Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts
ein Funkenschauer. Die schmückenden Bänder hinter sich her schleifend, hüpfte der Hund zur Seite, als die Tür mit explosiver Gewalt aufgestoßen wurde.
Asandir stürmte mit Dakar auf den Fersen in Lord Diegans Empfangszimmer. Dort trafen sie auf den Gardekommandanten. Ungerührt saß er dort, die Karaffe mit Wein in der Hand, die gerade in der Bewegung eingefroren schien, als er sich einschenken wollte.
Sein, für Etarra typischer, Salon vermochte den Zauberer, dessen Blick über die restlichen Trinkkelche auf dem Tablett wanderte, die dort halbvoll zurückgelassen worden waren, nicht zu beeindrucken. Als der Terrier knurrend unter dem nächststehenden Polstersessel verschwand, studierte Asandir Diegan bereits mit eisiger und unangenehmer Intensität. »Wohin ist Lysaer gegangen?«
Zu Dakars ungeteilter Bewunderung ließ sich Diegan nicht aus der Ruhe bringen. Mit einem leisen Klirren stellte er die Kristallkaraffe auf dem Tablett ab. »Euer Mann hat uns verlassen, um ein paar Worte mit seinem Busenfreund, dem Teir’s’Ffalenn, zu wechseln. Sollte Euch das etwa ungelegen sein?«
»Das werden wir bald erfahren.« Der Zauberer schritt am Fenster vorbei, und sein Schatten strich über den Gardekommandanten hinweg, dämpfte das Glitzern der Juwelen, die sein feierliches Wams zierten. Gegenüber Diegans prachtvoller Erscheinung wirkte die dunkle Robe des Zauberers so glanzlos wie der billige Filzumhang eines armen Mannes. »Ich möchte, daß Ihr genau nachdenkt und mir umsichtig antwortet. Hat Lysaer in Eurer Anwesenheit Anzeichen einer Bewußtseinstrübung gezeigt? Schien seine Aufmerksamkeit zu verschwinden, sei es auch nur für eine Sekunde?«
Als Diegan Anstalten machte, die Frage einfach abzutun, kam ihm der Zauberer zuvor, indem er ihn erneut drängte: »Ich sagte, Ihr möget umsichtig antworten, denn solltet Ihr eine solche Entgleisung bemerkt haben, so könnte Euer Freund in Gefahr sein. Einer der einzelnen Geister Desh-Thieres könnte der Gefangenschaft entgangen sein. Falls, ohne unser Wissen, eine solche Kreatur von Lysaer Besitz ergreifen sollte, so könnte ganz Etarra bedroht sein.«
Diegan bedachte die Angelegenheit mit pflichtgemäßer Überlegung, ehe er seinen Kelch an die verächtlich geschürzten Lippen führte und nippte. Bösartige Ironie spiegelte sich in seinen Augen, als er sagte: »Als Lysaer diesen Raum verließ, schien er im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte zu sein.«
»Und vorher?« Asandir klang besorgt.
»Schenkt doch dem Gardekommandanten nicht Eure Beachtung«, brach es aus Dakar hervor. »Ihm steht die Lüge doch ins Gesicht geschrieben.«
»Dann wirst du ihn hier unter Hausarrest behalten!« Steif ging Asandir auf dem Teppich auf und ab. »Uns kann nicht daran gelegen sein, die Garnison zu den Waffen zu rufen, um das Desaster noch zu vergrößern.« An der entgegengesetzten Wand blieb er stehen und studierte die Bücherregale. Nach nur einer Sekunde des Zögerns streckte er die Hand aus und betätigte den verborgenen Hebel.
Die falsche Wandtäfelung öffnete sich und setzte vielsagende Spuren von Taliths Lavendelparfüm frei. Nach einem verärgerten Blick auf Diegan verließ Asandir auf Lysaers Spuren das Haus durch den geheimen Fluchtweg, der auf die Straße hinausführte.
»Mögen Euch die Dämonen holen!« schrie Dakar seinem Herrn und Meister hinterher. Er stürzte auf die Wandtäfelung zu und zwängte sich in die Öffnung, bevor sie sich wieder schließen konnte. In die verlassene Finsternis jenseits der Geheimtür brüllte er: »Will mir denn niemand erzählen, was in Aths Namen ich prophezeit habe?«
Er erhielt keine Antwort; nur der Terrier, der sich in einem verspäteten Anfall von Courage aus seinem Versteck hervorgewagt hatte, zerriß ihm die Strumpfhose, als er ihn in das Fußgelenk beißen wollte. Dakars selbstverteidigender Tritt verfehlte ihn. Donnernd schloß sich die Tür.
Als der Hund sich zähnefletschend mit seinem erbeuteten Strumpffetzen zurückzog, hob Diegan die Karaffe und deutete mit ihr auf den Eindringling, der sich noch immer in seinem Salon aufhielt. »Mögt Ihr mit mir trinken, Euer Unglück zu lindern?«
Dakar stöhnte. Durch die Auswirkungen seiner Hellsichtigkeit und eines beachtlichen Katers so oder so kaum mehr Herr seiner Sinne, preßte er seine Handflächen an die Schläfen. »Wein kann da nicht helfen. Das ganze Universum ist verrückt geworden.«
Diegan bot ihm einen Stuhl an und drängte dem Wahnsinnigen Propheten einen
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