arbeit tun! Wenn sie den Mädchen keine Gewalt antun und dabei eine Menge Lärm veranstalten, wie sonst, denkt Ihr, daß wir die achthundert Väter und Brüder aus ihrer Deckung aufscheuchen und in Reichweite unserer Waffen bringen sollten?«
    »Ihr habt so etwas schon früher getan«, quetschte Lysaer zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, gepeinigt von den Krämpfen in seinen überlasteten Muskeln.
    »O ja, viele Male. Obwohl ich zugeben muß, daß wir nie so eine große Auswahl hatten.« Das höhnische Grinsen war wieder da. Vom Schweiß benetzt, glänzten Pesquils Pockennarben orangefarben. Unten in der Schlucht brannten die Zelte unter einem schimmernden Flammenmeer. Nichts konnte unter ihrem Obdach noch überlebt haben. Jenseits der Brände, die die Haltetaue der Zelte zerfraßen, neben einem Kreis rotverfärbter, regloser Bündel, zerrissen die Männer wild brüllend die Rehhäute. Pesquil richtete seinen Blick auf den Dolch, dessen Spitze noch immer auf den Prinzen zeigte. »Das ist eine erprobte Taktik, Euer Hoheit.«
    Lysaer richtete sich schweratmend auf. Sonnenlicht durchdrang die Baumkronen und zauberte leuchtende Reflexe auf sein güldenes Haar, und der Wind trieb bronzefarbenen Blütenstaub über seine zerschundene Wange. Die Prügel, die er hatte einstecken müssen, hatten seine elegante Erscheinung zerstört. Nichts Würdevolles haftete seinem zerfetzten Wappenrock und dem schlammverkrusteten Kettenhemd oder den schweißbedeckten, schwarzglänzenden Blutergüssen an Hals, Kinn und Schläfe an. Trotz allem umgab ihn noch immer eine machtvolle Aura der Erhabenheit, die selbst Pesquil zu erneutem Nachdenken Anlaß gab.
    Der s’Ilessid-Prinz hatte während ihres Streits nicht einmal die Hand an sein Schwert gelegt. Er wog die Umstände ab und urteilte mit der einsamen Arroganz eines wahren Königs. Schließlich wandte er der silbernen, sichelförmigen Klinge den Rücken zu und rief seine angeborene Gabe der Herrschaft über das Licht

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